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Münchner kunsttechnische Blätter — 2.1905-1906

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Nr. 10
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Berger, Ernst: Zur Verständigung in Sachen des sogen. Punischen Wachses[4]
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Anfragen und Beantwortungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.36596#0044

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40

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 10.

dass dieses verlaugte Wachs mit Ei und Oel
vermischt werden konnte, mithin die näm-
lichen Eigenschaften zeigt, wie die auch
von Donner erzielte Wachsmasse Walters,
die ihm als ganz verfehlter Rekonstruktionsversuch
des punischen Wachses erschienen ist. Ueber die
Zweckmässigkeit solcher Mischungen als Malmittel
kann kein Zweifel bestehen, und die Tatsache, dass
Mediziner und Maler in Rezepten der Alten
oft nebeneinander erscheinen,*) macht es sehr wahr-
scheinlich, dass der obigen ähnliche Mischungen
auch von Malern angewendet worden sind. Da
die alten Praktiker ein leicht vermisch-
bares Wachs unbedingt benötigten, sonst
aber ein Lösungsmitttel für Wachs nicht
kannten (ausser der Wärme bei der Enkaustik),
so war es ja ganz natürlich, wenn sie zur
Lauge griffen. Jedenfalls konnten sie dann dieses
Wachs mit irgend einem Bindemittel zu jener Art
von Tempera-Malerei verwenden, die von mir
kurz als Wachstempera bezeichnet worden ist,
und deren Vorhandensein in Rezepten bis ins Mittel-
alter nachgewiesen werden kann.
Um bereits Gesagtes nicht nochmals zu wieder-
holen, verweise ich auf mein Buch (S. 180—182),
wo die literarischen Zeugnisse dafür zu finden sind,
dass nach allgemeinem Sprachgebrauch im Altertum
die Ausdrücke Wachs und Gemälde gleichbe-
deutend waren und noch in spätgriechischer Pe-
riode die Wachsmalerei geradezu die allein-
herrschende Malweise gewesen ist (a.a. O. S. 236).
Ich verweise ferner auf die Angaben des Lucca-
Manuskripts aus dem 8. Jahrhundert, wonach zur
Malerei aufMauern wie auch aufHolz Wachs
gebraucht worden ist, auf die Wachstempera des
Malbuches vom Berge Athos (§ 37), auf die che-
mischen Untersuchungen von frühitalienischen Ge-
mälden der Zeit von 1230—1360 und die Fort-
dauer der Wachstempera bis zum 15. Jahrhundert
(„yaue conosite" des Le Begue), um zu zeigen,
dass wir es hier mit einer Tradition zu tun haben,
die bis ins Altertum zurückreicht. Und wenn wir
die chemischen Analysen von Farben in alt-
ägyptischen Katakomben, die John und Geiger
angestellt haben, vergleichen, bei denen das Binde-
mittel Wachsseife gewesen zu sein scheint (a.a. O.
S. 8), dann glaube ich an Beweisen für die un-
unterbrochene Anwendung des „verlaugten"
Wachses im Altertum genug getan zu haben.
Mag man ein wenden, dass dies alles nur
Hypothese sei, — diese Hypothese ist nahe ge-
legt durch den handwerklichen Sinn der alten

*) Vergl.PliniusXIIl, 67 vom Gummi: sarcocolla.. .
utilissima pictoribus ac medicis; XXVIII, 236 vom besten Leim:
Glutinum praestantissimum .. . eoque pictores et medici utuntur;
ebenso die medizin. Anwendung, Pi. XXIII, 117 vom Milch-
saft der Feige, welcher mit Eigelb gemischt wurde, und in
gleicher Mischung noch im Mittelalter als Tempera diente;
s. Maltechnik des Altertums S. 178, !79).

Praktiker und bestätigt durch die oben erwiesene
traditionelle Uebung, durch die Notwendigkeit, zur
Erkenntnis der historischen Entwicklung stets nach
vorn und nach rückwärts Umschau zu halten. Bei
dieser Art der Forschung ergeben sich dann die
Zwischenstufen von selbst.
Soweit es sich heute noch verfolgen lässt, ist
überall ein Alkali, sei es nun Soda, Pottasche,
ja sogar Aetzlauge zur Lösung des Wachses ver-
wendet worden; wir finden nitrum bei Plinius und
Dioskorides, cinis lixiva bei Sammonicus, die nicht
genauer bezeichnete Lauge der Hermeneia (sogar
gleiche Teile Lauge und Wachs) und die eigent-
liche Aetzlauge bei Le Begue (Kalk und Aschen-
lauge zusammengekocht), so dass es gar nichts zweifel-
haft sein kann, dass bei der Wachsmalerei im Lucca-
Manuskript (byzantinischen Ursprungs und hernach
in die Mappae clavicula übergegangen) nichts an-
deres als verlaugtes Wachs gemeint ist. Wir haben
endlich die Tradition in der Wachspolitur des ita-
lienischen Stucco-Verfahrens und können den Nach-
weis führen, dass diese alte Methode aufhört, so-
bald die Lösbarkeit des Wachses in Terpentin be-
kannt wird.
Diese Tatsachen haben eine nicht wegzuleug-
nende Beweiskraft und sind, wenn auch nicht ein-
zeln für sich, so doch in ihrer Gesamtheit ge-
eignet, den Ausschlag zu geben.

Anfragen und Beantwortungen.
An L. St. in Darmstadt. — Ihrem Wunsche, das
Färben und Patinieren von Bronzen in diesen Blättern
zur Sprache zu bringen, kommen wir im aUgemeinen Inter-
esse gerne nach und haben uns bereits mit einem Fachmann
diesbezüglich in Verbindung gesetzt. Sie haben Recht zu sagen,
dass es wichtig wäre, schon an den Akademien derlei Arbeiten
selbst auszuführen; dazu gehören aber mit allen Mitteln der
Technik ausgestattete Lehr- und Versuchswerkstätten, während
die heutige Ausbildung sich bloss auf das Modellieren allein
beschränkt. Vielleicht kann Ihnen Büchners Metallfärbung
dienlich sein; das Werk erscheint demnächst in 3. verbesserter
und vermehrter Auflage im Verlage von Krayn in Berlin.
An A. H. in Wilmersdorf. — Ueber die Ursachen
der Veränderungen an den mit Kasein gemalten Bildern ist
es schwer, ein Urteil abzugeben. Ob die Art der Herstellung
oder die durch die Zentralheizung hervorgerufene Russablage-
rung daran Schuld ist, müsste erst entschieden werden, denn
es ist doch eigentümlich, dass die Landschaften „ins Schwärz-
liche geraten und nachgedunkelt" sind, während dies bei den
Ornamenten nicht in dem Masse der Fall gewesen zu sein
scheint. Die Wände mit Papier tapezieren und darauf mit Oel-
farben zu malen, würde nur ratsam sein, wenn die Wandfläche
vorher gut abgebürstet würde. Mit Milch allein abgeriebene
Farben würden nur haltbar, wenn sie mit einer entsprechenden
Menge Kalk gemischt verwendet werden. Wir raten Ihnen,
die Wände nach dem gründlichen Abreiben durch einen Deko-
rationsmaler mit weisser Spachtelfarbe grundieren zu lassen
und darauf mit matten Oel-Terpentinfarben zu malen. Diese
Malerei Hesse wenigstens die Möglichkeit der bequemeren Rei-
nigung zu, falls Rauch und Russ sie wieder verdürben. Bei
Tempera oder Kasein ist dies viel weniger leicht zu be-
werkstelligen.
Verlag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).
 
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