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Münchner kunsttechnische Blätter.
Nr. 16.
gens ist das aus dem „altgriechischen Schreiben"
wiedergegebene Rezept nicht anzuzweifeln, denn es
findet sich in fast wörtlicher Uebereinstimmung auch
im „Buch d. Freskomalerei" (Heilbronn 1846) S.i 22.*)
3. Endlich spräche gegen Knollers Autorschaft
der Umstand, dass keine verbürgte Schöpfung des
Künstlers in dem Manuskripte erwähnt sei und „die
Angabe über ein Gemälde im Palazzo d'Este in
Mailand sicher nicht auf Knoller zutreffe, weil
dieser dort keinen Jupiter noch Juno gemalt" habe.
Dieses letztere Argument fällt auf den ersten
Blick schwer ins Gewicht; aber zunächst irrt Dr.
Popp, wenn er das Gemälde Jupiter und Juno im
Mailänder Palast des Grafen d'Este vermutet, denn
der „Arkadier" schrieb seine „Gedanken" am „Co-
mersee, dem reizendsten Wasser der Welt" und
dort ist die Villa oder der Palast des Grafen zu
suchen, und nicht in Mailand!
Dass die Gründe Dr. Popps nicht stichhalten,
ersieht man noch deutlicher aus einer Angabe
des „Arkadiers", die Dr. Popp übersehen
haben muss, nämlich aus der Erwähnung seines
Gönners, des Grafen Firmian. Knoller traf, wie
Dr. Popp selbst (S. 40) berichtet, im Jahre 1758
mit diesem gelehrten Mäcen in Neapel zusammen
und fand in ihm einen verständnisvollen Förderer
seiner Interessen. Zum Statthalter der Lombardei
ernannt, verliess er Neapel und sandte Knoller nach
Mailand voraus, um ein Haus für ihn zu mieten
und einzurichten. Bald hernach wurde er „Hof-
maler" des Statthalters, mit zwar geringem Ge-
halt, aber „um so eifriger hat Firmian seinen Maler
anderen empfohlen, worauf dieser vielfache Be-
ziehungen und Aufträge gewann". Die Palastfresken
für die Mailänder Residenz, die Erzherzog Ferdi-
nand nach seiner Vermählung mit Beatrice d'Este
im Jahre 1771 bezog, sind wohl nur auf Firmians
Initiative zurückzuführen (a. a. O. S. 84). So sehen
wir also zwei im Manuskript des „Arkadiers"
angeführte Namen als nicht minder siche-
ren Beweis, dass die Person des Arkadiers
mit Knoller identisch sein muss: Firmian
und d'Este. Aus dem „armen Tirolerbub" ist
doch ein tüchtiger Mann geworden, und das war
eben Knoller!
Schliesslich ist auch darin eine auffällige Ueber-
einstimmung zwischen dem „Arkadier" und dem
späteren Knoller zu erblicken, dass sie beide die
Freskogemälde des Caracci, namentlich die Galerie
des farnesischen Palastes, über alles geschätzt haben.
Der junge Knoller spricht mit der gleichen Begei-
sterung von diesem Künstler wie der alte; er nennt
ihn den grössten Freskomaler, der je gelebt, und
der alte Knoller sagt, dass er beinahe alle seine
Kunst ihm verdankte.
Aus dem allen ist, der Meinung Popps ent-
gegen, zu folgern, dass die „Gedanken eines
*) Abgedruckt in m. „Technik des Altertums", S. M 7.
Erfahrenen" vom Jahre 1768 mit der Be-
zeichnung M. K. von niemand anderem als
Knoller geschrieben sein können, und zwar
von dem zum angesehenen Künstler herangereiften
jüngeren Manne, während das authentische „Schrei-
ben an einen Schüler" von dem altersschwachen
schwer kranken Greis Knoller, der schon mit einem
Fuss im Grabe stand, herrührt. Dies musste vor-
erst konstatiert werden, bevor ich hier den Brief Knol-
lers nach der mir vorliegenden Kopie folgen lasse.
(Fortsetzung folgt.)
Anfragen und Beantwortungen.
Herrn L. V. J. in Weimar. — Die Antwort auf Ihre
Anfrage betreffs Restaurierung von alten Oelgemälden
ist nicht so einfach zu geben; denn zum UeberRuss lässt die
Art der Fragestellung darauf schliessen, dass Sie wohl niemals
solchen Aufgaben gegenüberstanden. Das Restaurieren ist eine
Kunst und hat Aehniichkeit mit dem Wirken eines Arztes
seinen Patienten gegenüber; sie wollen individuell behandelt
sein. Generalisieren gibt es nicht. Soll der Firnis von älteren
oder jüngeren Oelgemälden abgenommen werden, dann ist
zunächst zu untersuchen, welcher Art der Firnis wohl ist,
mit dem das Bild überzogen war, ob es ein OelRrnis (der
stark nachgedunkelt erscheint) oder ein Harzfirnis, der nur
getrübt, mitunter als weisslicher Ueberzug bemerkbar ist, dann
wie die Technik beschaffen ist, ob die Farben in dünnen
Schichten als Lasuren aufgetragen wurden u. s. w. Darnach
richtet sich die ganze Prozedur vom Reinigen des Bildes, Re-
generieren u. s. w. bis zum neuen Auftrag des Firnisses. Ganz
alte, nachgedunkelte OelRrnisse werden nach Pettenkofers An-
gabe durch Abreiben mit einer Mischung von gleichen Teilen
Kopaivabalsam und Ammoniak entfernt. Harzfirnisse kann
man durch mechanisches trockenes Abreiben teilweise entfernen ;
diese Arbeit erfordert jedoch grosse Umsicht, Geduld und Er-
fahrung. Das neuerlich empfohlene „Krepierenlassen" des durch
Alkoholdämpfe erweichten Firnisses gelingt nicht immer, am
allerwenigsten ist es ratsam, wenn die Lasuren unter Firnis-
zusatz gemacht wurden, was bei neueren Bildern (und auch
den Niederländern) meist vermutet werden muss. Wenig schad-
hafte Bdder kann man, nach erfolgter gründlicher Säuberung
des Schmutzes (Abwaschen mit lauem, nicht zu starkem
Seifenwasser und Nachwaschen mit reinem Wasser, dann gut
trocknen lassen 1) durch das Regenerationsverfahren wiederher-
stellen; kleinere Sprünge schliessen sich dabei, wenn die Ober-
fläche dünn mit Kopaivabalsam eingerieben wurde. Eventuell
kann das Verfahren wiederholt werden. Schadhafte, fehlende
Stellen müssen mit einem Kitt ausgefüllt werden, der gleich
passend gefärbt verwendet wird, natürlich entsprechend dem
vorliegenden Fall mit Kreide- oder Firniskitt. (Kreide -)- Ma-
stix + Farbe; Mehl -}- OelRrnis + Farbe; Kreide + Oelfirnis -f-
Leim und ähnliches.) Zur Uebermalung können gute Oelfarben,
z. B. Mussinifärben, dienlich sein. Falls Sie noch niemals
derlei Arbeiten ausgeführt haben, raten wir zur grössten Vor-
sicht, insbesondere wenn kräftigere Lösungsmittel, wie Alkohol,
Chloroform, Terpentinöl oder sogen. Putzwasser genommen
werden, die mancherseits empfohlen werden. Vielleicht ist
Ihnen die Schrift von Pettenkofer, Ueber Oelfarbe und
die Konservierung der Gemäldegalerien durch das Regene-
rationsverfahren (Braunschweig 1902, II. Auf!.) zugänglich,
oder Frimmel, Handbuch der Gemäldekunde (Leipzig 1904),
eventuell Eug. Voss, Bilderpflege (Berlin 1899)? Die zur
Restaurierung geeigneten Mittel oder Kitte sind unseres Wissens
nirgends käuflich zu haben, deshalb können die Preise auch
nicht angegeben werden. E. B.
Vertag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).
Münchner kunsttechnische Blätter.
Nr. 16.
gens ist das aus dem „altgriechischen Schreiben"
wiedergegebene Rezept nicht anzuzweifeln, denn es
findet sich in fast wörtlicher Uebereinstimmung auch
im „Buch d. Freskomalerei" (Heilbronn 1846) S.i 22.*)
3. Endlich spräche gegen Knollers Autorschaft
der Umstand, dass keine verbürgte Schöpfung des
Künstlers in dem Manuskripte erwähnt sei und „die
Angabe über ein Gemälde im Palazzo d'Este in
Mailand sicher nicht auf Knoller zutreffe, weil
dieser dort keinen Jupiter noch Juno gemalt" habe.
Dieses letztere Argument fällt auf den ersten
Blick schwer ins Gewicht; aber zunächst irrt Dr.
Popp, wenn er das Gemälde Jupiter und Juno im
Mailänder Palast des Grafen d'Este vermutet, denn
der „Arkadier" schrieb seine „Gedanken" am „Co-
mersee, dem reizendsten Wasser der Welt" und
dort ist die Villa oder der Palast des Grafen zu
suchen, und nicht in Mailand!
Dass die Gründe Dr. Popps nicht stichhalten,
ersieht man noch deutlicher aus einer Angabe
des „Arkadiers", die Dr. Popp übersehen
haben muss, nämlich aus der Erwähnung seines
Gönners, des Grafen Firmian. Knoller traf, wie
Dr. Popp selbst (S. 40) berichtet, im Jahre 1758
mit diesem gelehrten Mäcen in Neapel zusammen
und fand in ihm einen verständnisvollen Förderer
seiner Interessen. Zum Statthalter der Lombardei
ernannt, verliess er Neapel und sandte Knoller nach
Mailand voraus, um ein Haus für ihn zu mieten
und einzurichten. Bald hernach wurde er „Hof-
maler" des Statthalters, mit zwar geringem Ge-
halt, aber „um so eifriger hat Firmian seinen Maler
anderen empfohlen, worauf dieser vielfache Be-
ziehungen und Aufträge gewann". Die Palastfresken
für die Mailänder Residenz, die Erzherzog Ferdi-
nand nach seiner Vermählung mit Beatrice d'Este
im Jahre 1771 bezog, sind wohl nur auf Firmians
Initiative zurückzuführen (a. a. O. S. 84). So sehen
wir also zwei im Manuskript des „Arkadiers"
angeführte Namen als nicht minder siche-
ren Beweis, dass die Person des Arkadiers
mit Knoller identisch sein muss: Firmian
und d'Este. Aus dem „armen Tirolerbub" ist
doch ein tüchtiger Mann geworden, und das war
eben Knoller!
Schliesslich ist auch darin eine auffällige Ueber-
einstimmung zwischen dem „Arkadier" und dem
späteren Knoller zu erblicken, dass sie beide die
Freskogemälde des Caracci, namentlich die Galerie
des farnesischen Palastes, über alles geschätzt haben.
Der junge Knoller spricht mit der gleichen Begei-
sterung von diesem Künstler wie der alte; er nennt
ihn den grössten Freskomaler, der je gelebt, und
der alte Knoller sagt, dass er beinahe alle seine
Kunst ihm verdankte.
Aus dem allen ist, der Meinung Popps ent-
gegen, zu folgern, dass die „Gedanken eines
*) Abgedruckt in m. „Technik des Altertums", S. M 7.
Erfahrenen" vom Jahre 1768 mit der Be-
zeichnung M. K. von niemand anderem als
Knoller geschrieben sein können, und zwar
von dem zum angesehenen Künstler herangereiften
jüngeren Manne, während das authentische „Schrei-
ben an einen Schüler" von dem altersschwachen
schwer kranken Greis Knoller, der schon mit einem
Fuss im Grabe stand, herrührt. Dies musste vor-
erst konstatiert werden, bevor ich hier den Brief Knol-
lers nach der mir vorliegenden Kopie folgen lasse.
(Fortsetzung folgt.)
Anfragen und Beantwortungen.
Herrn L. V. J. in Weimar. — Die Antwort auf Ihre
Anfrage betreffs Restaurierung von alten Oelgemälden
ist nicht so einfach zu geben; denn zum UeberRuss lässt die
Art der Fragestellung darauf schliessen, dass Sie wohl niemals
solchen Aufgaben gegenüberstanden. Das Restaurieren ist eine
Kunst und hat Aehniichkeit mit dem Wirken eines Arztes
seinen Patienten gegenüber; sie wollen individuell behandelt
sein. Generalisieren gibt es nicht. Soll der Firnis von älteren
oder jüngeren Oelgemälden abgenommen werden, dann ist
zunächst zu untersuchen, welcher Art der Firnis wohl ist,
mit dem das Bild überzogen war, ob es ein OelRrnis (der
stark nachgedunkelt erscheint) oder ein Harzfirnis, der nur
getrübt, mitunter als weisslicher Ueberzug bemerkbar ist, dann
wie die Technik beschaffen ist, ob die Farben in dünnen
Schichten als Lasuren aufgetragen wurden u. s. w. Darnach
richtet sich die ganze Prozedur vom Reinigen des Bildes, Re-
generieren u. s. w. bis zum neuen Auftrag des Firnisses. Ganz
alte, nachgedunkelte OelRrnisse werden nach Pettenkofers An-
gabe durch Abreiben mit einer Mischung von gleichen Teilen
Kopaivabalsam und Ammoniak entfernt. Harzfirnisse kann
man durch mechanisches trockenes Abreiben teilweise entfernen ;
diese Arbeit erfordert jedoch grosse Umsicht, Geduld und Er-
fahrung. Das neuerlich empfohlene „Krepierenlassen" des durch
Alkoholdämpfe erweichten Firnisses gelingt nicht immer, am
allerwenigsten ist es ratsam, wenn die Lasuren unter Firnis-
zusatz gemacht wurden, was bei neueren Bildern (und auch
den Niederländern) meist vermutet werden muss. Wenig schad-
hafte Bdder kann man, nach erfolgter gründlicher Säuberung
des Schmutzes (Abwaschen mit lauem, nicht zu starkem
Seifenwasser und Nachwaschen mit reinem Wasser, dann gut
trocknen lassen 1) durch das Regenerationsverfahren wiederher-
stellen; kleinere Sprünge schliessen sich dabei, wenn die Ober-
fläche dünn mit Kopaivabalsam eingerieben wurde. Eventuell
kann das Verfahren wiederholt werden. Schadhafte, fehlende
Stellen müssen mit einem Kitt ausgefüllt werden, der gleich
passend gefärbt verwendet wird, natürlich entsprechend dem
vorliegenden Fall mit Kreide- oder Firniskitt. (Kreide -)- Ma-
stix + Farbe; Mehl -}- OelRrnis + Farbe; Kreide + Oelfirnis -f-
Leim und ähnliches.) Zur Uebermalung können gute Oelfarben,
z. B. Mussinifärben, dienlich sein. Falls Sie noch niemals
derlei Arbeiten ausgeführt haben, raten wir zur grössten Vor-
sicht, insbesondere wenn kräftigere Lösungsmittel, wie Alkohol,
Chloroform, Terpentinöl oder sogen. Putzwasser genommen
werden, die mancherseits empfohlen werden. Vielleicht ist
Ihnen die Schrift von Pettenkofer, Ueber Oelfarbe und
die Konservierung der Gemäldegalerien durch das Regene-
rationsverfahren (Braunschweig 1902, II. Auf!.) zugänglich,
oder Frimmel, Handbuch der Gemäldekunde (Leipzig 1904),
eventuell Eug. Voss, Bilderpflege (Berlin 1899)? Die zur
Restaurierung geeigneten Mittel oder Kitte sind unseres Wissens
nirgends käuflich zu haben, deshalb können die Preise auch
nicht angegeben werden. E. B.
Vertag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).