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Mannheimer Abendzeitung — 1847

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No. 206 - No. 236 (1. August - 31. August)
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î Freitag, den 20. August.



* tz;:::::



Deutſchland.

_ %k** Ein allgemeines Wec<ſselr echt. Das Bedürfniß einer Verein-
barung zwiſchen den Zollvereinsſtaaten über ein gemeinſchaftliches Wechſelrecht
hat ſich ſeit längerer Zeit vielfach geltend gemacht. Schon bei der General-
_ Konferenz des Jahres 1836 kamen Anträge auf eine Vereinbarung über die-
ſen Gegenstand zur Sprache. Später ſind dieselben wiederholentlich, insbe-
_ ſondere auch noch bei der lezten General-Konferenz, dringend erneuert, worden.
Die Absicht der preußiſchen Regierung, ihre Zollverbündeten zu gemeinſchaftli-
. cher Berathung Behufs der Herbeiführung einer Gleichförmigkeit des Wechſel-
rechtes einzuladen, hatte bisher noch nicht ausgeführt werden können, da die
Erörterungen über den Entwurf eines neuen preußiſchen Wechſelrechtes nicht
hinreichend vorgerückt waren, um die Richtung und Beendigung derselben mit
einiger Sicherheit überſchen zu können. Dies Hinderniß iſt gegenwärtig er-
ledigt, und die legislative Berathung des gedachten Entwurfes so weit ge-

î ùdiehen, daß derſelbe binnen Kurzem den übrigen Regierungen des Zollvereins

î wird mitgetheilt werden können. Um alsdann Ijeder unnöthigen Verzögerung
der gemeinsſchaftlichen Berathung der Zollvereinsregierungen über ein allen ge-

meinsſames Wechselrecht vorzubeugen , scheint es an der Zeit ſchon jetzt ſich
mit denselben über die Art und Weise der künftigen Berathung, namentlich

über die Beſchickung

f einer für dieſen Zweck zu veranſtaltenden Konferenz zu
verſtändigen. a... ; : j V
_ Sd beginnt eine jüngſt von der „Deutschen Ztg“’ veröffentlichte Denkſchrift
welche Preußen zunächſt an die Zollvereinsregierungen richtete. Seitdem iſt
der von uns bereits erwähnte preußiſche Entwurf eines allgemeinen Wechſel-
rechts erschienen und ein Zollvereins-Ausschreiven zu einer Berathungsconferenz

_ in Leipzig. Dieses Legtere lauten. .

1) In den lettten Tagen des Monats Sepicmber oder zu Anfang Octo- |-
bers d. J. wird eine Conferenz zu Berathungen über ein allgemeines Wechsel-
recht zu Leipzig abgehalten werden. 2), Die Regierungen sämmtlicher deutscher

Bundesftaaten werden eingeladen, dieſe Conferenz dureh Abgeordnete zu be-
ſchicken. Tritt der Fall ein, daß Beſchlüſſe gefaßt werden müſſen, so werden
von den zum Zollverein verbundenen Regierungen, um ſich an vertragsmäßig
beſtehende Normen anzuſchließen, nur diejenigen 11 Stimmen geführt werden,
durch welche Beſchlüſſe bei den regelmäßigen Generalconferenzen in Zollvereins-

angelegenheiten gefaßt werden (Preußen, Baiern, Sachſen, Würtemberg, |
| Ru A!!! ort [k TUN tt Gus, |
z Jr Vr ferrelch Hannover, Hölstein, Melkenburg (beide Großherzogthüncer

mit Einer Stimme), Oldenburg , Lübeck, Bremen und Hamburg hinzutreten,
in so weit die Regierungen dieſer Staaten an den Berathungen Theil zu neh-
men geneigt ſind. Die Regierungen der übrigen deutſchen Bundesstaaten wer-
den, wie Dieß in Betreff der dem Zollverein angehörigen für Zollvereins-
sachen vereinbart iſt, durch die Regierungen, mit welchen sie durch Gemein-
samkeit der Gesetzgebung oder Zollverwaltung u. s. w. eng verbunden ſind,

dhei den Avrſtimmungen vertreten werden, oder durch Abgeordnete mit einem
YConsultativen Votum an den Berathungen Theil nehmen können. 3) Da

mehrfache Erfahrungen gezeigt haben, daß Berathungen über ein Wechſelrecht
nur dann zu befriedigenden Resultaten führen, wenn Sachverſtändige daran
Theil nehmen, ſo muß es nicht allein für zuläſſig, sondern sogar für wünſchens-

werty erachtet werden, daß die die Conferenz beſchiclenden Regierungen oder
wenigstens diejenigen, in deren Staaten ein lebhafter Wechſelverkehr vorkommt,
nicht blos durch Beamte, sondern neben diesen auch durch kaufmänniſche Sach-
versſtändige vertreten werden. 4) Den Regierungen derjenigen Staaten, in

welchen neuerdings entweder Wechſelordnungen publicirt oder legislative Vore

arbeiten bis zur Beendigung eines vollſtändigen Entwurfs zu einem ſolchen
Gesetze vorgeſchritten ſind, wird anheimgeſtellt, diese Verordnungen oder Ent-
würfe vor dem 1. September d. J. den übrigen die Conferenz beschickenden
Regierungen mitzutheilen. 5) Die Conferenz wird bei ihrem Zusammentreten
beschließen, welches der ihr mitgetheilten Wechselrechte oder Projecte sie ihren
Berathungen zu Grunde legen will; sie iſt aber verpflichtet, neben dieser
Grundlage auch die übrigen ihr mitgetheilten Gesege oder Entwürfe fortwäh-
rend zu vergleichen und in Erwägung zu ziehen. 6) Nachdem die Conferenz
e bei der Berathung vorkommenden Fragen erörtert und nöthigenfalls durch



Abſtimmung erledigt hat, liegt ihr die Verpflichtung ob, nach Maßgabe der
erzielten Resultate den vollſtändigen Entwurf einer zur. sofortigen Publication
geeigneten Wechſelordnung auszuarbeiten und feſtzuſtellen. 7) Aus der Theil-
nahme an der Conferenz darf für keine Regierung eine Verpflichtung zur
Publication des vereinbarten Entwurfs gefolgert werden. Es bleibt vielmehr
jeder Regierung überlassen, diesen Entwurf zu prüfen und danach zu ermeſ-

en, ob ſie ihn für geeignet hält, publicirt, reſpective den verfassungsmäßig für
dergleichen legislative Arbeiten beſtehenden Stadien unterworfen zu werden.

Es darf aber das Vertrauen ausgeſprochen werden, daß die einzelnen Re-
gierungen eben so wie deren Ständeverſammlungen etwaige Einwendungen ge-
gen den vereinbarten Entwurf, wenn ,dieſe von keiner großen Erheblichkeit
sind, dem großen Zwecke, eine Gleichförmigkeit des Wechselrechts zu erlangen,
bereitwillig zum Opfer bringen und sich daher nur dann von dem gemeinsa-
men Werke ausſchheßen werden, wenn wider Erwarten wichtige Bedenken
Dieß als unabweisbar erscheinen laſſen sollten. 8) Die in mehreren Staaten

ohwaltende Nothwendigkeit, die Publication eines neuen Wechselrechts thun-

lichſt zu beschleunigen, und die Unmöglichkeit, die Theilnehmer einer ſolchen
Conferenz, wie sie sür diese Berathungen gewünscht wird, längere Zeit ihren
gewohnten Geſchäften zu entziehen, machen es wünſchenswerth die Conferenz

auf einen kurzen Zeitraum zu beschränken. Dieß kann aber nur geschehen,
wenn die Mitglieder derselben unter keinerlei Umständen JInſstructionen einzu-

holen genöthigt ſind. Auch wird das Reſultat der Berathungen unſtreitig ein
viel befriedigenderes sein, wenn es lediglich aus den durch die vielseitigen Be-
prechungen gebildeten Auſichten und den in der Versammlung gefaßien Be-

Mannheimer Abendzeitung.

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] ſchlüſſen hervorgeht, als wenn außerhalb der Versammlung gefaßte Beſchlüſſe

darauf einwirken. ;
_ ü#§ & Maunheim, 15. Auguſt. Die ,Trier'ſche Zeitung“ enthält in.
ihrer Nummer 224 einen Artikel „aus Rheinpreußen“ , der von der braven
Tochter des hingerichteten T s e < in den unwürdigſten Ausdrücken und in
der erklärteſten Polizeimanier spricht. Wir können unsere Entrüſtung nicht zu-
rückhalten, daß die „Trier'ſche Zeitung“’, ein Blatt, das für die sociale Sache
kämpft, ein Blatt, deſſen Streben wir achten mußten, in dieſer Weiſe gegen

eine unglückliche Verfolgte auftritte. Dem , Rheinischen Beobachter gezient.

ein solches Benehmen. Den Mann der Freiheit ekelt es aber an! Vollenns
empören muß daſſselbe, wenn man bedenkt, daß dieſe hämiſchen, nichtswür-

digen Angriffe gegen Fräulein Elisabetha Tſchech in der Preſſe gemacht wer- .
den, in welcher es unbedingt verboten iſt, ein Wort für die „Tocher.

des Königsmörders“' zu sagen.
ſie die Tochter Tschsch's iſt, in Haft zu dem Pietiſten Ovenbeck in Kamen ge-
ſperrt wurde — vermuthlich nach jenem veralteten herrlichen Geſez , gemäß
welchem die Kinder von Hochverräthern in lebenslänglichem Gewahrſam gehal-

ten werden konnten! Wir haben erzählt, wie Eliſabetha Tschech dritthalb

Jahre in dem geiſttödtenden Kreiſe dieſes Pietiſten ihre Jugendtage verbeten
und vertrauern mußte. Wir haben erzählt, wie man ſie, die allein noch über

das Leben ihres Vaters Aufschluß geben konnte, durch dieſe Behann.

lung vermuckern wollte, damit nicht die Wahrheit zu Tag komme. Und wir

haben erzählt, wie sich das muthige Mädchen frei machte, „um die Ehre ihren.

Vaters zu retten‘: wie er ihr vieß in seinen legten Stunden hoch anempfoh-
len hatte. – Nun kömmt irgend ein giftiger Polizeimenſch und beginnt:
„Recht nutzloſer Weiſe beſtreben sich einige Blätter, aus der Eliſabeth Tſchech

eine der allgemeinen Aufmerkſamkeit und Theilnahme würdige Perſon z mw

chen. Iſt es, nach dem unseligen (!) Ende des fanatiſchen Vaters, der

Wille des mit dem gelindeſten Ausdrucke als Schwärmerin zu bezeichneenn.

Mädchens, ſih den Wohltb aten wodurch es unterhalten und verpflegt

wurde, zu entziehen, so iſt Das eine reine Privatsache, welche Niemand in-

tereſſirt; am Wenigsten iſt die Tſchech ein politiſcher Flüchtling und berechtigt,
auf diesen Titel hin die Gaſtfreundſchaft Frankreichs oder der Schweiz zu
ordern’. i U s J. u Gs
f Kann die Schamloſigkeit weiter getrieben werden? Von „Wohlthaten“

zu reden bei einer G efän g n i ß h a f t! Von „Wohlthaten“ zu reden, wo man
bas Mädchen zwingen will, sogar ihren Namen abzulegen! Von „Wopl-
thaten“’ zu reden, wo man ſie durch einen Polizeik o mmiſsär zu dem Pie-
tiſten bringt ~ während ſie flehentlich bittet, ſich durch 1hrer Hände Arbeit ...
als Magd ... ihr Brod verdienen zu dürfen! Da von ,„Wohlthaten" zu
reden! Ja, uns, und unendlich viele Andere pat es sehr p„,intereſſirt“, daß

ſich Eliſabetha Tſchech dieſen „Wohlthaten" entzog. Uns hat es sehr intereſ-

ſirt, weil wir wissen, daß Eliſabetha Tſchech allerdings ein „politiſcher

Flüchtling “ iſt. Und Dich, loyaler Unterthan, soll Das noch wacker äre

gern! Bis es alle wiſſen, magſt Du es immerhin mit sauerm Lächeln ko-
miſch- finden, wenn Menſchenfreunde von Mannpyeim nach Straßburg reiſen,
um der Tſchech Urterſtügungen zu bringen. . .
Schließlich noch die Hoffnung, daß die ,„Trier'sſche Zeitung“" einen Wider-
ruf bringt. Wir wollen annehmen, der Artikel aus Rheinpreußen habe ſich
ohne den Willen der Redaktion eingeſchlichen. Wir können nicht glauben, daß
ft ü Hterfe solcher „Loyalität gegen die verfolgte Tſchech einen Stein aufge-
oben hat. j : j :
; ** Mus dem Badiſchen. Aus Veranlaſſung des unlängſt in Dur-
l ach begangenen großartigen Missio us feſtes erlauben wir uns folgende

| Zusammenſtellungin oder Vergleichungen in Bezug auf die Rechte derſelben

Staatsbürger, je nachdem sie der protesſtantiſchen, bezüglich „f.jtifiſwen .
Richtung oder der deutsch katholischen oder Disſſidenten-Richtung angee
ppren. .i dem Miſsſs ionsfeſte wurden nicht nur in der Kirche ; sondern aueh
außerhalb derselben im Schloßgarten, wie es hi ß, Predigten gehalten. Es
ging also her, wie bei einer altrömiſchkatholisch en Wallfahrt. Denn es

waren ſogar Buden aufgeschlagen zum Verkaufe der „Traktätlein, Notho

und Hilfsbüchlein" u. s. w. In dem Erlaß für die Dissidentenver-
eine heißt es aber §. 5. „Bei dem Gottesdienste findet kein Geläute ſtatt und

es darf dazu kein größeres Lokal gewählt werden, als nah der Zaehl)hn.

der Vereinsmitgli eder erforderlich iſt, es ſei denn, daß der Vereinsvore
ſtand nachweiſe, daß und wie dafür gesorgt sei, den freien Zutritt dem Ver-
eine nicht angehöriger Perſonen abzuhalten!! Ob unter dieser Beſchränn.
kung auch eine K ir < e zum Gottesdienſt verwendet werden dür fe, bleibt nach
eingeholter Zuſtimmung der Betheiligten einer bes o n d er s einzuholenden Ent-
schließung des Ministeriums des Innern vorbehalten“. ue

Bei dem großen Mishionsfeſte sollen mehrere fr emde Prediger thätig
gewesen seien, wie Stern, Haag, Hennenhöfer, Mann ce.

In dem oben angeführten Erlaß gegen )en
„Das Herumreiſen fr emd er Prediger der kirchlichen Diſſidenten zur Werbung

von Anhängern und die Abhaltung von Versammlungen oder öffentlichen

Re den durch dieselben kann nicht geduldet werden.“

Bei dem großen M iſſionefeſte sollen viele Hunderte von frommen
Gläubigen aus der Ferne da gewesen sein, um an dieser heiligen Handlung
Theil zu nehmen, ohne daß ihnen Jemand Etwas in den Weg legte. .

In dem obenangeführten Erlaß gegen die Diſſidenten aber heißt es g. 12.

Die Diſſidenten haben ſich der schon in §. 5. des 1. Conſtitutions - Ediktes

verbotenen Proſely tenmacherei zu enthalten.

p .

Somit genießen die Pietiſten ganz andere Rechte und Freiheiten. als

die Diſſidenten, obgleich ſie Bür g er eines und deſselben Staates ſinn.

und unter einer und derselben Verf aſſung stehen. In Durlach dürfen ſie
die mehr als rechtgläubigen Lehren der rechtgläubigen pr oteſtantiſ< en

Wir haben kürzlich die Leiden der Unglücklichen geschildert, welche, weill '

die Disſidenten heißt es $. T..
 
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