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Münchner kunsttechnische Blätter — 2.1905-1906

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Nr. 14
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Obst, Walter: Die chemische Reinigung und Konservierung antiker Kunstdenkmäler [2]
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Vermischte Nachrichten / Anfragen und Beantwortungen / Druckfehler-Berichtigung
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https://doi.org/10.11588/diglit.36596#0060

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Münchner knnsttechnische Blätter.

Nr. 14.

neige zur Meinung, dass sie natürlich entsteht, und
bringe als Beweis eine kleine Statue, deren Patina
den mit einem Hut bedeckten Kopf und die mit
Blei bedeckten Füsse und Beine nicht erreichte.
Nach dem Entfernen des Hutes und des Bleis sah
man den Oberkopf und die Füsse unpatiniert, wäh-
rend der übrige Körper die schönste „edle" Patina
zeigte. Die „wilde" Patina (rogna, caries), welche
die hiesige ägyptische und mykenäische Sammlung
in erschreckender Weise angegriffen hatte (manche
kleine Gegenstände waren ganz zu Staub geworden),
wirkt infizierend und soll durch ein Lebewesen Gla-
dosporium Aeris verursacht werden, wie Moud und
Guboni in ihrer interessanten Arbeit behaupten.
Dass eine Ansteckung stattfindet, kann auch ich
nach den hiesigen Erfahrungen behaupten. Auf
jeden Fall dürfen keine infizierten Gegenstände
neben intakten stehen. Die angegriffenen Samm-
lungen wurden sowohl durch die Reduktionsme-
thode, als auch durch Auslaugen und Erhitzen
geheilt."
In seinen Schlussbemerkungen bemerkt der
Verfasser nochmals ausdrücklich, dass man zu dieser
chemischen Reinigung und Konservierung von Anti-
quitäten keine Universalmittel empfehlen darf, son-
dern der erfahrene Chemiker muss nach seinem
Ermessen bei jedem konkreten Fall in der einen
oder anderen Weise Vorgehen. Es sei ganz beson-
ders aber davor zu warnen, die Sachen Laien und
Empirikern anzuvertrauen.
Interessant ist auch die Mitteilung, dass im
Altertum die Marmorstücke durch reinen Kalk,
welcher sich durch die Kohlensäure der Luft in
kohlensaures Calcium umwandelte, festgekittet wur-
den. Dieses wurde bestätigt durch die Analysen
bei den marmornen Meeresfunden von Antikythera.
Diese Analysen und diese Methoden, welche
sämtlich im Laboratorium der Industrie- und Han-
delsakademie zu Athen ausgeführt wurden, bieten
zweifellos sehr viel Interessantes und sie gewinnen
an Bedeutung durch die Bereitwilligkeit von Prof.
Rhousopoulos, ernsten Interessenten mit gewünsch-
ten Details dienen zu wollen, worauf hier noch-
mals hingewiesen sei.

Vermischte Nachrichten.
Cyankali als Malmitte!? Der des Mordes an-
geklagte und vom Münchener Schwurgericht schul-
dig gesprochene Schelhaas hat sich unter der Vor-
gabe, es zum Malen zu gebrauchen, mittels ord-
nungsmässig ausgestellten Giftscheines eine grössere
Quantität von Cyankali verschafft. Mit Mohnöl
vermischt, sollte es ihm von einem in Strassburg
verstorbenen „Kunstmaler" als Mittel, die Farben
glänzend zu erhalten, empfohlen worden sein. Die
auf solche Art gemalten Bilder wurden chemisch
untersucht, ohne dass Cyankali nachgewiesen werden

konnte, da dieses sehr rasch verflüchtigt. Als Sach-
verständiger vernommen, berichtete der vormalige
Vorstand der Versuchstation für Maltechnik, Prof.
Dr. G. Schulz, ihm sei die Praxis, Cyankali zum
Malen zu verwenden, unbekannt. Dass ein Maler
auf eine solche Idee kommen könne, hält er für
ausgeschlossen. Durch das Bemalen von Oelbildern
mit Cyankali würden die Farben nicht frischer, son-
dern matter werden; diese Wirkung muss derjenige,
der Cyankali verwendet, alsbald merken. Das gleiche
deponiert auch Privatdozent Dr. A. Eibner unter
Vorlegen von eigens vorgenommenen Proben. Wer
das Malen mit Cyankali nur einmal versucht, wird
dieses Verfahren sofort wieder verlassen. Bei An-
wendung von Cyankali würde genau das Gegenteil
eintreten, als der Angeklagte angegeben hat; es
würde sich Sand in den Pinsel legen und verhin-
dern, dass der Malende einen glatten Strich machen
kann. Das Bild wird nicht glänzend, sondern in
acht bis zehn Tagen matt werden; es bekommt
einen Silberschein und matten Hof.
Anfragen und Beantwortungen.
Herrn C. L. in Brandenburg a. H. — Ihrem
Wunsche um Auskunft, wer Tropfstein, Mosaik,
Muschel und Kiesel für Grotten und Winter-
gärten liefert und wie dieselben befestigt werden,
können wir entsprechen und teilen Ihnen mit, dass
die obigen Materialien von der Firma C. Barth & Co.,
Luisenstr. 6g, hier, bezogen werden können. Tropf-
stein wird künstlich hergestellt, indem die allgemeine
Form durch Rabitz (Draht- und Eisengeflecht) und
Werg, eventuell durch entsprechend befestigte Tan-
nenäste gebildet und mit Zement (2 Teile Portland,
1 Teil Sand, dünnflüssig angemacht) beworfen wird.
Man lässt den Bewurf 1 bis i'A Tage sich festigen
und drückt dann runde Kiesel in den Grund. Nach
völligem Trocknen wiederholt man den Anwurf mit
obigem Zement, bis die Form des natürlichen Tropf-
steins erreicht ist. Tannenäste sind nur an den
Stellen geeignet, die nicht mit Wasser stetig in
Berührung kommen.
Muscheln und Kiesel werden in Nischen oder
Grotten ebenfalls mittels Zement befestigt. Wie
uns mitgeteilt wird, sind Muscheln jeglicher Form
in den Spezialgeschäften in Hamburg en gros er-
hältlich. Die genannte Firma hat sich zu weiteren
Auskünften gerne bereit erklärt.

Druckf ehler-B erichtigung.
In der vorigen Nummer, Seite 52, Spalte rechts,
Mitte, ist zu lesen: auf den gefärbten und geglätteten
Stuck (nicht Stück).

Verlag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).
 
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