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Mannheimer Abendzeitung — 1847

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No. 206 - No. 236 (1. August - 31. August)
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Da

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.. j Deutfſchland. iu. w
_ Aus Baden, 15. Uug. (Fränk. Merkur.) Während in der badiſcten
Preſſe bereits ein lebhafter Kampf über die demnächſt beverſtehenden Wal en
|_ für den im November zuſammen tretenden Landtag sich entſponnen hat, und
. die Parteien mit einer Art von Ungeduld den offiziellen Termin erwarten, an
welchem die Wahlmänner-Wahlen beginnen sollen, schweigt das Miniſterium
immer noch, und zögert, jenen Tag zu bestimmen. Die liberalen Tages-Or-
gane ermahnen indessen, so viel ihnen dieß bei unseren strengen Censur-Be-
ſtiimmungen geſtattet iſt, das Volk, die verfaſſungsmäßigen Rechte durch die
. Crnennung tüchtiger, rückſichtsloſer, die Regierung auf der Bahn des kräf-
| . tigen Foriſchritts unterſtügender Deputirten endlich zu erringen und die Con-

sfferium kann es ja nur erwünscht sein, wenn Männer, ausgezeithnet durch
Charakterfeſtigkeit und Anhänglichkeit an die Verfaſſung, mit ihm denselben

gebung herrſcht, die auf die vorzulegenden Geseyge selbſt den wohlthätigſitn

| und den Chefs der verschiedenen Departements iſt aber nur dann wöglich,
| wenn dieſe den ernſten Willen durch Worte und besonders durch Thaten zt:

unserer Verfaſſung die Zügel der Regierung handhaben wollen. Mit freund-
lichen leutſeligen Worten allein, mit herablaſſendem, den Bürger leicht beſt;-

Volke erweckt werden; allein unsere Zeit verlangt Thatenz ſie fordert, daß
jene Verſäumniſſe eingeholt werden, deren Erledigung schon lange erwartit
wurde. Dieß ist der Prüfstein, an welchem sich die wahre Gesinnung unſeres

machen und zuletzt doch bei dem Statusquo beharren, dieſe Politik sollte heute

einzige Richtſchnur ihres Syſtems sein muß. ju 19 1 U 3
_ Vom Wiesenthal, 11. Auguſt. Vor noch nicht hundert Jahren ver-
| brannte man in unſerer nächſten Nachbarſchaft, in Baiern, zwei junge, kaum
| fuünfzehnjährige Mädchen, welche der Hexerei angeſchuldigt und dann natürlich













iſt man klüger geworden; jegt läßt man die kränklichen Mädchen und die al-
ten Weiber als Unſchuldige laufen und greift dafür die Gefährlicheren, kräftige

Pherrlichſten Zierden. der deutſchen Wiſſenſchaft, wurde noch vor einigen Jahr-
zehnten als Gottesleugner verfolgt. Heute iſt er von der ganzen Nation als
einer ihrer edelſten Söhne anerkannt. Damals begnügte man sich noch mit

. welche. nach ihrem gesunden Menschenverſtande über religiöſe Dinge ſprechen
oder gesprochen, Wochen lange Unterſuchungshaft erleiden. Die Inquisition

Radikalismus gebrauche.
Entwickelung der Freiheit
îGegentheil, durch die

salmittel gegen jeden, religiöſen, wie politischen
"" Alles dieſes .. bringt zwar . der
unserer Nation keinen Schaden, im
Verfolgungen, wie v. Struve in seiner „„Staatswiſssenſchaft“/
sagt lernt der Verfolgte erſt klar und deutlich in das Herz der morſchen und
faulen Zustände des Vaterlandes hinein ſchauen, und dadurch erſt wird sein
Muth als Kämpfer für die Freiheit erhöht und sein: Kraft zum höchsten

Wissen und Willen, unserem Vaterlande einen feſten Vortrab, der jedem Sturm
gewachsen sein wird. ~ Man hört hier überall, daß ſich Hr. Scheffelt geäußert
habe die Abgeordneten- Stelle nicht mehr anzunehmen. Auf ein radikales
Wahlergebniß kann man ſicher zählen. Am 5. Septbr. wird das Oberländer
Sängerfeſt in Kandern gefeiert. (Seebl.)

+* Frankfurt a. M. 19. Auguſt. den
Ihres Blattes eine intereſſante Mittheilung machen, intereſſant weil die Sache
laublich scheint. Dieser Tage starb ein hieſiger Bürger und Kaufmann,
welcher Mitglied der hiesigen deutsſchkatholischen Gemeinde war, weßhaib denn
hieſige deutſchkatholiſche Prediger Herr Floß im ſchwarzen Frack die

t e. Der Verstorbene war aber auch Mitglied des hiesigen



n! cu lons, weßhalb daſselbe ebenfalls zahlreich zum Leichenvegängniſſe
sich eingefunden hatte. Der Zug setzt sich in Bewegung. Aber was geſchieht!
Als die beiden Officiere dieses Schügenbataillons den deutſchkatholischen Geiſt-
lichen gewahreén, verlaſſen sie auf offener Straße den Leichenzug und entfernen
| ſich. Beide gehören zur römiſch-katholiſchen Kirche. Eine Anzahl Unterofficiere
und andere Mitglieder dieses Bürgermilitärs haben nun eine Beschwerde ein-
gereicht und auf Beſtrafung der Officiere angetragen. ~~ Und in der That
muß man ſich wundern, daß hier in Frankfurt, wo alle Confesſionen in Frie-
den neben einander leben, Jemand aus Religionshaß nicht einmal seinem
Mitbürger, wo ihn das Diensſtverhältniß gleichſam dazu verbindet, die letzte
; Ehre erweist. Wir haben die feſte Ueberzeugung, daß wenn der Verstorbene
ein Jude gewesen wäre, dies nicht vorgekommen sein würde. Und ein Chriſt

nicht an Wahnsinn, zu glauben, die Gottheit habe einen Gefallen daran,
wenn man um Gottes und der Religion willen die allgemeinen Menschenpflich-
. ten verlegt und sich haßt und verfolgt! Wir hoffen zwar, daß ſolcher Men-
n schen nur wenige unter unseren Mitbürgerr sich finden, können aber darum nicht
unmbhin, wegen dieses ihres allgemein -- und zwar mit Recht ~ anstößigen
Benehmens ſsie öffentlich zurechtzuweiſen. i

. «(. Hamburg, 13. Aug. (Eine freie Gemeinde in Altona.
) Neue Petition von Grundeigenthümern. Gewerbeaussſtellun g.)
In Altona iſt am W. Juli, zunächst auf Veranlaſſung mehrerer Damen,
die ſchon seit längerer Zeit mit dieser Idee umgingen, von Dr. Kleinpaul



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Ubu une ment in Manuhetm halbjährlich # fi. äs fr., ouréh die Pot hezcgen In:: gquzen
: : halbjährlich 5 fl., im Auslauv erbt t fich das Aronnement um den Pottaufſchlag. "Ui
Inferate die gespaltene Zeile in Peliltſchrift over teren Raum vier Kreuzer. Briefe unv Gelder: frel eluzuſeuden.

titution dadurch in allen ihren Paragraphen zu verwirklichen. Dem Mini-

Weg wandeln, und ſo eine Einheit zwiſchen den beiden Factoren der Gesez-

Einfluß übt. Eine solche Harmonie zwischen den Repräsentanten des Volkis
gen , daß ſie vollſtändig alle Reactions-Beſtrebungen vermeiden und im Geile
<endem Benehmen im Privat-Umgange, wie das Haupt unseres Miniſteriums

überall auftritt, mag wohl für den Augenblick eine günstige Stimmung im

Ministeriums erproben muß. Zaudern und Laviren, ein bischen Conzeſſionen

nicht mehr von Staatsmännern befolgt werden, welchen das Volkswohi die

ihres Verbrechens überwiesen worden (. Schloſſer, Geſeh. d. 18 Jahrh.) Heute

HMinuver als Gottesläſterer auf. Fichte, eine der feſteſten Stützen, eine ver.

den Verfolgungen der Gelehrten; jegt aber müſsen selvſt einfache Landleute,

hat man uicht nur vor Jahrhunderten, sondern selbſt bis heute als Univero

Grade gesteigert. Durch dieſe Verfolgung gründet die Rückschrittspartei, ohne

Ich muß Ihnen und den Lesern

haßt seinen c<hriſtlichen Mitbruder um der Religion willen! Grenzt es



Oropherzogthum Bade n ju!









Mehrere Hamburger ſiud, größtentheils angeregt durch Hrn. Fiſchel, einen
jungen jüdiſchen Kaufmann iu Hamburg, dazugetreten. An den beiden let.

vergangenen Sonnlagen haben öffentliche Versammlungen der Gemeinde state.

gefunden, in denen Kleinpaul, Fiſchel und der zufällig hier anweſende Hr.
Horarik aus Ungarn die Hauptſprecher gewesen ſind. Der Erſtgenannte eröff-
nete die erſte Verſammluvg mit einem Vortrage über den Unterschied zwiſthen
rationaliſtiſchen und radikalen Gemeinden. Es lobte zunächſt das Verfahren

des preußiſchen Cullusminiſiers, weil dieſer durch ſein eifriges Beſtreben, len.

Kirche vom Unglauben zu reinigen, den radikalen Ideen des Jahrhunderts, son
wohl was ihre Consolidirung als was ihre Verbreitung im Volke betrifft, den
größten Vorschub geleiſtet habe; weil freier Austritt aus der Kirche, wenne.
ſtens aus den bestehenden Kirchen, und Civilehe für die Dissidenten von ihm z

| gewährt seien, man also jegt in Preußen nur Dissident zu werden brauhtee.

um eine Civilehe eingehen zu können. Bei allem Verdienſte des Hrn. Eichhorn
um den Radicalismus findet der Redner indeß, daß nur eine einzige von den
in Folge seiner Thätigkeit entſtandenen freien Gemeinden radical sei, nehmlich
die zu Halle; die übrigen erklärt er für rationaliſtiſch; und dieß tührt ihn zur
Erörterung des Untersſchiedes zwischen Radicalismus und Rationalismus auf

dem Gebiete der Religion. Er weiſt diesen Unterschied nach an der verſchhnen.
denen Stellung, welche beide zum Chriſtenthum, zur Bibel und zur Kirhe

einnehmen, und drückt bei Gelegenheit des legten Punktes ſein Bedauern da-
rüber aus, daß die Königsberger freie Gemeinde es nicht über das Herz brinn
gen könne, von der Erlaubniß Gebrauch zu machen, welche man als einen

Triumph des Jahrhunverts über die Glaubenstyrannei anzuſehen habe. Als.
| Zwecke der freien Gemeinde, wie er ſie ſich denkt, nennt er 1) Förderung

des geiſtigen Lebens ihrer Mitglieder durch Selbſtunterricht, welcher mittelst

freier Vorträge und darüber geführter Discuſſionen geſchiehtz auf diesem Wegen

muß die Bildung des Volks eine Wahrheit, und der Unterschied zwiſchen der
Welt entfremdeten Gelehrten und geiſtloſen, zu roher Bearbeitung der Ma-

Lebens herbeigeführt werden, 2) die Erreichung gewisser äußerer Jnuſtitute, in

welchen das rein Menſchliche im Gegensaye zu den religiösen Prätensſionen zu seien.

nem Rechte gelangt: Staatsbürgerthum ohne Rücksicht auf Religion, Civil-
ehe, religionsfreie Schulen. Die Stellung der freien Gemeinde zum Staate
bezeichnet der Reduer als die einer bloßen Privatgeſellſchaft, die ſich den be-

ſtehenden Staatsgeſegen durchaus füge, deren aus den Kirchen wirklich auen.

getretene Mitglieder aber hinwiederum auch vom Staate erwarteten, daß er

liest er die kürzlich in Ihrer Zeitung abgedruckte Eingabe der halliſchen Ge-
meinde an die Regierung vor. – Auf Kleinpaul’'s Vortrag folgte eine Schil-
[ derung des Lebens der freien Gemeinde zu Halle durch Hrn. Horarik, der ei-
nige Wochen bei ihr sich aufgehalten. Wenn derselbe, wie er es überall ge-
than, so auch hier, zu stark auftrug, einz:Iner ſchroffer Ausdrücke ſich bediente,
die von durchaus einseitiger Auffaſſung zeuzen, und mit Reden kaum fertig
werden konnte, ſo muß man dieß ſeiner südländischen leidenſchaftlichen Natuen
„zu Gute halten. Einen um so besseren Eindruck machte auf alle Anweſende

der lezte Redner, Hr. Fiſchel. In durchaus wissenſchaftlicher und doch höcht.

populärer und fließender Sprache entwickelte derselbe die Wichtigkeit und Zeite
gemäßheit des Instituts der freien Gemeinde und führte Mehreres von Dem



weiter aus und brachte es zu deutlicher Anschauung, was der erſte der Spree..

<er nur angedeutet hatte. Die Hereinnahme der Philosophie, der von uns
| ſelbſt zu bildenden prafktiſchen Philosophie, in's Leben ~ des männlichen wie

des weiblichen Geschlechts, welches ietztere namentlich durch seine vorherrſchend
myſtiſche Richtung und durch seine Abgezogenheit von den Fortſchritten der
Wissenschaft der freien Entwicklung des Menſschlichen hemmend entgegensteht,
—~~ und die Nothwendigkeit, als geſchloſſene Gesellſchaft den geſchloſsenen kirche

lichen Gesellschaften gegenüber zu tr.ten, dieß waren die Hauptpunkte, auf
| die er sowohl an dem erſten als an dem zweiten Sonntage einging. Aufgen.
fordert von Horarik, zu erklären, was Religion sei, beantwortet derselbe noch
in einer völlig improviſirten Rede die ihm geſstellte Frage und sette die einzel-
nen Entwickelungsſstufen des Chriſtenthums aus einander. Hiervon nahm Klein-
paul Gelegenheit, am zweiten Sonntage das gegenseitige Verhältniß zwiſchen

sammlung gewann dadurch ein besonderes Intereſſe, daß in derselben eine.
der dabei gegenwärtigen Handwerker das Unpraktiſche der Bildung einer freien
Gemeinde bei uns, wo kein religiöſer Druck vorhanden sei, nachzuweisen sucht,
aber von Hrn. Fiſchel und darauf auch von einem Handwerker, der auf den

Zusammenhang der Zunftgerechtigkeiten mit dem alten Kirchenſtaatsweſen hin.

wies, gründlich widerlegt wurde. Mehrere der anwesenden Handwerker unter-
ſchrieben sich darauf. In diesem Stande iſt überhaupt die meiſte Theilnahme
für das Unternehmen, und der Beitrit nach vieler demſelben Angehörender
in Aussicht geſtelen. Gait :

_ Jcch berichtete : thür
mit seiner an den Senat gerichteten Petition zurückgewiesen worden. Neuer-
lich hat nun dieser Verein seine Petition wiederholt, wie es heißt, in ſehr
eindringlicher Sprache. – In Altona findet gegenwärtig eine Gewerbeaus-
stellung der Herzogthümer Schleswig-Holſtein und Lauenburg statt, über die
ich Ihnen einiges Nähere mittheilen werde. Ñ .! I 1.4

Aus Baiern, im Auguſt. In einer Rede, welchr der Rektor der
Univerſität Würzburg bei einem Abſchiedskommers dortiger Studenten-
verbindungen hielt, erwähnte derselbe u. A., daß „die nächſten Tage eine auf
liberalſter Grundlage fußende Verordnung über das Studium der allge-
meinen Wissenschaften bringen dürſten, welche gleichzeitig einen lebenen.
kräftigen Einfluß auf das aus seiner Abgeſchloſſenheit heraustretende Fachſtudium
. . 41 ?? ; ; .

"hz tt 16. Aug. Der König hat, wie das Würzburger Abendblatt
meldet, die Errichtung eines philologiſchen Seminars an der dortigen Univen.



terie verurtheilten Arbeitern aufgehoben, die Vergeiſtig ung des irdiſhen

sie mit allen. kirchlichen Auſprüchen. verſchone ; zum geruuercu Berſtanoniß deſſen f

Griechenthum, Juderthum und Chriſtenthum darzuſtellen. Diese zweite Ven

Ihnen vor Kurzem, daß der Verein der Grundeigenthime.
 
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