Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Abendzeitung — 1847

DOI Kapitel:
No. 89 - No. 116 (1. April - 30. April)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44009#0360

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
e

Die Frage des Tags, die Steuerung der Noth und bie Sorge für das
Wohl der arbeitenden Klaſſen wird bie nächſte Thätigkeit des Landtags in
'Aufpruch nehmen und soll die Gewährung von rbeitsverdienſt namentlich durch
îWegbau realiſirt werden, wobei wir namentlich die Verlegung der Chauſſeen von
Wiesbaden nach Limburg und L. Schwalbach von den Höhepunkten der
Platte und des Chauſſeehauſes in das etwa in der Mitte zwischen beiden
Punkten befindliche Thal erwähnen, für welche Anlage die Mittel bereits von
den Ständen bewilligt sein sollen.

Man hat hierbei die Verminderung des Nothſtandes der unterſten Klasse
der Bevölkerung, der Taglöhner im Auge, eine andere Klaſse, die kleinen
„Bauern, welche die Theuerung am meiſien drückt, ſind aber nicht weniger
berechtigt, ihre Laſten erleichtert zu sehen.

Die Zahl dieser gering begüterten Bauern iſt groß geworden durch die
große Theilung des Grundeigenthums und die öfteren Mißernten, welche die-
—elben nicht ertragen können, da ihre Erzeugnisse im beſten Falle nur zur Er-






.... [mährung ihrer Familien von einer Ernte zur anderen hinreichen.

_ . î Diesen helfe man durch Ablösung aller Grundlaſten, durch Verkauf und

. Parcellirung von Domanialgütern und durch Vergütung alles Wildſchadens,
er mag von Hirſchen, Haſen oder Rehen herrühren.

Die Gewährung von Arbeitsverdienſt wird dem Uebel nur local ſteuern,
die ebengenannten Gegenmittel aber werden die Massen durchdringen, da der
Ackerbau hier die vorzüglichſte Nahrungsquelle ist. Möchten dieſe das Wohl
und Wehe des Kerns der Bevölkerung betreffenden Gegenstände auf dem
Landtage die gebührende Berücksichtigung finden. y
_ HBechtheim, 28. März.
Bechtheim, Oſthofen und Cich haben sich zu einer Pfarrgemeinde ver-
bunden, um durch vereinigte Kräfte in Stand gesett zu ſein, einen eigenen
Geistlichen anzuſtellen. Zu diesem Behufe haben dieſelben nun den Candidaten

Hrn. L. Henneberg aus Sonneborn bei Gotha berufen, und nachdem der-

selbe: in drei Predigten gezeigt, wie sehr er von unserer Sache durchdrungen
und im Stande ist, dieselbe zu fördern, wurde er in einer Gemeindeverſamm-
lung der drei Gemeinden einstimmig zum Geistlichen gewählt. (Fr. J.)

" Breslau, 24. März. Wie eben verlautet, soll Ronge verhaftet
worden sein, weil er gegen den von ihm ausgeſtellten Revers an einem aus-
wärtigen Orte eine Rede gehalten habe. ' :
î Die letzte Nachricht von der Abführung Rong e’'s in's Gefängniß wird
dem „Weſtphäl. Mercur“ triumphirend aus Breslau vom 20. März mitge-
theilt: Nach einer Mittheilung aus rechtsverſtändiger Quelle wurde heute in
früher Morgenſtunde Johann es Ronge durch einen Polizeibeamten zur Ab-
buße der vierwöchentlichen Strafe wegen unbefugten und verbotswidrigen

Antirens in seinem sogenannten Gottesdienſte zu Städtihen Löchau zum Ar-

réſt gebracht, nachdem sein eingereichtes Begnadigung sg esuch dag egen

von höchſter Stelle zurückgewiesen worden. Demnach steht ihm ein
zweites derartiges Strafmaß zu wegen einer gleichen geſetzwidrigen Hand-

mg. q: (Wes. 3.3 |
_ WMreslau, 24. März. Nachdem noch im Lau

die üblichen Proklamationen an die Straßenecken an
tuirenden Arbeitern sofort Beſchäftigung zuertheilt
géſtern Abend die Unruhen nicht wiederholt. Die -
Maurer- und Zimmergesſellen, welche nicht zur Arben ....
ebenfalls ruhig geblieben. Ob ſie überhaupt beabsichten, ven Krawall fort-

d den tumul-
ar, haben ſich

zuſetzen, oder ob ſie ſich durch die in den Straßen poſtirten Militärabtheilungen
haben einſchüchtern laſſen, können wir nicht sagen. So viel aber iſt gewiß
daß eine Anzahl Geſellen an einem außerhalb der Stadt gelegenen Orte über
ihre drückende Lage Berathungen gepflogen. Somit hätte die bedauernswür- |

dige Kataſtrophe ihr Ende erreicht. Es ging wirr genug her. Für Viele
dauert ſie freilich in ihren Folgen noch fort. Der Peolizeikommissarius Lange
hak eine Quetschung der Backe erlitten, und mehrere Militärs sollen an mehr
oder minder erheblichen Verletzungen darnieder liegen. Wie groß die Zahl
der Verwundeten auf Seiten der Arbeiter iſt, können wir jetzt noch nicht be-
stimmt angeben. Daß ſich die allgemeine Unterhaltung um das Benehmen der
Arbeiter und des Militärs bei dieser Angelegenheit bewegt, darf ich wohl nicht
erſt erwähnen. Wenn die öffentliche Stimme das rohe Treiben und den of-
fenen Wiberſstand der erſteren verdammt, ſy will sie auch Manches gegen bie
Haltung des Militärs, namentlich der Küraſſiere vorbringen. Namentlich wird
als ungesſchiklich und taktlos bezeichnet,. daß einige Küraſſieroffiziere im Ange-
ſicht der zerlumptea Arbeiter "auf offenem Marktplatze sich durch Champagner
stärkten. Die Befürchtung liegt sehr nahe, daß wie im J. 1843 die Weber-
unruhen einen Tumuit in Breslau hervorriefen, die hiesigen Scenen unter den
von .der jammervollſten, elendeſten Lage heimgesuchten Bewohnern des Gebirges
nachgeahmt werden. Schon deßhalb wäre es, weil das Gerücht in Fällen
wie der vorliegende ſtets ungeheuer übertreibt, sehr zu wünschen gewesen, daß



unſern Zeitungen das Berichterſtatten über die Vorgänge erlaubt worden wäre. |

Leider iſt das nicht geschehen, die hiesigen Blätter bringen nur ein sehr dürftiges
officielles Referat, aus dem sich Alle Alles machen können. (Brem. Z.)
. HKoöunigsberg, 21. März. (Vorbereitende Schritte für den Landtag.) Der
hieſige Magiſtrat und die Stadtverordneten haben durch eine Commission eine
Dernlksſchrift ausarbeiten laſſen, in welcher ausgeführt iſt, daß das Patent vom
3. Februar nicht nur die Zuſagen nicht erfüllt, die in den Gesetzen vom 22.
Mai 1815 und vom 17. Januar 1820 gegeben ſind, sondern auch dem Volke
garRechte nimmt, welche es bereits g es etlich hat. Dieſe Denkschrift
soll den Deputirten unserer Stadt übergeben werden, damit ſie in Bezug auf

ihr Benehmen auf dem vereinigten Landtage die Gesinnung und die Wünsche
der Bürgerſchaft kennen. In den einzelnen Kreiſen der Provinz haben eben-

falls in diesen Tagen Versammlungen der Kreisſtände stattgefunden, und es

sind in denselben Adressen an die Landtags-Abgeordneten der betreffenden Kreise

t. welche dieſe in entſchiedener Weise auffordern, die Rechte des Landes
ren. 1:1 q48 4

_ Den hiesigen Buchhändlern iſt geſtern durch ein Miniſterialreseript mitge-
theilt, daß der ehemalige Stadtgerichtsrath Simon in Breslau wegen seiner

neueſten Schrift; ,„Ablehnen oder Ännehmen! Die Verfaſſung vom 3. Febr.

1847," des Hochverraths angeklagt iſt, und es iſt ihnen zugleich eröffnet, |
daß jeder Buchhändler, welcher diese Schrift ferner verkaufe, sich desselben

Verbrechens schuldig mache. Zwei Tage porher war schon von Seiten der
Y «olizei eine sehr strenge Nachforschung nach dieser Schrift in den Buchhand-
lungen veranstaltet, man hatte jedoch nichts mehr vorräthig gefunden , indem
alle Exemplare dieſer Schrift, welche hier angekommen –~ es waren mehre
hundert! + bereits verkauft waren! ". (Weſ. Z.)
. Herlin, 26. März. Wie man sagt, iſt Hrn. v. Raumer von der
_ Alademie ein Schreiben zugekommen, worin ſie ihn auffordert, seinen Entschluß
eine Stelle als Secretär und Mitglied derſelben niederzulegen, zurückzu-

Die deutſch-katholisſchen Gemeinden

[* aeſtrigen Vormittags

. Schuhmacher,
aen waren, ſind



neh men. Hr. v. Raumer soll jedoch in einer sehr bestimmt gefaßten Antwort
hierauf seinem erſten Entſchluſſe treu bleiben zu wollen erklärt und ſich be-
sonders gegen die Mißdeutung verwahrt haben, als habe er jemals irgend
etwas von dem Inhalte seiner Rede widerrufen oder viverriſtt vgl.

Berlin,, 26. März. Mehrere Juſtizcommissarien, die bei dem Polen-
proceß mit der Vertheidigung unbemittelter Angeklagten höheren Orts beauf-
tragt ſind und für ihre Mühewaltung aus Staatsfonds entschädigt werden,
berathen gegenwärtig, ob es mit ihrem Gewissen vereinbar ſei, vom Staate,
der in dieſem Proceſſe doch Ankläger iſt, für die Vertheidigung der Angeklag-
ten ein Hon orar anzunehmen! (Fr. O.-P.-A.-Ztg.Z

Die „Magdeburger Zeitung“’ enthält einen Artikel über das berüchtigte
Trucks yſtem, nach welchem den Fabrikarbeitern für einen Theil ihres Ver-
dienſtes Waaren verabfolgt werden. In dem Lohnbuche eines solchen unglück-
lichen Arbeiters fanden sich unter anderm ein Hut zu 6 Thlr., eine Pelzkappe
zu 6 Thlr., ein Pfd. Zucker zu 13 Sgr. angesetzt tc. j

Koblenz, 22. März. (Düſſ. Ztg.) Der Proceß gegen den Dr.
Dronfke iſt nunmehr fixirt und wird in der erſten Sitzung der Zuchtpolizei-
kammer des hieſigen königl. Landgerichts am 10. April vorkommen. Leider iſt
es dem Publikum unmöglich gemacht, dieſer interessanten Sache beiwohnen zu
können, indem sie bei verschlossenen Thüren wird verhandelt werden.
Dronke hat sich bereits schriftlich vertheidigt, während in der Sitzung der Ad-
vocatanwalt Lingmann die Vertheidigung führen wird. Nach dem Inhalte
der Ladungen iſt Dronke der Majeſtätsbeleidig ung beschuldigt.

Aus Detmold, Ende März. (Rh. Beob.) Am 15. d. M. wander-
ten über 260 Personen aus dem Lippe'ſchen nach Nord-Amerika aus. Es
ſind dieses faſt alle ſolche Leute, welche früher bei der Landes- und Kirchen-
behörde mit der Bitte einkamen, ihnen den Gebrauch des Heidelbergiſchen
Katechismus ſtatt des „Leitfadens“ von Werth in Kirchen und Schulen
zu geſtatten. Weil ihre dringende Bitte wiederholt abgeschlagen wurde, woll-
ien ſie lieber sich der kirchlichen Freiheit in Nordamerika theilhaftig ma-
chen. Daß auch materielle Verbeſſerungen mit erzielt werden, iſt selbſtredend.

. O

Dresden!', 26. März. (Frankf. J.) Der Superintendent zu Zwickau, 1

Dr. Bräunig, ein allgemein geachteter Mann, war früher Beisſitzer bei
der Kreisdirectionz weil er jedoch die Petition um Abänderung oder Abschaf-

fung des Religionseides, welche beim vorigen Landtage eingereicht wurde, mt

unterzeichnet hat, iſt ihm die Beisſitzerſtele genommen worden. Viele Bürger

Zwickau's haben in Folge dieser Strafe eine Adreſſe an Dr. Bräunig erlaſsen, i

in welcher sie ihn ihrer ungeſchmälerten Hochachtung versichenn.

Wien, 23. März. Die von Sachsen und Preußen in Bezug auf eine /

zeitweiſe Aufhebung der Elbzölle, insofern ſich diese auf den Ein- und

Durchgang von Getreide, Hülsenfrüchten und jede Art von Cerealien beziehen,
geſtellten Anträge haben besonderer Umstände wegen von unſerer Finanzver-
waltung eine ablehnende Erwiederung erhalten. H N. Z).
Hannover, 26. März. (Ständische s.) Wie man hört, iſt in der
Konferenz über die Gewerbeordnung der Beschluß zweiter Kammer, den Buch-
handel freizugeben, gefall en, und er wird nach wie vor an Concesſio-

nen geknüpft bleiben. Es war nicht anders zu erwarten. Eine Richtung, die.

Alles bevormunden will, konnte nicht zugeben, daß der literariſche Verkehr frei

werde. Regierungsrath Bening hat den Gesetzentwurf als ein Werk „des
Fortſchritts“" geprieſen, wenn aber in einem Bereiche des Verkehrs größere Kon-
„currenz wohlthätig iſt, so iſt ſie es im Buchhandel, dessen ganze Einrichtung auf

dem persönlichen Vertrauen der Kreditgeber (der Verleger) beruht, wodurch den

verderblichſten Schwindeleien wenigstens vorgebeugt werden kann. Dazu kommt

daß seit einigen Jahrzehnten die Masse der Lesenden und der Käufer wie in ganz

Deutschland so auch in unserm Lande bedeutend gestiegen iſt, die Buchhandlu nnen
aber nicht im richtigen Verhältniß zu dem zunehmenden Bedürfnisse vermehrt finn.

Die begründetſten Geſuche um Concessionen zu Buchhandlungen sind von den Ver- ;

waltungsbehördenzurückgewieſen worden, und sowird es auch künftig trotz allen
„Fortſchritts" in der Grwerbeordnung bleiben. Wie das Concessionswesen beim
Buchhandel glücklich wieder zurückerobert iſt, wird es auch andern Beſchlüſſen
gehen, die der Bureaukratie unbequem sein würden, wenn sie nicht mit Hülfe der

erften Kammer wieder ausgemerzt werden könnten. Die den Städten nachthiern.

ligen Beſchlüſſe bleiben dagegen gewiß. Hr. Benin g warf, als er nach

dem Schluſſe der dritten Berathung zu Gunsten des Entwurfes sprach, seinen Gen
nern vor: ,„ſie wollten die Wissenschaften nicht gelten laſſen.“ Der Streit,.

ob jene maßloſe Konkurrenz, die das Geld zum uuumſchränkten Herrn macht über

vie Arbeit, beſser für ein Land, als Organisation der Arbeit, iſt auch auf dem
Gebiete der Wissenschaft noch nicht so entschieden, als Hr. Bening glaubt.

Darüber hat gewiß die Wissenschaft längst ihr Urtheil gesprochen, daß dem literen.
riſchen Verkehr eine andere Organiſation gebührt, als daß seine Regelung vm

der Gnade oder Ungnade eines Beamten abhängt.

Schweiz. (Brem. Ztg.)

ausbleiben werden. Was ſie auf der einen Seite gut machen, verderben sie
oft auf der andern wieder, und wie ſie heute durch Berufung Zellers den Er-

wartungen des Radikalismus entsprechen, so stoßen sie ihn z. B. durch Nidht- j

qzz!ht des Gesuchs von Snell als Privatdozent lehren zu dürfen, wieder
Verſteht man aber unter Regierung das radikale Princip, so. iſt an eine

reactionäre Aenderung der Dinge nicht von ferne zu denken. Die reactionäe

Oppoſition iſt ſo über alle Maßen bankbrüchig und moralisch verdorben, die
Masse des Volkes zu radikal gesinnt, als daß nicht jeder Verſuch zur Contre-

revolution energisch abgeschlagen würde, oder als daß die geringſte Hoffnuun
für die Reaction vorhanden wäre, durch die Wahlen ihre Zwecke zu erreichen.
Nicht einmal die Religionsgefahr war im Stande, ernftliche Beſorgniſſe zu er

rz. Mü. q.. Italien.

Die Naqhricht, daß der öſterreichiſche Botſchafter in Rom, Graf Lügow,

yx? Bern, im März. Die demokratische Bewegung des vorigen Jah-
res, der Sieg des Radikalismus, die Vernichtung einer unbrauchbar geworden.
nen Verfaſſung hat den Organen der offenen oder versteckten Reaction mn
Deutschland so viel Schmerz und Aerger bereitet, daß sie jede Angelegenheit
an den Haaren herbeiziehen, um die gegenwärtigen Zuſtände des Kantons !
Bern zu compromittiren. So mußte auch die jüngſte Zellerbewegung wieder
herhalten und der schamlosen Lüge zur Folie dienen, als ob die gegenwär- ,
tige Regierung in die Länge sich nicht halten könne. Verſteht man unter der '
gegenwärtigen Regierung die einzelnen Persönlichkeiten, so iſt allerdings mit z
Zuversicht zu erwarten, daß einzelne, ja mehrere davon bei den nächsten Wah- l
len ihre Sige nicht behalten werden, denn noch haben sie es nicht über ſich
gewinnen können, sich ohne Rückhalt dem demokratischen Princip hin zu geben, .
ſo daß Inconsequenzen, halbe Maßregeln, lavirende juste-milieu-Verſuche nieht.
 
Annotationen