München, 11. Dez. 1905.
Beilage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint 14tägig unter Leitung von Maier Ernst Berger.
H. Jahrg. Nr. 6.
Inhalt: „Erkiärung" des Herrn Adolf Wilh. Keim zur Frage der römisch-pompejanischen Wandmalerei. — Einiges aus der
Chemie der „Metailischen Farben". Von Chemiker Georg Büchner, München (Fortsetzung). — Ein Beitrag zur
Perspektive. — Oelmalerei in der Poiargegend. — Anfragen und Beantwortungen.
„Erklärung" des Herrn Adolf Wilh. Keim zur Frage
der römisch-pompejanischen Wandmalerei.
In Nr. tO der „Technischen Mitteiiungen für
Maierei" dtto. 15. Nov. a. c. veröffentlicht Herr
Adolf Wilh. Keim, techn. Chemiker und Re-
dakteur in Grünwaid bei München, unter der
Ueberschrift „Zur Frage der römisch-pompeja-
nischen Wandmaierei" eine „Erkiärung", die
wir zu unserem Bedauern wegen des knappen
Raumes nicht in extenso zum Abdruck bringen
können. Nach einer auf unsere „Aufforderungen"
bezugnehmenden Einleitung und dem Hinweise,
dass Herr Keim dem Vorstande der „Versuchs-
anstalt und Auskunftsteile für Maltechnik an der
Kgl. Techn. Hochschule zu München", Herrn
Professor Dr. Lipp, vor dem 31. Oktober 1905
mitgeteilt habe, dass er das in dieser Sache vor-
zulegende Material der genannten Versuchsanstalt
durch bezw. mit dem technischen Ausschuss der
„Deutschen Gesellschaft zur Beförderung rationel-
ler Malverfahren e. V. in München" einreichen
werde,*) fährt Herr Keim wie folgt fort:
„Obwohl ich weder Maler noch Stucka-
teur bin, nehme ich hiermit die Heraus-
forderung des Herrn Ernst Berger den-
noch unter allen von ihm gestellten Be-
dingungen an.
Es ist dabei aber notwendig, um die beider-
seits zu fertigenden Proben mit den notorisch
echten römisch-pompejanischen Wandmalereien ge-
nau vergleichen zu können, dass die Parteien die
in ihrem Besitze beßndlichen, angeblichen oder
wirklichen Original-Bruchstücke römisch-pompe-
janischer Wandmalereien mit in Vorlage bringen,
*) Bis 27. November a. c. war eine solche „Einreichung"
bei der Versuchsanstalt nicht erfolgt.
und dass eventuell auch von dritter Seite zweifellos
echte Bruchstücke zum Vergleiche vorgelegt werden.
Ich bin vollständig damit einverstanden, dass
Herr Ernst Berger und ich die Proben vor einer
beliebigen Zahl von Zeugen und Sachverständigen
herstellen, und dass diese Proben ausgestellt wer-
den, damit so auch die, wie Herr Berger schreibt,
»begierigenx Herren Kollegen desselben in die
Lage kommen, mit eigenen Augen die beider-
seitig öffentlich herzustellenden Proben prüfen zu
können und sich ein richtiges Urteil über die
zur Entscheidung kommende Frage zu bilden.
Ich erbiete mich weiters, mit diesen Versuchen
auch durch die reine »Praxis« zu beweisen, dass
Herr Berger mit seiner »Rekonstruktion der
römisch-pompejanischen Wandmalerei-
Technik« sich in praktischer Richtung in der-
selben Lage beündet, wie es bei seinen Beweisen
durch die antiken Schriftsteller erwiesenermassen
(??) der Fall ist. Ich werde auch beweisen, dass
es durchaus nicht nötig ist, die erwähnte Technik
nochmal zu rekonstruieren, sowie dass dies von
anderen schon längst in theoretisch und praktisch
unanfechtbarer (??) Weise geschehen ist.
Ich werde, um jeden Zweifel bezüglich der
genauen Feststellung der von mir zu verwenden-
den Materialien zu benehmen, an die Versuchs-
anstalt und Auskunftstelle für Maltechnik die Bitte
stellen, mir die von mir benötigten Materialien
auf meine Kosten zu beschaffen und mir diese
erst am Ort bei der Ausführung der Proben unter
beliebiger Kontrolle zur Verfügung zu stellen.
Vielleicht ist auch Herr Berger bei seiner be-
kannten Liebenswürdigkeit (!) so freundlich, auch
seinerzeit ebenfalls so zu verfahren.