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Münchner kunsttechnische Blätter — 2.1905-1906

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Nr. 3
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Buchner, Georg: Einiges aus der Chemie der "Metallischen Farben" [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36596#0014

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Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 3.

roten Cadmiumsulfides durch gewisse, die chemische
Zusammensetzung, also das Mengenverhältnis zwi-
schen Cadmium und Schwefel, nicht beeinflussende
Wirkungen eine andere Anordnung, eine Verdich-
tung der Cadmiumsulfidmoleküle zu Molekular-
komplexen statt, dadurch wird das eintretende Licht
eine andere Aenderung in seiner Zusammensetzung
erfahren als beim Eintritt in die Cadmiumsulfid-
moleküle; die austretenden Lichtschwingungen wer-
den also in uns verschiedene Empfindungen hervor-
rufen, der eine Körper wird uns gelb, der andere
rot erscheinen. In graphischer Darstellung also:
(Cd = S) (Cd = S)
gelbes Cadmiumsulfid ;
(Cd = S) (Cd = S)
Cd —S
I !
Cd S rotes Cadmiumsulfid
! I
Cd —s
Aber nicht nur die Farbe, auch andere Eigen-
schaften sind in den beiden Körpern geändert. Das
gelbe Cadmiumsulfid ist feiner verteilt, deckender
von geringerem spez. Gewicht 3,9—4,147, das rote,
ist dichter, noch gut, aber nicht so gut deckend wie
das gelbe, spez. Gewicht 4,492—4^3. Das gelbe
Cadmiumsulfid, in trockenem Zustande belichtet, wird
vom Sauerstoff der Luft oxydiert, wird entfärbt, das
rote nicht. Seiner Dichtigkeit wegen bietet es dem
Sauerstoff grösseren Widerstand. Das hellgelbe Cad-
mium ist deshalb in der Aquarellmalerei nicht zu
verwenden. Anders in der Oelmalerei. Hier ist das
trocknende Oel ein Schutz vor dem Angriff des
Sauerstoffes der Luft unter dem Einflüsse des Lich-
tes und sind beide Modifikationen, die gelbe und
rote, ihre Reinheit vorausgesetzt, als Oelfarbe sehr
haltbar. Eine molekulare Aenderung der Cadmium-
gelbfarben durch die Lichtschwingungen allein, so
dass unter dem Einflusse des Lichtes das gelbe in
das rote überging, was ja möglich wäre, habe ich
bis jetzt nicht konstatieren können. Man sieht hier,
welchen Einfluss auch das Bindemittel auf den Farb-
körper ausübt. Die Cadmiumfarben lassen sich mit
allen Farben mischen, z. B. auch ohne Veränderung
mit Bleiweiss; denn der Schwefel ist im Cadmium-
sulfid so fest gebunden, dass er eine Einwirkung
auf andere Körper nicht ausübt. Anders verhalten
sich unreine Cadmiumfarben. Am schädlichsten ist
bei fehlerhafter Herstellung auftretender freier fein-
verteilter Schwefel, welcher, indem er sich oxydiert,
auch als Sauerstoffüberträger die Oxydation des
Cadmiumsulfides begünstigt.
Ich habe mich absichtlich mit dem Cadmium-
gelb länger aufgehalten, weil dasselbe für gewisse
Vorgänge, welche bei den Farben stattfinden, typisch
ist und besonders die bis jetzt weniger beachteten
Strukturverhältnisse bei den Farben sehr entschieden
offenbart. Wir lernen daraus klar erkennen, wie für

das Auftreten einer Farbe die kleinsten Teilchen
eines Körpers, deren Substanz und deren Aufbau
oder Lagerung massgebend sind. Es ist also klar,
dass jede Aenderung im molekularen Aufbau eines
Körpers, jede Verschiebung seiner Struktur eine
Aenderung seiner Farbe als Wirkung haben kann.
Eine gleiche Farbe wird also bloss derjenige Körper
behalten, dessen kleinste Teilchen, kurz dessen che-
mische oder molekulare Zusammensetzung keine Aen-
derung erleidet. Dass ein Körper, der durch die
Bewegungen, durch die Stösse, welche die Licht-
schwingungen in ihm hervorrufen oder durch die
Bewegungen, welche der Anprall der Sauerstoff-
moleküle der Luft bewirkt, schon in seinem Gleich-
gewichte gestört wird, sich nicht als Malerfarbe
eignet, ist demnach klar. Die beiden Cadmiumfarben,
besonders das rein zitronengelbe Cadmium, kommt
selten rein im Handel vor. Das hat seine Ursache
nicht sowohl in einer gewinnsüchtigen Beimengung
billigerer, dasselbe also verdünnender Körper, son-
dern in der Schwierigkeit, Cadmiumgelb vollständig
rein darzustellen. Die Sache verhält sich so: Wenn
man in die Lösung eines Cadmiumsalzes, z. B. des
schwefelsauren Cadmiums, Schwefelwasserstoff ein-
leitet, und so werden die schönsten Cadmiumfarben
erzeugt, so fällt vielleicht die Hälfte des vorhan-
denen Cadmiums als schön zitronengelber Nieder-
schlag aus, welcher das reinste und beste Schwefel-
cadmium abgibt. Derselbe erleidet aber bei weiterem
Einleiten von Schwefelwasserstoff, ja schon bei ge-
ringerer oder stärkerer Bewegung, Druck, Reiben
u. s. w. eine teilweise Verdichtung, wobei eine teil-
weise Umwandlung in die rote Modifikation statt-
findet, welche, sich dem gelben, unverändertem Pro-
dukt beimengend, eine orange Nüance ergibt. Da
es schwierig ist, auf diesem Wege (aber nicht un-
möglich) ganz reine zitronengelbe Nüancen zu er-
zeugen, so wählen die Fabrikanten meist einen
anderen Weg; sie nehmen eine unlösliche Cadmium-
verbindung, z. B. das kohlensaure oder phosphor-
saure Cadmium, welche ein in Wasser unlösliches
Pulver darstellt. Dieselben werden in Wasser sus-
pendiert und durch Einleiten von Schwefelwasser-
stoff teilweise in Schwefelcadmium übergeführt, wo-
bei die zitronengelbe Nüance stabiler bleibt. Da
das Cadmiumgelb ungemein ausgiebig, färbend ist,
so ist es der Farbe nicht anzusehen, wenn auch
noch 50 Prozent des weissen Cadmiumkarbonats
z. B. beigeblieben sind. Solche Cadmiumfarben sind
fast durchgängig im Handel, obwohl nicht allzu-
schwer, wenn auch etwas teuerer, vollständig reine
Cadmiumfarben jeder Nüance, wie ich mich selbst
überzeugt habe, hergestellt werden könnten und
solche auch in Frankreich fabriziert und dort ver-
wendet werden. In Deutschland haben die Farben-
konsumenten noch weniger Verständnis für Qualität,
sondern mehr für billige Ware. Ausser diesen schönen
Deckfarben lassen sich noch schön orange, mehr
lasurartige Schwefelcadmiumfarben darstellen.
 
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