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Mannheimer Abendzeitung — 1847

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No. 89 - No. 116 (1. April - 30. April)
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402

î ywird Hr. 1e, Simon in dieſem Augenblicke unstreitig entweder in Breslau be-
reits eingetroffen sein oder binnen Kurzem daſelbſt eintreffen. Dieſe Furchtlosig-
keit Simons eontraſtirt wunderbar mit dem Benehmen der Breslauer Behör-
den, die im übertriebenen Diensteifer denselben lieber gleich hängen und hinter-
her untersuchen möchten. Kaum kam der erwähnte Minisſterialbeſchluß nach
Breslau, als der Oberpräsident auch sofort einen Steckbrief gegen Simon er-
ließ, der nur deshalb nicht zur Oeffentlichkeit gelangte, weil die Zeitungen die
Rechte beſſer kannten, als der Oberpräſident und mit der Aufnahme zögerten,
bis die Gerichte auf Anrufen erklärten, dieſe Art Verfolgung sei nicht ſtatthaft.
Simons Stchrift hat die Stadtverordneten zu Danzig veranlaßt, den Ma-
giſtrat zu erſuchen, durch die Landtagskommiſſsion folgende Fragen genau prüfen
und in einer motivirten Auseinanderset ung zu ihrer Informirung ihnen beant-
worten zu laſsen. j
1) Ob " welché verfaſſungsmäßigen Rechte auf das Patent und die
Veroröbnungen vom 3. April d. J. ohne Ersatz erlöſchen werden? 2) welche
geſetlichen Schritte zur Wahrung derselben am Geeignetsſten erscheinen ? Die
Kommisſſion erkannte, daß in Bezug auf die vorgelegten Fragen das Patent
von den Verordnungen zu sondern sei. Das Patent, als von dem Könige
allein unterzeichnet und darum als der treue und ungemiſschie Ausdruck der kö-
niglichen Willensmeinung verſtoße gegen keines der vorhandenen Geſetze. Der
König wolle nur die Rechte, die Würde und die Macht der gesammten Krone
ſich und seinen Nachfolgern unversehrt erhalten; fortbau end auf den beste-
henden Geseßen, bei Staats-Anleihen und bei Einführung ober Erhöhung der
Steuern die Bewilligung der vereinigten Stände einholen rc. rec., worin eine
Beſtätigung und Erweiterung der verfaſſungsmäßigen Rechte enthalten sei.
Anders sei es jedoch mit den dem Patente beigefügten Verordnungen der Staats-
regierung, indem durch dieselben sehr wesentliche Rechte ohne Ersatz zurückge-
nommen würden. Auf das Gesetz vom 17. Januar 1820 und die Gesetze über
die provinzialſtändische Verfaſſung gründen sich Rechte der Nation, die nicht
angetaſtet werden dürfen. Die Vergleichung jener Verfaſſungsgeseße mit den
Verordnungen vom 3. Februar führte demnach zu einer Beantwortung der
erſten Fragen, die dem wesentlichen Inhalte nach ein mit der Simonſſchen
Schrift übereinſtimmendes Ergebniß hatten. i
_ In Bezug auf die zweite Frage, die geeignetſten geseylichen Schritte zur
Wahrung der verletzten Rechte betreffend, entschied ſich die Commission -- eben-

falls einſtimmig dafür, keine direkten Schritte Seitens der Communalbehörde
zu unternehmen, vielwehr diese Angelegenheit mit Vertrauen der bewährten
. Einſicht unſeret Abgeordneten zu überlaſſen, welche“ bei dem vereinigten Llann-

tage Gelegenheit und Art der Rechtsverwahrung unstreitig am Besten zu finden
wien würden. Vereinzelte Schritte würden ſchwerlich von Erfolg ſein können

uud sei namentlich zu beachten, daß wenn in einer Versammlung von sechshun-
dert der erleſenſten Männer des Volks das Wahre und Rechte nicht gefunden

werden könne, eine einzelne Stadtgemeine noch. weniger das gewünschte Ziel
: rechen Urs cus Stahtvetorbaete haben beide einstimmig diesem Commiſsſions-
gutachten beigeſtimmt. In ähnlicher Weise iſt von Seiten anderer Stadtge-

meinden in der Provinz Preußen dieser Gegenstand aufgefaßt und behandelt
worden, und dürfte es kaum mehr zu bezweifeln sein, daß die verfaſſungsmäs-

_ H igen Organe des preußiſchen Volksbewußtſeins ſich über den Inhalt der Si-

Abſicht über die veränderte Stellung der Richter im Preußischen Staate sich
übereingefunden haben. ut. m. le L .g.l . „il
~ HVerlin, 10. April. Wir vernehmen als zuverlässig (meldet die Spener’-

die Mittel und Wege, um unſere vaterländische Schifffahrt zu heben, und nament-
lich über die Einführung einer Na vigationsacte, so wie endlich über die

J!sfrtgeln, die. England gegenüber, nach der Kündigung des preußiſch: engli-

ſchen Schifftahrisvertrages einzuhalten sein dürften, und über die Grundlage,

auf der bei dem Abschluß eines neuen Vertrages zu unterhandeln sein
möchte, ausgearbeitet worden sei, und daß der Abgeordnete der Stadt Stet-

wartet werden, daß dieſer Gegenstand, der gerade in diesem Augenblick von
dem allergrößten Interesse iſt, von den Ständen mit Lebhaftigkeit werde erfaßt
und allseitig erwogen werden, und es wäre leicht möglich, daß sich an diesen

Antrag dann die Berathung über die zahlreichen handels- politiſchen Fragen,

die in der nächſten Zeit ihrer Lösung harren, anknüpfen werde.

Ä Reglement über den Heſſhsktsgens bei dem Vereinig-

_ Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen rc.

1c. verordnen über den Geschäftsgang bei dem Vereinigten Landtage, auf den
Antrag unseres Staatsminiſteriums, was folgt: §. 1. Form derEröffnung
und Schließung des Vereinigten Landtages. Der Vereinigte Land-
tag wird von uns in Person oder durch den von uns zu ernennenden Com-
miſſarius eröffnet und geſchloſſen. Der Eröffnung geht eine gottesdienſtliche
Feier vorher. g. 2. Stellung des königlichen Commiſsar ius.

Unser Commissarius iſt die Mittelsperson für alle Verhandlungen mit dem Ver-
einigten Landtage. Er übergibt demselben unsere Propoſitionen und alle sonst
von der Regierung ausgehende Mittheilungen und empfängt dessen Erklärun-
gen, Gutachten, und Eingaben aller Art. An ihn hat der Bereinigte Landtag
_ ſich wegen jeder Auskunft, so wie wegen der Materialien, deren er bedarf, zu

wenden. | |

c.. Geschäftsgang in den Fällen der gemein schaftlichen
Berathung sſämmtlicher Stände. Ueber den Geſchäftsgang für diejeni-
gen Félle, in welchen nach F. 14 der Verordnung über die Bildung des Ver-

einigten Landtages die beiden Versammlungen - des Herrenſtandes und der übri-

gen Stände - die künftig die Namen „Curie der Fürsten, Grafen und Her-
ren“ oder „Herrreneurie“ und „Curie der Ritterschaft, Städte und Landgemein

den' oder „Curie der drei Ständer! führen sollen, zu gemeinschaftlicher Vera-

thung und Beſchlußnahme zusammentreten, werden nachſtehende Vorſchriften
ertheill. g. 4. Stellung des Mar s< alls. Dem Marschall der Herren-
curie, welchem in den im g. 3. erwähntenFällen die Geſchäftsleitung und der

. Vorsitz zuſteht, werden unsere Propoſitionen, so weit sie die im §. 14 der Ver-

ordnung bezeichneten Gegenstände betreffen, und alle sonst von der Regierung
ausgehende auf dieſe Gegenstände bezügliche Mittheilungen zugefertigt, und bei
ihm haben die Mitglieder ihre Anträge einzureichen. Er beruft und beschließt
die einzelnen Plenarverſammlungen. Von seiner Anordnung hängt zunächſt Al-
les ab, was auf Ruhe und Ordnung in der Versammlung und auf Beſchleu-
nigung der Arbeiten Bezug hat. Wenn ein Mitglied dauernd verhindert iſt,
an den Geſchäften Theil zu nehmen, so muß dieß dem Marſchali angezeigt

derlichen Aſſiſtenz der Secretäre,

Meinungen, ſo









werden, welcher davon unseren Commissarius in Kenntniß zu segen hat, damit“.

wenn das verhinderte Mitglied ein Abgeordneter iſt, deſſen Stellvertreter ein-
bertiffen werde. §. 5. Ordner. Zux Unterſtütung des Marschalls bei Auf-
rechthaltung der Ordnung in den Verſammlungen wird von dem Landtags-
marſchall jeder Provinz für jeden Stand seiner Provinz aus den diesem Stande

angehörigen Abgeordneten ein Ordner ernannt. Dieſe Ordner haben, ſo ft.

es nöthig iſt, beim Zählen der anwesenden Mitglieder und derjenigen, welche
bei Abſtimmung aufgestanden oder ſizen geblieben sind, mitzuwirken. Sie haben
ferner die Namen derer, welche das Wort verlangen, zu vermerken und dem
Marſchall mitzutheilen, auch bei Wahlhandlungen die Stimmzettel einuſam
meln. Für den Herrenſtand werden die Funktionen der Ordner von den Sen..
kretären desselben verrichtet. '

§. 6. Secrétäre. Der Marschall der Herrencurie ernennt im Einver- J

nehmen mit dem Marschall der Curie der drei Stände acht Secretär, as.
jeder Provinz einen. Dieselben haben ihn bei der Geschäftsführung, nament-
lich durch Verlesung der eingegangenen Schriften und bei Bewirkung der lr
ſtimmungen zu unterstützen
führen. Zu den vorkommenden Schreibereien, ſo wie zu der sonst etwa erfor-
sowohl in den Plenarverſammlungen als auch
außerhalb derselben, können von dem Marſchall geeignete Beamte unter Zu-
stimmung unseres Commisſsarius angenommen werden. g. 7. Ernennung
von

Provinzen und des Stimmvyer-

zu ernennen und die Vorsi

hältniſſes der verschiedenen Stände
Propositionen. Unere

zu beſtimmen. §. 8. Erſte Verlesung der
Propoſitionen, so wie die sonst von der Regierung ausgehenden Mittheilungen,

ſind, ehe ſie den Abtheilungen überwiesen werden, in einer Plenarverſammung

zu verleſen. §. 9. Behandlung der Sachen in den Abtheilungen.
Die einzelnen Abtheilungen treten zur Berathung der ihnen überwieſenen Sg-

'chen auf die Einladung des Vorsitzenden zusammen. Dieser hat den Geſchäftiée.
gang zu leiten und die Referenten zu ernennen. §.

denselben. Der Vortrag des Referenten kann sowohl mündlich als ſchrifts

lich erſtattet werden. Nach Beendigung dieses Vortrages in der Abtheiun
beginnt deren mündliche Berathung. Ergibt sich dabei eine Verschiedenheit de
hat der Vorsitzende die zu entscheidenden Fragen aufzuſtela
und die Abſtimmung darüber zu veranlaſſen. §. 11. Abfassung der Pro-
tocolle und Gutachten der Abtheilungen. Ueber die Berathung un

deren Ergebniſſe (§. 10.] ist ein Protokoll zu führen und von allen anwesen-
den Mitgliedern der Abtheilung zu vollziehen. In der Regel wird auf Grund

dieſes Protocolls ein besonderes Gutachten von dem Referenten entworfen, .

welches hiernächſt in der Abtheilung zu verleſen und nach erfolgter Genehmi-

gung in einer von allen anwesenden Mitgliedern zu vollziehenden Reinſchrift |

nebſt den bezüglichen Schriftstücken durch den Vorsitzenden dem Marschall des
Herrenſtandes einzureichen iſt. In einfachen Sachen kann das Protokoll die
Stelle des Gutachtens vertreten.

| an den Abtheilung sberathungen. Unsere Staatsminiſter, so wie d'en.
sigen Organe des preußischen n Si- von uns abgeordneten Beamten können den Berathungen der Abtheilungen been.
morschen Schrift mik der Zuſtimmung äußern werden, mit welcher sie in seiner wohnen, um, wo ſie es nöthig finden, Aufklärungen zu geben und Mißven.
ſständniſſe zu berichtigen. Die Staatsminister sind jedoch befugt, ſsich hierben
| durch andere geeignete Beamte vertreten zu laſſen. Es muß daher vor den
| Beginn einer jeden Berathung in den Abtheilungen von deren Gegenſtanane.
ſche Zeitung), daß Seitens der Stadt Stettin eine ausführliche Denkschrift über i
gegeben werden. g. 13. Vertheilung der Abtheilung sgutachten. D
Gutachten der Abtheilung (§. 11.3) wird gedruckt. Jedes Mitglied der Ple-

unserem Commiſſarius zur erforderlichen weiteren Benachrichtigung Kenntnif

narverſammlung erhält ein Eremplar zu seiner Information, und eine ange-

messene Anzahl von Exemplaren iſt zur Verfügung unseres Commisſſsarius zu
ſtellen. Bei Vertheilung des Gutachtens ernennt der Marschall des Herren-
- tid . , ; ; k - ſtandes zugleich den Referenten für den Vortrag in der Plenarverſammlung.
tin, Medizinal-Aſſeſſor Ritt e r, es übernommen habe, dieſelbe in ſeinem Na-
men bei dem Vereinigten Landtage einzubringen. Es darf wohl mit Recht er-
Marschalls ſizt der Herrenſtand. Die Abgeordneten nehmen ihre Plätze ng
| Provinzen und in dieſen nach Ständen ein. Die Verhandlung beginnt mit
Verlesung des Gutachtens der Abtheilung durch den Referenten; hiernächſt er

§. 14. Verhandlung in den Plenarversſammlungen. In der Ples-
narverſammlung führt der Marschall den Vorſitz. Auf beiden Seiten des

öffnet der Marſchall die mündliche Berathung. (Fortsegung folgt.)
>< Magdeburg, vom 9. April. Nicht bloß ganz Preußen und Letz.

land, sondern auch ganz Europa sieht mit Spannung auf unsern übermorgen
zu eröffnenden allgemeinen Landtag in Berlin hin. Wir Preußen erwarten
von unsern Deputirten, daß ſie ihre Schuldigkeit thun. Vielleicht läßt sich

ein glückliches Horoſcop stellen für die Wirksamkeit des Landtags, wenn man
den Eifer kennt, mit welchem in allen Provinzen Versammlungen und Bere
thungen der Deputirten mit einander und mit ihren Mitbürgern Statt gefun- "
den und mit welchem sie die erschienenen Schriften über das E
Febr. ſtudirt haben, um sich über ihre neue Stellung völlig zu orientixen. Un- .
ter den Schriften hat die Simon’ſche: „Annehmen oder Ablehnen ?“ gewiß
das meiſte Aufsehen und den meisten Eindruck gemacht. Mit ihr stimmt mehr _
oder weniger Nauwerk überein. Ein uns vorliegendes briefliches Votum des
von den Ständen des Königreichs Sachsen zum Mitglied des dortigen Staat.

gerichtshofes gewählten ehemaligen Professors des Rechts in Heidelberg umw

Jena C. Martin, iſt ganz mit den Reſultaten der Simon’ſchon Schrift ein

verſtanden. Er hält die Ablehnung der gebotenen neuen Verfaſſung für y
wohl begründet, ja für nothwendig, so wie, daß die bisherigen Provinziale.
Stände nicht dazu legitimirt erscheinen, eine definitive Erklärung über !
das Annehmen oder Ablehnen dieser angebotenen neuen Einkichtung abzugeben.
Der Simon’"schen, rechtlich tief begründeten und nicht zu widerlegenden Änſichtt.
folgen auch die meiſten der hiesigen und besonders die ſchleſiſchen und oſt-

preußiſchen Deputirten. In einem Schreiben des Obriſtlieutenants a. D. Grafen :
zu Dohna auf Finkenstein an die Landtagsdeputirten seines Kreises erklärt
derſelbe, „daß die durch das Geſeß vom 17. Januar 1820 den Ständen ver.
liehenen Befugnisse und die durch die Verordnung vom 22. Mai 1815 dem
Volke gegebenen Gerechtſame durch das Patent vom 3. Febr. auf eine beunru-
higende Weise gefährdet sind.“ Er fordert die Deputirten auf, „diese Gefähr-
dung unserer Rechte der Regierung darzulegen und zu veranlassen, daß die
Rechte der Nation in einer Urkunde in ihrer vollen Bedeutung und in allen
daraus fließenden Folgen anerkannt, feſtgeſtelt, mit genügenden Garantien.

versehen und somit ein gesetliches Mittel gegeben wird, diese Rechte gegen

Eingriffe zu schügen; Ö demnächſt dahin zu wirken, daß Alles vorbereitet..
werde, damit eine Versammlung von Landesrepräſentanten auf würdige, die
Regierung kräftigende Weise ihren Verpflichtungen nachkommen, auch die.
Staatsanleihe bewilligen könne. Denn, daß eine Staarsanleihe nothwendig



und in den Plenarverſammlungen das Protocoll zu |



Abtheilungen. . Jeder Plenarberathung muß eine Vorbereitung dureh.
eine Abtheilung vorausgehen. Diese Abtheilungen hat der Marſchall der Hen.
rencurie im Einvernehmen mit dem Marschall der Curie der drei Stände, mit

angemessener Berücksichtigung der verschiedenen
zenden derſelbn.

10. Berathung in

§. 12. Th eilnahme königl. Beamten.
 
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