Nr. 13.
Münchner kunsttechnische Blätter.
51
zum Experimentieren, nicht ein zutappendes
Suchen nach interessanten Malweisen und effekt-
vollen Farben Böcklin zum Aufgeben der Oel-
farben brachte, auch nicht die Absicht des aller-
billigsten Effektes, alte Bilder im Aussehen nach-
zuahmen: sondern dass Böcklin ein nur von ihm
erkanntes Aussehen eines Bildes vor den Augen
stand, dass er eine ganz bestimmte Arbeits-
methode brauchte und dass er auf dem Suchen
nach seinem Bilde zum Versucher wurde und,
nur um sein zukünftiges Werk besorgt, alles stu-
dierte, was sich auf Technik der Malerei bezog.
Das erlaubte ihm das Experimentieren, das führte
sein Experimentieren ans Ziel. „Malweisen sind
Ausdrucksmittel," beginnt Berger sein Buch.
So haben wir an diesem Buche nicht nur ein
Aktenstück über Böcklins sämtliche Bilder, son-
dern zugleich eine lehrreiche Warnung, an welcher
Stelle jeder Maler, wenn er nur für sein Schaffen
nach einer Technik sucht, mit solchem Suchen
beginnen muss.
Die chemische Reinigung und Kon-
servierung antiker Kunstdenkmäler.
Von Dr. Walter Obst, Altona-Bahrenfeld.
Das ist auch einmal wieder ein Spezialgebiet
der Chemie, welches wenigen bekannt sein dürfte
und doch greift es gerade hinüber in das Gebiet
des Allgemeininteresses. Einer der angesehensten
Repräsentanten dieser Spezialwissenschaft, Prof. Dr.
O. A. Rhousopoulos, Direktor der Industrie- und
Handelsakamie in Athen und Professor für Chemie
daselbst, hat über dieses Thema auf dem ersten
internationalen Archäologen-Kongress, der ausgangs
vorigen Jahres in Athen abgehalten wurde, einen
sehr interessanten Vortrag gehalten, der auch uns
in der „Chemiker-Zeitung" zugänglich gemacht
wurde. Diese Ausführungen erheben, wie gesagt,
Anspruch auf das Interesse kunstverständiger Kreise
und legen eine auszugsweise Wiedergabe in allge-
mein verständlicher Fassung um so mehr nahe, als
der Gelehrte Prof. Dr. Rhousopoulos am Schlüsse
seiner Ausführungen betonte: „Ich bin bereit, den
sich für die Sache Interessierenden detaillierte Aus-
kunft zu geben, und es würde mich sehr freuen,
wenn die bei uns in Griechenland so gut erprobten
Methoden auch andern zunutze kommen würden."
Wenn sich leider dann und wann Fälle er-
eignen, wo frevelhafte Vandalenhände ein Denkmal
durch ätzende oder färbende Flüssigkeiten schän-
deten, dann hat wohl das Publikum einmal aus
der Tagespresse erfahren, dass oft das Studium und
die vereinten Kräfte mehrerer Chemiker dazu ge-
hörten, um diesen Schaden wieder zu beseitigen;
aber das sind exceptionelle Fälle, welche ausser
dem Rahmen dieser Betrachtung liegen; wenn aber
der Laie z. B. die Gegenstände im Museum hübsch
aufgestellt sieht, so hat er wohl kaum bisher daran
gedacht, dass in neuester Zeit auch die überall sich
geltend machende Chemie bei der Reinigung und
Konservierung der Antiquitäten ihr Können in den
Dienst der Archäologie gestellt hat und hier schon
ganz wesentliche Erfolge errungen hat. Und im
Grunde genommen ist es ja auch recht naheliegend,
dass man an ihre Hilfe appelliert, nachdem mecha-
nische Mittel das Gröbste von diesen ausgegrabenen
Antiquitäten entfernt hatten. Dass dies nicht be-
reits früher geschehen ist, erklärt sich aus einer
Besorgnis, die chemische Reinigung möchte zu tief
eingreifen und der Originalität Einbusse tun und
so mehr schaden als nützen. Und in der Tat, in
Laienhänden wären in vielen Fällen die Chemika-
lien auch ein sehr prekäres Mittel, denn einheitlich
ausgearbeitete Methoden kann es hier naturgemäss
nicht geben, oder wenn von solchen die Rede sein
kann, so muss doch jederzeit chemische Sachkennt-
nis dieselben zu nuancieren wissen.
Unser Gewährsmann stellt zunächst an die
Spitze seiner Ausführungen den Erfahrungssatz: „Je
vollständiger die Reinigung, desto sicherer
die Konservierung." Dieses Prinzip hat sich
zunächst bei den Bronzen der Akropolis glänzend
bewährt. Diese Bronzen wurden vor 17 Jahren
gründlich gereinigt und sind bis heute vollkommen
intakt geblieben. Durch diese Reinigung kommt
auch manches bis dahin unbekannt zum Vorschein,
besonders Inschriften, Ornamente, zuweilen auch
selbst die Form.
So fand man in den Funden von Antikythera
einen runden Gegenstand, welcher die Vermutung
erweckte, es könnte ein Apfel sein und sogar even-
tuell derjenige, den Paris gehalten hatte, der genau
in die Oeffnung der Finger passe. — Nach der
Reinigung aber kam eine Vase zum Vorschein, die
auch eine zweite ganz gleiche als Pendant hatte
und aus einer Legierung späterer Zeit, nämlich wie
die Analyse einer geringen abgekrazten Menge der
Bronze ergab, bestand die Legierung aus Zinn, Blei,
Zink und Spuren von Eisen. Da wir nun anderer-
seits eine genauere Zeitkenntnis darüber besitzen,
wann die Menschheit die Zusammensetzung dieser
verschiedenen Bronzen lernte, so kann also dieses
Analysenresultat, alias die Chemie, eventuell einen
Schlüssel geben für die Chronologie des hier in
Frage stehenden Schitfsunterganges, immerhin ein
beachtenswertes Forschungsergebnis.
Ein formloses Stück erwies sich nach der
Reinigung als ein Teil einer Klina mit einem
schönen FTauenkopf und Elfenbeinornamenten. —
Ein anscheinend wilder Faustkämpfer entpuppte sich
als ein friedlicher alter Philosoph, ein Klumpen Erde
ergab einen goldenen Amor mit Perlen.
Doch die wichtigste und schwierigste Auf-
gabe war der überlebensgrosse eventuelle Paris, von
welchem nur der eine Arm ziemlich rein war. Alles
andere war mit Kalkstein, Muscheln, Salzen und
Oxyden so bedeckt, dass man z. B. gar nicht wissen
Münchner kunsttechnische Blätter.
51
zum Experimentieren, nicht ein zutappendes
Suchen nach interessanten Malweisen und effekt-
vollen Farben Böcklin zum Aufgeben der Oel-
farben brachte, auch nicht die Absicht des aller-
billigsten Effektes, alte Bilder im Aussehen nach-
zuahmen: sondern dass Böcklin ein nur von ihm
erkanntes Aussehen eines Bildes vor den Augen
stand, dass er eine ganz bestimmte Arbeits-
methode brauchte und dass er auf dem Suchen
nach seinem Bilde zum Versucher wurde und,
nur um sein zukünftiges Werk besorgt, alles stu-
dierte, was sich auf Technik der Malerei bezog.
Das erlaubte ihm das Experimentieren, das führte
sein Experimentieren ans Ziel. „Malweisen sind
Ausdrucksmittel," beginnt Berger sein Buch.
So haben wir an diesem Buche nicht nur ein
Aktenstück über Böcklins sämtliche Bilder, son-
dern zugleich eine lehrreiche Warnung, an welcher
Stelle jeder Maler, wenn er nur für sein Schaffen
nach einer Technik sucht, mit solchem Suchen
beginnen muss.
Die chemische Reinigung und Kon-
servierung antiker Kunstdenkmäler.
Von Dr. Walter Obst, Altona-Bahrenfeld.
Das ist auch einmal wieder ein Spezialgebiet
der Chemie, welches wenigen bekannt sein dürfte
und doch greift es gerade hinüber in das Gebiet
des Allgemeininteresses. Einer der angesehensten
Repräsentanten dieser Spezialwissenschaft, Prof. Dr.
O. A. Rhousopoulos, Direktor der Industrie- und
Handelsakamie in Athen und Professor für Chemie
daselbst, hat über dieses Thema auf dem ersten
internationalen Archäologen-Kongress, der ausgangs
vorigen Jahres in Athen abgehalten wurde, einen
sehr interessanten Vortrag gehalten, der auch uns
in der „Chemiker-Zeitung" zugänglich gemacht
wurde. Diese Ausführungen erheben, wie gesagt,
Anspruch auf das Interesse kunstverständiger Kreise
und legen eine auszugsweise Wiedergabe in allge-
mein verständlicher Fassung um so mehr nahe, als
der Gelehrte Prof. Dr. Rhousopoulos am Schlüsse
seiner Ausführungen betonte: „Ich bin bereit, den
sich für die Sache Interessierenden detaillierte Aus-
kunft zu geben, und es würde mich sehr freuen,
wenn die bei uns in Griechenland so gut erprobten
Methoden auch andern zunutze kommen würden."
Wenn sich leider dann und wann Fälle er-
eignen, wo frevelhafte Vandalenhände ein Denkmal
durch ätzende oder färbende Flüssigkeiten schän-
deten, dann hat wohl das Publikum einmal aus
der Tagespresse erfahren, dass oft das Studium und
die vereinten Kräfte mehrerer Chemiker dazu ge-
hörten, um diesen Schaden wieder zu beseitigen;
aber das sind exceptionelle Fälle, welche ausser
dem Rahmen dieser Betrachtung liegen; wenn aber
der Laie z. B. die Gegenstände im Museum hübsch
aufgestellt sieht, so hat er wohl kaum bisher daran
gedacht, dass in neuester Zeit auch die überall sich
geltend machende Chemie bei der Reinigung und
Konservierung der Antiquitäten ihr Können in den
Dienst der Archäologie gestellt hat und hier schon
ganz wesentliche Erfolge errungen hat. Und im
Grunde genommen ist es ja auch recht naheliegend,
dass man an ihre Hilfe appelliert, nachdem mecha-
nische Mittel das Gröbste von diesen ausgegrabenen
Antiquitäten entfernt hatten. Dass dies nicht be-
reits früher geschehen ist, erklärt sich aus einer
Besorgnis, die chemische Reinigung möchte zu tief
eingreifen und der Originalität Einbusse tun und
so mehr schaden als nützen. Und in der Tat, in
Laienhänden wären in vielen Fällen die Chemika-
lien auch ein sehr prekäres Mittel, denn einheitlich
ausgearbeitete Methoden kann es hier naturgemäss
nicht geben, oder wenn von solchen die Rede sein
kann, so muss doch jederzeit chemische Sachkennt-
nis dieselben zu nuancieren wissen.
Unser Gewährsmann stellt zunächst an die
Spitze seiner Ausführungen den Erfahrungssatz: „Je
vollständiger die Reinigung, desto sicherer
die Konservierung." Dieses Prinzip hat sich
zunächst bei den Bronzen der Akropolis glänzend
bewährt. Diese Bronzen wurden vor 17 Jahren
gründlich gereinigt und sind bis heute vollkommen
intakt geblieben. Durch diese Reinigung kommt
auch manches bis dahin unbekannt zum Vorschein,
besonders Inschriften, Ornamente, zuweilen auch
selbst die Form.
So fand man in den Funden von Antikythera
einen runden Gegenstand, welcher die Vermutung
erweckte, es könnte ein Apfel sein und sogar even-
tuell derjenige, den Paris gehalten hatte, der genau
in die Oeffnung der Finger passe. — Nach der
Reinigung aber kam eine Vase zum Vorschein, die
auch eine zweite ganz gleiche als Pendant hatte
und aus einer Legierung späterer Zeit, nämlich wie
die Analyse einer geringen abgekrazten Menge der
Bronze ergab, bestand die Legierung aus Zinn, Blei,
Zink und Spuren von Eisen. Da wir nun anderer-
seits eine genauere Zeitkenntnis darüber besitzen,
wann die Menschheit die Zusammensetzung dieser
verschiedenen Bronzen lernte, so kann also dieses
Analysenresultat, alias die Chemie, eventuell einen
Schlüssel geben für die Chronologie des hier in
Frage stehenden Schitfsunterganges, immerhin ein
beachtenswertes Forschungsergebnis.
Ein formloses Stück erwies sich nach der
Reinigung als ein Teil einer Klina mit einem
schönen FTauenkopf und Elfenbeinornamenten. —
Ein anscheinend wilder Faustkämpfer entpuppte sich
als ein friedlicher alter Philosoph, ein Klumpen Erde
ergab einen goldenen Amor mit Perlen.
Doch die wichtigste und schwierigste Auf-
gabe war der überlebensgrosse eventuelle Paris, von
welchem nur der eine Arm ziemlich rein war. Alles
andere war mit Kalkstein, Muscheln, Salzen und
Oxyden so bedeckt, dass man z. B. gar nicht wissen