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Münchner kunsttechnische Blätter — 2.1905-1906

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Nr. 7
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Hans Thoma über Farbenmaterial und Maltechnik
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Berger, Ernst: Zur Verständigung in Sachen des sogen. Punischen Wachses [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36596#0030

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26

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 7.

aber es rächte sich auf der SteHe. — Die Tem-
pera erlaubte das rücksichtslose und dicke Ueber-
streichen vorhandener Fehler nicht, es musste
Plan und Ueberlegung, Vorsicht im technischen
Aufbau eines Bildes eintreten. Wenn sie nicht,
wie es wohl auch bei manchen Draufgehern ge-
schah, geradezu die Roheit sanktionieren musste,
die Unempfindlichkeit des Auges gegen alle Bunt-
scheckigkeit und Zufallsüeckenhaftigkeit noch ver-
mehren musste."
„Alle Stoffe, welche kleben, wurden so nach
und nach ins Bereich der Malbindemittel gezogen,
Eigelb und Eiweiss, Käse, Leim, Wasserglas, Klei-
ster, Gummi, Kirschharz, Traganth, Mischungen
von all' diesen mit Oelemulsion, mit Wachsseife.
Ein Maler probierte es mit Vaselin und schrieb in
ein maltechnisches Blatt, dass das das Vorzüg-
lichste sei, nur seien die Bilder nie trocken ge-
worden; er forderte die Chemiker auf, ein trock-
nendes Vaselin für Malerei herzustellen — ich
weiss nicht, ob sie das können -—, vielleicht ge-
lingt es ihnen dann auch, ein rotes Grün her-
vorzubringen."
„Es kam eine grosse Oelfurcht über die
Maler, sie nahmen ölaufsaugenden Kreidegrund
und quälten sich unsäglich damit — Oel sollte
auf einmal an der Zerstörung der Bilder schuldig
sein. Die Farbenfabrikanten kamen in grosse
Not — alle seien Fälscher —, ihre Farben seien
nicht haltbar. Einer erzählte in dem oben er-
wähnten Blatt, was ihm passiert sei; als er näm-
lich Pariserblau mit rotem Zinnober gemischt
habe, sei eine schmutzige Masse daraus geworden,
jedenfalls seien dies gefälschte Farben, von ge-
wissenlosen Fabrikanten hergestellt gewesen. Der
Mann hat freilich nicht gewusst, wie nahe er
daran war, ein rotes Grün zu erfinden. Die
einfache Farbenlehre, dass komplementäre Farben
sich zu Grau neutralisieren — also in diesem
Falle Grünblau mit Scharlachrot — Gelbrot —,
das wusste er nicht, aber die Fabrikanten an-
klagen, das machte sich gut, und so schien es
auch in den Rahmen des Blattes zu passen."
So könnten aus Thomas Aufsatz noch viele
Stellen zitiert werden. Wir wollen es aber mit
der einen Probe bewenden lassen, behalten uns
jedoch vor, ein anderes Mal über die Technik des
Meisters selbst einiges zum Adruck zu bringen.
Zur Verständigung in Sachen des
sogen. Punischen Wachses.
Von E. Berger.
Wie in jeder Wissenschaft, so gibt es auch in
der Geschichte der Maltechnik Fragen, die immer
wiederkehren. „Sie beschäftigen," sagt Professor
Blümner mit Bezugnahme auf die Maltechnik des
Altertums (Neue Jahrbücher f. d. klass. Altertum,

1905, Abt. I, S. 202), „irgend einmal die Gelehrten
sehr lebhaft, werden scheinbar durch eine geist-
reiche Kombination oder einen glücklichen Fund
endgültig gelöst und aus der Welt geschafft, um
plötzlich, nachdem sie eine zeitlang völlig ver-
schwunden schienen, ganz lebendig wieder aufzu-
tauchen und aufs neue Gegenstand der Diskussion
zu werden."
Zu diesen immer wieder auftauchenden Fragen
gehört auch die des „Punischen Wachses". Sie ist
eng verknüpft mit der Frage der antiken Maltechnik
überhaupt und ist noch jedesmal, wenn von dieser
gehandelt wurde, mit in die sich daranschliessende
Kontroverse hineingezogen worden. Wie dies bei
weitabliegenden, heute kaum noch mit Sicherheit
feststellbaren Dingen nicht anders sein kann, haben
sich über das Punische Wachs im Laufe der Zeiten
verschiedene Ansichten gebildet, je nachdem das
Schwergewicht der in den Schriftquellen spärlich
enthaltenen Argumente bald nach dieser, bald nach
jener Seite gelegt wurde. Die Leser der „Münch,
kunsttechn. Blätter" sind in dem die „Unterschiede
zwischen Bienenwachs und dem sogen. Punischen
Wachs" behandelnden Artikel (Nr. 21 — 25 des
vorig. Jahrganges) über die Streitfrage unterrichtet
worden. Meine Absicht war, die in meinem Buche
„Maltechnik des Altertums" vielleicht nicht aus-
führlich genug behandelte Frage im Zusammenhänge
darzulegen und dabei einzelne, bis jetzt weniger
beachtete Momente mehr in den Vordergrund zu
rücken. Meine Bemühung hat aber, nach der aufs
neue ausgebrochenen Kontroverse zu schliessen,
nicht den erwarteten Erfolg gehabt. Es scheint,
die Ursache daran ist, dass ich die durch die Schrift-
quellen bezeugten Tatsachen und die von mir
gezogenen hypothetischen Schlüsse nicht hand-
greiflich genug auseinander gehalten und dadurch
zum Widerspruch Veranlassung gegeben habe.
Bevor ich es nunmehr versuche, mit einigen
Worten zur Verständigung in dieser Frage hervor-
zutreten, erachte ich es für meine Pflicht, einen
Fehler zu berichtigen, der sich in dem oben-
genannten Artikel bedauerlicherweise eingeschlichen
hat und auf den ich durch eine Zuschrift von Herrn
Prof. Donner- von Richter aufmerksam ge-
macht worden bin. Ich bin Herrn Prof. Donner
sehr dankbar dafür, dass er mir Gelegenheit gibt,
das beregte Thema wieder zur Sprache zu bringen
und vor allem zu erklären, dass meine Annahme, er
habe, um seine Auffassung der Pliniusstelle (XXI,
8g) zu stützen, hinter cera das Beiwort punica
„willkürlich" oder „eigenmächtig" eingeschoben, un-
richtig ist. Zu meiner Entschuldigung möchte ich
anführen, dass es mir bei der Niederschrift dieses
Artikels während meines Sommeraufenthaltes nicht
möglich war — und im Vertrauen auf mein Ge-
dächtnis hatte ich es unterlassen —-, bei jedem
einzelnen Zitat eine genaue Nachprüfung durch noch-
malige Einsicht in das gesamte schriftliche Material
 
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