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Münchner kunsttechnische Blätter — 2.1905-1906

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Nr. 3
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Buchner, Georg: Einiges aus der Chemie der "Metallischen Farben" [3]
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Martin Knollers Anleitung zur Freskomalerei [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36596#0015

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Nr. 3.

Münchner kunsttechnische Blätter.

11

Das Cadmium liefert noch andere Farben (das
braune Cadmiumoxyd, das gelbe chromsaure Cad-
mium), denen wir aber wegen ihrer geringeren Be-
deutung eine weitere Aufmerksamkeit nicht widmen
können. Verhältnismässig wenig Farben sind, wie
das betrachtete Cadmiumgelb, reine chemische In-
dividuen, deren Zusammensetzung einfach und bün-
dig durch eine chemische Formel ausgedrückt wer-
den kann. Die meisten Farben sind vielmehr Ge-
menge zweier oder mehrerer chemischer Individuen
und zwar entweder in annähernd bestimmten Ver-
hältnissen, wie z. B. das Bleiweiss, oder in wechseln-
den Verhältnissen, wie z. B. die Erdfarben.
(Fortsetzung folgt.)
Martin Knollers Anleitung zur
Freskomalerei.
(Fortsetzung.)
Martin Knollers Freskopalette besteht aus
den folgenden Farben:
Weiss: Als weisse Farbe dient ihm nur alter,
längst abgelöschter Kalk, der nur noch einmal gut
geschlemmt und auf dem Reibstein fein gerieben
wird. Von den Eierschalen- undMarmorweiss anderer
Maler hält er nichts.
Alle Farben werden mit Wasser gerieben und
mit Kalkwasser angemacht, „ebenso wie man die
Leimfarbe in Wasser reibt und den Leim später da-
zu gibt". Dieses Kalkwasser wird zubereitet, indem
man Kalk recht dünn mit siedendem Wasser ab-
löscht, später den Kalk sich setzen lässt, die oben
stehende Brühe aber unter Bezeichnung: Kalk-
wasser aufhebt.
Gelbe Farben:
Neapolitanergelb; Lichter Ocker von hel-
ler und von mittlerer Färbung sind auch gebrannt
als rote Ocker gut verwendbar. Amberger Gelb
in natürlichem und gebranntem Zustand. Goldocker
nur in gebranntem Zustand. Dunkel-Ocker, natür-
lich und gebrannt.
Die Veroneser grüne Erde rechnet Knoller
auch unter die Ockerfarben, empfiehlt aber nur die
echte Veroneser Erde sich zu verschaffen. Gebrannt
liefert sie einen zum Malen von Fleisch und dessen
Schatten gut geeignete Farbe.
Rote Farben:
Scharlachrot, hergestellt durch Glühen von
Eisenvitriol (entspricht also unserem Caput mor-
tuum); Neapelrot; Englischrot; Terra diSiena,
natürlich und gebrannt; Umbra, nur jene Sorte,
die stark ins rötliche schillert (dient in Brocken auch
als Probierstein für Freskomalerei, weil das Wasser
eines darauf gestrichenen gemischten Farbentones
augenblicklich eingesogen wird und die Farbe zum
Vorschein kommt, welche die Mischung im trocke-
nen Zustande besitzt); Zinnober; um diese Farbe
für Fresko tauglich zu machen, wird empfohlen,
reinen Bergzinnober mit Weingeist abzureiben, dann

wieder trocknen zu lassen und das Farbenpulver mehr-
mals mit siedendem Wasser, worin vor dem Sieden ein
Stück Kalk abgelöscht wurde, zu übergiessen und
jedesmal das obenstehende Wasser wegzuschütten.
Der römische Vitriol, im Ofen gebrannt,
gibt eine sehr schöne dunkelrote Farbe, mit heissem
Glühwein abgerieben ein schönes Purpurrot.
Blaue Farben:
Kobaltblau; Smalte; Ultramarin (echt, aus
Lapis lazuli bereitet). „Blaue Kohlenfarbe" (eine
nach besonderem Verfahren aus Weinrebenkohle her-
gestellte schwarzblaue Farbe).
Braune und schwarze Farben:
Kölnische Erde (natürliche und in ver-
schiedenen Graden der Hitze ausgesetzte); Ofen-
schwärze; Beinschwarz; Rebenschwarz.
Die hier nur in aller Kürze angeführte Liste
begleitet Knoller mit einer ganzen Reihe von Be-
merkungen, die beweisen, wie genau er mit seinem
Farbenmaterial vertraut war. Darauf folgt eine Notiz,
dass die Farbenverzeichnisse des Leonardo da Vinci
und des Annibale Caracci „noch viel kleiner" sind
und „doch malte ersterer das hochherrliche Abend-
mahl und der zweite eine ganze Galerie (Farnese)".
Anschliessend gibt er einige Hinweise auf Pinsel,
die etwas länger als andere gewöhnliche Wasser-
farbpinsel sein müssten. Fischpinsel dienen nur für
die letzten Drucker und die höchsten Lichter. Der
Verfasser bricht dann in seiner Anleitung plötzlich
ab, um eine Darstellung der Malarbeit während
eines Tages zu geben. Wie er, früh morgens
auf, sich mit Zeichnen beschäftigt, bis sein treuer
Maurer Scaramuzzi den Anwurf jenes Teiles der
Wand im Palazzo des Grafen von Este fertiggestellt
hat, der mit den Figuren des Jupiter und der Juno
geschmückt werden soll; wie er jede einzelne dieser
Figuren, „alles nach Standesgebühr", malt und die
dazu gebrauchten Farben beschreibt, und nach voll-
endetem Tagewerk mit seinem Scaramuzzi bei einer
Flasche Falerner in einer Osteria Feierabend macht,
gehört zum gelungensten der ganzen Schrift.
Was dann noch von „eigenen Erfindungen"
technischer Art beschrieben wird, mag zu seiner Zeit
Werkstättengeheimnis gewesen sein. Wir erfahren,
dass Knoller die Retouchen mit in frischem Wasser
aufgelöstem Kandiszucker als Bindemittel, ohne Kalk-
zusatz herstellt, dass er an offenen, dem Wetter aus-
gesetzten Stellen Kalk mit Topfen (Doba) den Far-
ben beimischt und mit der gleichen Mischung, die
also unserem Kasein entspräche, auch Risse in alten
Freskomalereien auskittet. Es folgt dann noch eine
ausführliche Beschreibung, feuchte Fresken vor dem
Verderben zu schützen (durch einen Ueberzug von
heisser Seifenlösung und einen darauffolgenden eben-
solchen von Alaun),*) dann schimmelig gewordene
*) Dabei bildet sich eine Schicht von fettsaurer Ton-
erde, die aiterdings gegen Wasser unemphndiich ist. Ein ähn-
liches Verfahren wird neuerer Zeit von den Zimmermaiern als
Grundierung für Leimfarbenmaierei in Anwendung gebracht.
 
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