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Münchner kunsttechnische Blätter — 2.1905-1906

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Nr. 15
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Friedlein, Ernst: Maltechnik und Staatshilfe: ein offenes Wort
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https://doi.org/10.11588/diglit.36596#0061

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KUMSIIECMSOK

München, 16. Apri! 1906.

Beitage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint 14tägig unter Leitung von Maier Ernst Berger.

H. Jahrg. Nr. 15.

Inhalt: Maltechnik und Staatshilfe. Von E. Friedlein.— Bin Beitrag zur Perspektive. VonM. Jama. — Noch einmal die
Leinwandgrundierung. — Korrespondenz.

Maltechnik und Staatshilfe.
Ein offenes Wort.

Wie seit einer langen Reihe von Jahren zur
Zeit der Etatsstürme spielte sich auch diesmal
wieder im bayerischen Landtage eine Episode
ab, welche sich um die Bewilligung der Mittel
dreht, die angeblich schwer darniederliegende
Farben- und Maltechnik zu sanieren. Petitionen,
Klagen und Anschuldigungen, schwache Versuche
zu guten Ratschlägen, Bewilligung. Alle Jahre
dasselbe Lied, nur mit etwas anderen Worten
u. s. w. ad infinitum mit Grazie, oder vielmehr
ohne Grazie; denn die Töne, die da angeschlagen
werden, klingen gerade nicht immer melodisch.
In der weiteren Verfolgung des Zweckes folgen
dann berechtigte und unberechtigte Anschuldi-
gungen, Beleidigungen, Prozesse, neue Eingaben,
Rufe nach dem Polizeistock etc. Interessiert
man sich um die Erfolge positiver Arbeit, möchte
man die Proben sehen, auf Grund deren man
aufsteigende Fragen und Zweifel lösen könnte,
sucht man nach übersichtlicher, klarer Zu-
sammenstellung der Forschnngsresultate, so sucht
man vergebens. Will man sich mühsam aus den
Zeitschriften die einzelnen Punkte klarlegen, so
findet man die widersprechendsten Angaben und
besonders trifft man immer auf Gegensätze zwi-
schen Theorie und Praxis.
Fragen wir nun, wie es möglich ist, dass
seit so vielen Jahren immer wieder dieselben
Klagen geführt werden, so muss man doch zu
der Ansicht gelangen, dass die zu deren Abstel-
lung vorgeschlagenen und angeordneten Mittel
nicht den Nagel auf den Kopf treffen. Grosse
Worte und theoretische Abhandlungen führen
hier nicht zum Ziel, sondern einzig und allein
die Belehrung auf Grund einwandfreier festge-
stellter Tatsachen, Hand in Hand mit eigener
Arbeit des Lernenden.

Die Uebelstände in den Handwerksbetrieben
drehen sich meistens um die Geldfrage. Das
Submissionswesen mit seinen Konkurrenzkämp-
fen, welche sich bei mangelnden Aufträgen immer
mehr verschärfen, spielen hier die erste Rolle;
wir wollen hier diese Seite nicht weiter ver-
folgen, denn in der engeren Kunsttechnik kommt
sie wenig in Betracht.
Kunsttechnische Fragen lassen sich
nur mit dem Handwerkszeug in der Hand
lösen, und für den Lernenden nur da, wo er
Belehrung und Anregung sucht, an den Kunst-
schulen und Akademien. Zur Beseitigung aller
Unsicherheiten und Erlangung eines klaren Ein-
blickes in die Erfordernisse und Gesetze, welche
erfolgreiche Resultate gewährleisten, gibt es
nur eine durchgreifende Massregel: Errichtung
von Werkstätten an den Akademien, wo Ge-
legenheit geboten ist, sich an vorliegenden,
durch Jahrzehnte bewährten Proben mit den Mal-
mitteln, deren Eigenschaften und Anwendung
nicht nur intim bekannt zu machen, sondern
auch selbst mit deren Bereitung und Prüfung
zu beschäftigen. Die einschlägigen Grundie-
rungen, Bindemittel und Farben, Firnisse etc.,
auch in ihrer Anwendung, müssten in klarer
Uebersichtlichkeit so geordnet sein, dass jeder
das herausfinden könnte, was seinem Zwecke
entspricht. Der Einwand, dass dem Studieren-
den die Zeit zu solchen Beschäftigungen mangelt,
wird gegenstandslos, wenn man überlegt, wie
viel Zeit, Material und Arbeitskraft verloren
geht, welche er, auf eigene Faust experimen-
tierend, an fehlschlagende Proben verschwendet.
Aber auch dem selbständigen Künstler müsste
Gelegenheit geboten sein, eigene technische Ideen
zu erproben und sich in rein technischen Fragen
 
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