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Münchner kunsttechnische Blätter — 2.1905-1906

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Nr. 18
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Liebreich, Richard: Einfluss von Sehstörungen auf die Malerei [3]
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Berger, Ernst: Martin Knollers Anleitung zur Freskomalerei [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36596#0075

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Nr. 18.

Münchner kunsttechnische Blätter.

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zu fernen Gegenstand in vertikaler Richtung ver-
längert, einen zu nahen Gegenstand dagegen in
horixontalcr'Richtung breiter sehen kann als er ist.


Fig. 7.

Schliesslich zeige ich Ihnen ein Porträt. Nehmen
Sie an, dass dies die Person sei, die ein astigmati-
scher Maler malt, so können Sie sich mittels des
Zylinders vorstellen, wie er die Person in vertikaler
Richtung verlängert sieht, und da er seine Malerei
so verbreitert sieht, wie Ihnen das Porträt bei ver-
änderter Stellung erscheint, so malt er den Kopf
natürlich noch verlängerter als er ihn sieht.
Von einer Anomalie des Sehens, von welcher
beim Malen eigentlich kaum sollte die Rede sein
können, will ich doch einige Worte sagen, da die-
selbe mir hier mit ganz besonderem Interesse verfolgt
zu werden scheint: ich meine die Farbenblindheit.
„Farbenblindheit" nennt man einen meistens an-
geborenen Mangel des Sehens, welcher sich dadurch
charakterisiert, dass von den drei Grundempfin-
dungen: Rot, Grün und Violett (nach Thomas
Young), oder Rot, Grün und Blau (nach Maxwell),
eine, nämlich Rot, fehlt. Wenn, wie das ja sehr
wohl Vorkommen kann, mit solchem Mangel ein
entschiedenes Talent für Malerei verbunden ist, so
sollte der Betreffende sich wohl auf Zeichnungen,
oder farblose Kompositionen beschränken. Ein
so absoluter Fehler macht sich ja natürlich sehr
bald geltend Es kommen aber auch leichtere
Grade von Farbenblindheit vor, bei denen die
Empfindung des Rot nicht vollkommen fehlt, nur
bedeutend verringert ist, so dass also z. B. inten-
sives oder sehr hell beleuchtetes Rot noch als
solches erkannt wird, schwach beleuchtetes aber
grün erscheint. Bei diesem geringeren Grade macht
sich der Fehler nicht immer so entschieden geltend
und verhindert nicht, sich der Malerei zu widmen.
Einen Beweis hiefür sah ich auf der Ausstellung
des vorigen Jahres in einem Bilde, welches einen
Viehmarkt darstellte. Die Ochsen waren da, wo
sie hell beleuchtet erschienen, rot, im Schatten
grün gemalt, und dasselbe war der Fall für die
Dächer der umgebenden Häuser, die auf der Sonnen-

seite alle rot, auf der Schattenseite alle grün dar-
gestellt waren. Leichteste Grade dieser Anomalie
unter der Form eines unzureichenden Farbensinns,
sind gewiss die eigentliche Ursache gewesen, warum
einige grosse Künstler, die durch die Schönheit
ihrer Zeichnungen, den Reichtum ihrer Kompo-
sition berühmt geworden sind, niemals eine ent-
sprechende Vollkommenheit in der Farbe ihrer Bil-
der erreichen konnten. Diesen vereinzelten Fällen
gegenüber habe ich auf eine sehr häufig vorkom-
mende, aber erst im spätem Alter entstehende Ver-
änderung im Sehen der Farben aufmerksam zu
machen, welche nicht wie die Farbenblindheit, von
einer mangelhaften Funktion des Nervenapparates
unseres Auges abhängt, sondern von einer Ver-
änderung in der Farbe der Linse. Die Linse wird
nämlich im höheren Alter immer etwas gelblich
und bei vielen Menschen ist die Intensität dieser
Verfärbung eine beträchtliche, ohne dass dabei die
Schärfe des Sehens wesentlich vermindert zu sein
braucht. (Fortsetzung folgt.)
Martin Knollers Anleitung zur
Freskomalerei.
Von E. B. (Schluss.)
„Zum Freskomalen bedient man sich auch einer
Palette von Blech, mit Höhlungen versehen und
einem daran hängenden Gefasse, um Kalkwasser
darin zu giessen, womit man die Farben verdünnen
kann, wenn selbe etwa zu steif sein sollten. Das
Malen selbst muss so schnell gehen als nur mög-
lich, die Farben schnell neben einander hinsetzen
und recht in acht nehmen, da man jeden ängstlich
gezogenen Strich schwerlich verbessern kann.
Zum Vertreiben bediente ich mich bei feinem
Grunde oft der Finger, wo der Grund grob ist
nimmt man Porstpinsel, die geschliffen und deren
Porsten vor dem Binden in Seifenwasser gesotten
wurden. Sollte etwas gefehlt sein, oder sollte man
mehr mit Kalk beworfen haben, so muss man es
abschollen und neu bewerten lassen. Wenn man
auf diese Art malt, so wird es sehr schön, malt
man aber auf zu frischem Mörtel, so verschwinden
die Farben beinahe ganz.
Sollte man etwas darin in Gold machen, so über-
fahre jene Stellen, die man gelb in Fresko malt, wenn
alles trocken ist, mit Eiweiss, lässt es wieder trocknen
und sodann erst mit dem Oelgrund betragen."
Hier endet die Kopie. Dr. Popps Abdruck
enthält aber noch einige weitere Zusätze, die auf
Freskomalerei im allgemeinen Bezug haben. Knoller
erwähnt, dass er mehrere Manieren im Fresko-
malen gebraucht habe, aber die letzte sei ohne
Zweifel die beste. Der Bürgersaal in München und
ein Teil von Ettal wären auf eine andere Manier
gemalt als sein Hauptwerk in Neresheim. „Diese
Manier lernte ich erst später kennen von dem be-
rühmten Caraze (Caracci)." Hier gibt demnach
 
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