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Münchner kunsttechnische Blätter — 2.1905-1906

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Nr. 9
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Berger, Ernst: Zur Verständigung in Sachen des sogen. Punischen Wachses [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36596#0037

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München, 22. Januar 1906.

Beitage zur „Werkstatt der Kunst" (E.A. Seemann, Leipzig).
Erscheint 14tägig unter Leitung von Maier Ernst Berger.

M. Jahrg. Nr. 9.

Inhalt: Zur Verständigung in Sachen des sogen. Panischen Wachses. Von E. Berger (Fortsetzung). — Einiges aus der
Chemie der „Metallischen Farben". Von Chemiker Georg Büchner, München (Fortsetzung). — Literatur-Anzeige.
Anfragen und Beantwortungen.

Zur Verständigung in Sachen des sogen. Punischen Wachses.
Von E. Berger.
(Fortsetzung.)

Es wird immer eingewendet, dass von einer
solchen Erklärung im Text bei Plinius nichts stehe.
Das ist ganz richtig, aber ebensowenig gibt er an,
wie die bröckelige Wachsmasse zum Malen
verwendet werde. Zu diesem Zwecke muss sie
eben erst hergerichtet werden. Zum Malen, als
Bindemittel für Farben, ist das mit Soda oder
Pottasche und Salzwasser gekochte Wachs ganz und
gar ungeeignet. Das hat Donner gewiss ebenso
erkannt, wie alle, die mit dieser Masse Versuche
gemacht haben, und deshalb hat er in der ein-
zigen Textstelle, die einen Anhaltspunkt gewährt,
in der Stelle über die Ganosis der Zinnoberwände
und der Marmorbildwerke einen Fingerzeig erblickt
und das punische Wachs mit Oel zusammen
gekocht, wodurch das „leicht verseifte" Wachs in die
„duktile" Masse verwandelt wurde, die ihm zu seiner
Rekonstruktion der Enkaustik zweckmässig erschien.
Genau genommen ist dies auch nur eine auf
Versuche basierte Hypothese, wie die meinige, die
ebenso von den gleichen Textstellen ausgegangen
ist, aber zu anderen Schlussfolgerungen geführt hat.
4. Es wird weiter eingewendet, dass die ganze
„Verseifungsidee" weder bei Plinius noch sonst
irgendwo erwähnt sei. Auch das ist richtig, aber
derselbe Einwand müsste dann auch gegen das
„leicht verseifte" punische Wachs Donners erhoben
werden. Kann denn Wachs überhaupt „verseift"
werden? Darauf geben die Chemiker die Antwort:
Weder von kohlensauren Alkalien (Soda, Pottasche)
noch von verdünnten Aetzlaugen wird Wachs ver-
seift, sondern nur durch alkoholische Lauge (in
Alkohol gelöstes Aetzkali) kann das geschehen (siehe
Linke, Malerfarben S. 100).

Bei der Abfassung meines Buches war mir
dieser Umstand wohl bekannt (s. S. 81, Schluss der
Anmerkung); aber ich habe mit den Ausdrücken
„Verseifung" und „Wachsseife" nicht der wissen-
schaftlichen Bedeutung des Begriffes genau ent-
sprechen wollen, sondern bin dem seit lange gelten-
den allgemeinen Sprachgebrauche*) gefolgt,
welcher die durch Kochen mit Alkali erhältliche
milchige Wachslösung — streng genommen auch
kein richtiger Ausdruck — mit dem Worte Wachs-
seife bezeichnet. Ich glaube, dass auch Donner
nur durch diese allgemeine Bezeichnung veranlasst
worden ist, die beim Kochen mit Nitrum beim
Wachse eintretende Veränderung des Aggregat-
zustandes als „leichte Verseifung" zu bezeichnen,
und hoffe, dass er mir darin auch nicht Unrecht
geben wird.
Während Donner dieser „leichten Verseifung"
die Geschmeidigkeit und Nachgiebigkeit der Masse
nach dem Erkalten und die Möglichkeit, es mit

*) Die Bezeichnung Wachsseife findet sich schon
geiegentlich ihrer ersten Verwendung durch Bachelier (siehe
Pernety, Dictionaire portatif de Peinture, Paris !757, S. 5:2
„savon de cire"; deutsche Ausg. Berlin ^64 S. 58 „Wachs-
seife"). Goethe schreibt in seiner Italienischen Reise (Sept.-
Bericht 17S7) über „die in Gang gekommene Kunst, eine
Wachsseife zum Bindemittel der Farben anzuwenden",
und die Bezeichnung wird stets gebraucht, wenn von der Lösung
des Wachses in Aikali die Rede ist (mitunter „punisches"
Wachs benannt); sie ist in Bücher technischen Inhalts über-
gegangen (s. Weber, Katechismus des Dekorationsmaiers,
Leipzig 1896, S. 15) und in Gust. Floerke (Zehn Jahre
mit Böcklin, München 190t, 8. :6 t) wird über Böckiins Ver-
suche „mit punischem Wachs („Wachsseife") berichtet.
Von Goethe bis Böcklin ist also das Wort im Sprach-
gebrauch nachweisbar.
 
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