88
Münchner kunsttechnische Blätter.
Nr. 22.
bis vier Zentimeter tief in den Stein getrieben und
mit einer Raspelvorrichtung in der Weise konisch
gemacht, dass der obere Rand zwei bis drei Milli-
meter weiter ist als der Boden. Aus demselben
Steinmaterial wird alsdann freihändig oder auf der
Drehbank ein Pfropfen hergestellt, der bei genauem
Einpassen in das Loch oben ein Stück herausragt
und unten entsprechend viel Luft lässt, d. h. eigent-
lich noch zu gross ist. An diesem Propfen soll
oben ein Zapfen stehen bleiben, mittels dessen er
in die Klammer einer Leierbohrvorrichtung gefasst
und, wo nötig, unter Anwendung von Wasser und
Schmiergel sorgfältig in das Loch eingeschliffen
wird. Sobald er sich völlig genau einfügt, wird
er noch einmal herausgenommen und wie das Loch
selbst gereinigt. Das Festmachen kann mit Zement
oder einem andern Bindemittel, dem die Farbe des
Steines gegeben ist, geschehen. In den meisten
Fällen wird die Schleiffuge so fein sein, dass kein
Bindemittel mehr Platz findet. Es empfiehlt sich
darum, für das endgültige Einsetzen die Ausdeh-
nung der Körper in der Wärme nutzbar zu machen,
indem man den Stein erwärmt und den Propfen
mit Eis oder Aether stark abkühlt und ihn dann
mit einem starken Schlag eintreibt. Der Erfolg ist
bei einigermasser sorgsamer Ausführung des Ver-
fahrens überraschend. Nachdem der überstehende
Zapfen beseitigt ist, kann die Oberfläche des Steines
bearbeitet werden. Von einer Fuge wird, nament-
lich wenn mit der Technik einigermassen Rück-
sicht genommen wird, kaum etwas sichtbar bleiben,
und der Propfen sitzt wie eingewachsen fest. Die
Interessenten werden demnächst Gelegenheit haben,
sich in den verschiedenen Kunststädten hiervon
durch den Augenschein zu überzeugen. Das Ver-
fahren ist übrigens zum Patent angemeldet und
somit gegen unbefugte Nutzung gewahrt.
Nachträgliches zur chemischen Rei-
nigung und Konservierung antiker
Kunstdenkmäler.
Von Dl'. Walter Obst, Altona-Bahrenfeld.
Als ich jüngst in diesen Blättern, Nr. 13 und 14,
an der Hand von Prof. Dr. Rhousopoulos' For-
schungen über obiges Thema referierte, musste ich
bekennen, dass bis jetzt diese reichhaltigen Ver-
suche eine empfindliche Lücke aufwiesen, bezüg-
lich der Reinigung eiserner Ornamente vom zer-
störenden Rost. Nachträglich machte nun nach
dieser Richtung John Sebelien in der Chemiker-
Zeitung auf eine von Axel Krefting in Christiania
vor 13 Jahren ausgearbeitete Methode aufmerksam,
mit deren Anwendung eine ganze Reihe wertvoller
altnordischer eiserner Ornamente restauriert und
vor weiterer Zerstörung geschützt wurden.
Es scheint schon der Vollständigkeit halber
geboten, kurz auf das Grundprinzip dieser Methode
einzugehen: Ebenso wie Rhousopoulos bediente
sich Krefting der Reduktion mittels Wasserstoff in
statu nascendi, nur mit dem Unterschiede, dass
anstatt Zink und Salzsäure, wodurch das metalli-
sche Eisen selbst angegriffen wird, Zink und Na-
tronlauge in Verwendung kam. Die mit dickem
Rost bedeckten Gegenstände wurden, nachdem auf
der einen oder anderen Stelle mit einer Feile das
metallische Eisen blossgelegt worden, mit bandför-
migen dünnen Zinkstreifen, die man aus dünnem
Zinkblech geschnitten hatte, vollständig umwunden,
wie bandagiert, d. h. nur an den blossgelegten
Stellen, und hier sorgte man für innige Berührung
von Eisen und Zink. Darauf setzte man das ganze
Objekt in ein Gefäss mit fünfprozentiger Natron-
lauge. Die Reaktion begann sofort, und jeden-
falls am nächsten Tage war die ganze Rostschicht
abgelöst und zu Boden gefallen, während der eiserne
Gegenstand mit vollständig blanker Oberfläche er-
schien und oft eine ungeahnte Inskription und eine
schöne altnordische Ornamentik zum Vorschein kam.
Nach erfolgtem Abspülen mit destilliertem
Wasser, reinem Alkohol und Trocknen nebst Ein-
reiben mit einem schützenden Stoffe (Paraffin in
Petroleum gelöst), ist der Gegenstand zum Aufbe-
wahren im Museum fertig. Wie gesagt, in dieser
Weise sind schon viele schöne Sachen des Museums
für nordische Altertümer der norwegischen Univer-
sität zu Christiania restauriert worden und auch in
anderen Museen mit Erfolg benützt worden. Ver-
anlasst wurde Krefting seinerzeit zu diesen Ver-
suchen durch die an ihn gerichtete Aufforderung,
eine Reihe von nordischen Altertümern, eiserne
Schwerter u. dergl., die vollständig mit Rost über-
wachsen waren, zu reinigen.
A!s Literaturnachweis mögen folgende Notizen dienen :
1. Chem. Ztg. 1S93. 17. 174.
2. Om nogie metailers Oxydation ved nöitrate saites
medvirken. Kristiania. Videns kabs-Seis kabs. For-
handiinger for 1892 Nr. 13.
3. Aars beretning fra Foreningen tii norske For tids
mindes märkers Bevating. Kristiania 1892.
4. „Kreftings rnethod för reugöring och konservering
af metaüs aker." Abhandlung von Hjalmar Appel-
gren in der finnischen Zeitschrift „Finskt Museum",
Helsingfors 1S96.
3- Rathgen-Beriin: „Die Konservierung von Altertums-
funden." 1893. Seite 9g.
Anfragen und Beantwortungen.
Herrn E. P. in München. — Soviel uns be-
kannt, ist die Gründung des Vereins der Tem-
peramaler wohl hinausgeschoben, die Idee aber
nicht aufgegeben worden. Zweck des Vereins wäre
in erster Linie die Förderung der technischen Kennt-
nisse seiner Mitglieder. Die Mehrzahl der Anmel-
dungen scheint aber in der Voraussicht erfolgt zu
sein, dass es sich um einen Aussteller-Verband
handelt. Diese Umstände müssten erst geklärt sein,
bevor die Gründung erfolgen kann.
Münchner kunsttechnische Blätter.
Nr. 22.
bis vier Zentimeter tief in den Stein getrieben und
mit einer Raspelvorrichtung in der Weise konisch
gemacht, dass der obere Rand zwei bis drei Milli-
meter weiter ist als der Boden. Aus demselben
Steinmaterial wird alsdann freihändig oder auf der
Drehbank ein Pfropfen hergestellt, der bei genauem
Einpassen in das Loch oben ein Stück herausragt
und unten entsprechend viel Luft lässt, d. h. eigent-
lich noch zu gross ist. An diesem Propfen soll
oben ein Zapfen stehen bleiben, mittels dessen er
in die Klammer einer Leierbohrvorrichtung gefasst
und, wo nötig, unter Anwendung von Wasser und
Schmiergel sorgfältig in das Loch eingeschliffen
wird. Sobald er sich völlig genau einfügt, wird
er noch einmal herausgenommen und wie das Loch
selbst gereinigt. Das Festmachen kann mit Zement
oder einem andern Bindemittel, dem die Farbe des
Steines gegeben ist, geschehen. In den meisten
Fällen wird die Schleiffuge so fein sein, dass kein
Bindemittel mehr Platz findet. Es empfiehlt sich
darum, für das endgültige Einsetzen die Ausdeh-
nung der Körper in der Wärme nutzbar zu machen,
indem man den Stein erwärmt und den Propfen
mit Eis oder Aether stark abkühlt und ihn dann
mit einem starken Schlag eintreibt. Der Erfolg ist
bei einigermasser sorgsamer Ausführung des Ver-
fahrens überraschend. Nachdem der überstehende
Zapfen beseitigt ist, kann die Oberfläche des Steines
bearbeitet werden. Von einer Fuge wird, nament-
lich wenn mit der Technik einigermassen Rück-
sicht genommen wird, kaum etwas sichtbar bleiben,
und der Propfen sitzt wie eingewachsen fest. Die
Interessenten werden demnächst Gelegenheit haben,
sich in den verschiedenen Kunststädten hiervon
durch den Augenschein zu überzeugen. Das Ver-
fahren ist übrigens zum Patent angemeldet und
somit gegen unbefugte Nutzung gewahrt.
Nachträgliches zur chemischen Rei-
nigung und Konservierung antiker
Kunstdenkmäler.
Von Dl'. Walter Obst, Altona-Bahrenfeld.
Als ich jüngst in diesen Blättern, Nr. 13 und 14,
an der Hand von Prof. Dr. Rhousopoulos' For-
schungen über obiges Thema referierte, musste ich
bekennen, dass bis jetzt diese reichhaltigen Ver-
suche eine empfindliche Lücke aufwiesen, bezüg-
lich der Reinigung eiserner Ornamente vom zer-
störenden Rost. Nachträglich machte nun nach
dieser Richtung John Sebelien in der Chemiker-
Zeitung auf eine von Axel Krefting in Christiania
vor 13 Jahren ausgearbeitete Methode aufmerksam,
mit deren Anwendung eine ganze Reihe wertvoller
altnordischer eiserner Ornamente restauriert und
vor weiterer Zerstörung geschützt wurden.
Es scheint schon der Vollständigkeit halber
geboten, kurz auf das Grundprinzip dieser Methode
einzugehen: Ebenso wie Rhousopoulos bediente
sich Krefting der Reduktion mittels Wasserstoff in
statu nascendi, nur mit dem Unterschiede, dass
anstatt Zink und Salzsäure, wodurch das metalli-
sche Eisen selbst angegriffen wird, Zink und Na-
tronlauge in Verwendung kam. Die mit dickem
Rost bedeckten Gegenstände wurden, nachdem auf
der einen oder anderen Stelle mit einer Feile das
metallische Eisen blossgelegt worden, mit bandför-
migen dünnen Zinkstreifen, die man aus dünnem
Zinkblech geschnitten hatte, vollständig umwunden,
wie bandagiert, d. h. nur an den blossgelegten
Stellen, und hier sorgte man für innige Berührung
von Eisen und Zink. Darauf setzte man das ganze
Objekt in ein Gefäss mit fünfprozentiger Natron-
lauge. Die Reaktion begann sofort, und jeden-
falls am nächsten Tage war die ganze Rostschicht
abgelöst und zu Boden gefallen, während der eiserne
Gegenstand mit vollständig blanker Oberfläche er-
schien und oft eine ungeahnte Inskription und eine
schöne altnordische Ornamentik zum Vorschein kam.
Nach erfolgtem Abspülen mit destilliertem
Wasser, reinem Alkohol und Trocknen nebst Ein-
reiben mit einem schützenden Stoffe (Paraffin in
Petroleum gelöst), ist der Gegenstand zum Aufbe-
wahren im Museum fertig. Wie gesagt, in dieser
Weise sind schon viele schöne Sachen des Museums
für nordische Altertümer der norwegischen Univer-
sität zu Christiania restauriert worden und auch in
anderen Museen mit Erfolg benützt worden. Ver-
anlasst wurde Krefting seinerzeit zu diesen Ver-
suchen durch die an ihn gerichtete Aufforderung,
eine Reihe von nordischen Altertümern, eiserne
Schwerter u. dergl., die vollständig mit Rost über-
wachsen waren, zu reinigen.
A!s Literaturnachweis mögen folgende Notizen dienen :
1. Chem. Ztg. 1S93. 17. 174.
2. Om nogie metailers Oxydation ved nöitrate saites
medvirken. Kristiania. Videns kabs-Seis kabs. For-
handiinger for 1892 Nr. 13.
3. Aars beretning fra Foreningen tii norske For tids
mindes märkers Bevating. Kristiania 1892.
4. „Kreftings rnethod för reugöring och konservering
af metaüs aker." Abhandlung von Hjalmar Appel-
gren in der finnischen Zeitschrift „Finskt Museum",
Helsingfors 1S96.
3- Rathgen-Beriin: „Die Konservierung von Altertums-
funden." 1893. Seite 9g.
Anfragen und Beantwortungen.
Herrn E. P. in München. — Soviel uns be-
kannt, ist die Gründung des Vereins der Tem-
peramaler wohl hinausgeschoben, die Idee aber
nicht aufgegeben worden. Zweck des Vereins wäre
in erster Linie die Förderung der technischen Kennt-
nisse seiner Mitglieder. Die Mehrzahl der Anmel-
dungen scheint aber in der Voraussicht erfolgt zu
sein, dass es sich um einen Aussteller-Verband
handelt. Diese Umstände müssten erst geklärt sein,
bevor die Gründung erfolgen kann.