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Münchner kunsttechnische Blätter.
Nr. 19.
chungen, die auf einer veränderten Beurteiiung des
Pigments beruhen und sich aiso beim Malen durch
konstantes Plus oder Minus einer einzelnen Farbe
in ganzen Bilde geltend machen können, oder über-
haupt durch ganze Fehler im Wiedergeben aller
verschiedenen Farben. Künstler, mit denen man
diesen Gegenstand bespricht, antworten sofort: „Das
ist Schule, Geschmack, Tendenz, Manier, kann
willkürlich geändert werden etc." Dass die Art
des Sehens hiermit etwas zu tun haben könne, wollen
sie nur ungern zugeben. Es hat mir manchmal den
Eindruck gemacht, als betrachteten sie es gewisser-
massen als eine Herabsetzung der Kunst, von dem
Einfluss eines Sinnesorgans zu sprechen, wo nur
die freie Entscheidung, die Intelligenz, die Phan-
tasie, das Talent den Ausschlag gäbe.
(Schluss folgt.)
Ueber neue Malerfarben
beabsichtigen wir demnächst eine Besprechung in
diesen Blättern zu bringen und die Versuche zu
veröffentlichen, die wir damit gemacht haben. Da
es sich hierbei naturgemäss nur um persönliche Er-
fahrungen handelt und es im allgemeinen Inter-
esse wünschenswert wäre, auch die Erfolge anderer
in die Besprechung einzubeziehen, ergeht hierdurch
an die Herren Kollegen die höfliche Bitte, uns
hiebei durch geh. Mitteilungen, wie sich die neuen
Malmaterialien in verschiedenen Anwendungs-
arten bewährt haben, zu unterstützen; denn es
macht wohl einen Unterschied, ob sich ein Mate-
rial zur Primatechnik, zum Malen grösserer Ge-
mälde bei öfterem Uebermalen, bei dicker pastoser
oder bei dünner lasierender Technik eignet und
wie es sich beim Malen dekorativer Motive oder
bei miniaturartiger Ausführung, bei der Arbeit im
Atelier oder im Freien verhält. Es kommen zu-
nächst in Betracht: Prof. Fleischers Meisterfarben
I und II, Gundermanns Wassertempera und Rubens-
farbe, Boyers Temperafarben nach flandrischer Art,
Bössenroths Eigelb-Emulsions-Tempera, sowie die
Tempera von Dr. Buss & Co. in Rüschlikon. Im
Falle die Herren Einsender ihren Namen nicht ge-
nannt wissen wollen, wird die Anonymität gewahrt
werden.
Die Leitung der Münchner kunsttechnischen Blätter.
Anfragen und Beantwortungen.
Herrn A. G. in Karlsruhe. Ihre Anfrage in
Betreff der Abnahme und Reinigung von Fres-
kogemälden kann, wie folgt, beantwortet werden:
i. Was die Abnahme von Fresken angeht, so
gibt es einige Methoden, deren Anwendung natur-
gemäss von den örtlichen Umständen abhängt. In
Ihrem Falle, da es sich um ein Plafondfresko han-
delt, ist die Sache erschwert, weil die sicherste
Methode, das Fresko mitsamt dem Untergrund ab-
zuheben, kaum ausführbar ist. Zu diesem Zwecke
wird ein fester Holzrahmen im reichlichen Aus-
masse des Bildes angefertigt und mit festen Brettern
bedeckt, in die sehr nahe nebeneinander mittels
eines Fraisebohrers Löcher zur Aufnahme von Bol-
zen gemacht werden. Das Bild wird ringsum in
der Grösse des angefertigten Rahmens mittels eines
Krampens (Hacke) freigelegt, der Rahmen festge-
macht. Die Oberfläche des Bildes bedeckt man
mit einer guten Lage Watte, hierauf mit starkem
Packpapier. Die Bolzen werden dann so dicht als
möglich an die Bildoberfläche, resp. die Deck-
schichte von Papier und Watte eingeschoben und
durch passende Keile gesichert. Man entfernt dann
von rückwärts die Mauersteine, so weit es geht,
befestigt auch von dieser Seite eine Kiste aus
Balkengerüst und sichert abermals von dieser Seite
das Bild durch Bolzen oder Keile. Die beiden
Kisten verschraubt man endlich mit Schrauben,
damit sich nichts bewegen kann.
In Ihrem Falle wird ein anderes Verfahren
besser sein, das aber nur möglich ist, wenn die
Oberfläche der Malerei gut erhalten ist. Man
beklebt die ganze Fläche mit schmalen Streifen
von Leinwand mittels starkem heissen Kölnerleim
in 3—4 sich kreuzenden Lagen, dann nochmals
mit weichem Papier. Nach dem Trocknen hat
der Leim die Tendenz, sich zusammenzuziehen;
die Leinwandschichten rollen sich ein wenig nach
aussen und heben die Mörtelschicht mitsamt der
Malerei ab. Durch leichtes Klopfen unterstützt
man, von den Rändern beginnend, diesen Vorgang
und hat so das Bild von der Wand abgelöst. Hier-
nach nimmt man eine flache Kiste in der Grösse
des Bildes, darin lässt man Eisengeflecht (verzinkter
Draht) einpassen, giesst eine dicke Schicht von
Gips-Kalkmörtel auf, legt das abgenommene Bild
mit der Mörtelseite auf diese Masse und lässt gut
trocknen. Die Papier- und Leinwandschicht ent-
fernt man durch wiederholtes Erweichen mit war-
mem Wasser. Retouchen werden bei diesem Ver-
fahren wohl unvermeidlich und können mit Ei-
oder Casein-Tempera ausgeführt werden.
2. Um das an der Seitenwand befindliche
Fresko zu reinigen, würden wir Ihnen raten, die
Fläche mit Spiritus oder einer Mischung von Spi-
ritus und Terpentinöl (gleiche Teile) mittels Watte-
bauschen zu reinigen, dann trocknen zu lassen und,
wenn die Oberfläche zu matt geworden, mit einer
Lösung von Gummi arabicum in Wasser einzustrei-
chen, eventuell ist ein wenig Glycerin darunter zu
mischen und die Prozedur zu wiederholen. Es wäre
von Interesse zu erfahren, welchen Erfolg Sie mit
den angegebenen Verfahren erzielt haben und
bitten wir darüber um Nachricht.
Münchner kunsttechnische Blätter.
Nr. 19.
chungen, die auf einer veränderten Beurteiiung des
Pigments beruhen und sich aiso beim Malen durch
konstantes Plus oder Minus einer einzelnen Farbe
in ganzen Bilde geltend machen können, oder über-
haupt durch ganze Fehler im Wiedergeben aller
verschiedenen Farben. Künstler, mit denen man
diesen Gegenstand bespricht, antworten sofort: „Das
ist Schule, Geschmack, Tendenz, Manier, kann
willkürlich geändert werden etc." Dass die Art
des Sehens hiermit etwas zu tun haben könne, wollen
sie nur ungern zugeben. Es hat mir manchmal den
Eindruck gemacht, als betrachteten sie es gewisser-
massen als eine Herabsetzung der Kunst, von dem
Einfluss eines Sinnesorgans zu sprechen, wo nur
die freie Entscheidung, die Intelligenz, die Phan-
tasie, das Talent den Ausschlag gäbe.
(Schluss folgt.)
Ueber neue Malerfarben
beabsichtigen wir demnächst eine Besprechung in
diesen Blättern zu bringen und die Versuche zu
veröffentlichen, die wir damit gemacht haben. Da
es sich hierbei naturgemäss nur um persönliche Er-
fahrungen handelt und es im allgemeinen Inter-
esse wünschenswert wäre, auch die Erfolge anderer
in die Besprechung einzubeziehen, ergeht hierdurch
an die Herren Kollegen die höfliche Bitte, uns
hiebei durch geh. Mitteilungen, wie sich die neuen
Malmaterialien in verschiedenen Anwendungs-
arten bewährt haben, zu unterstützen; denn es
macht wohl einen Unterschied, ob sich ein Mate-
rial zur Primatechnik, zum Malen grösserer Ge-
mälde bei öfterem Uebermalen, bei dicker pastoser
oder bei dünner lasierender Technik eignet und
wie es sich beim Malen dekorativer Motive oder
bei miniaturartiger Ausführung, bei der Arbeit im
Atelier oder im Freien verhält. Es kommen zu-
nächst in Betracht: Prof. Fleischers Meisterfarben
I und II, Gundermanns Wassertempera und Rubens-
farbe, Boyers Temperafarben nach flandrischer Art,
Bössenroths Eigelb-Emulsions-Tempera, sowie die
Tempera von Dr. Buss & Co. in Rüschlikon. Im
Falle die Herren Einsender ihren Namen nicht ge-
nannt wissen wollen, wird die Anonymität gewahrt
werden.
Die Leitung der Münchner kunsttechnischen Blätter.
Anfragen und Beantwortungen.
Herrn A. G. in Karlsruhe. Ihre Anfrage in
Betreff der Abnahme und Reinigung von Fres-
kogemälden kann, wie folgt, beantwortet werden:
i. Was die Abnahme von Fresken angeht, so
gibt es einige Methoden, deren Anwendung natur-
gemäss von den örtlichen Umständen abhängt. In
Ihrem Falle, da es sich um ein Plafondfresko han-
delt, ist die Sache erschwert, weil die sicherste
Methode, das Fresko mitsamt dem Untergrund ab-
zuheben, kaum ausführbar ist. Zu diesem Zwecke
wird ein fester Holzrahmen im reichlichen Aus-
masse des Bildes angefertigt und mit festen Brettern
bedeckt, in die sehr nahe nebeneinander mittels
eines Fraisebohrers Löcher zur Aufnahme von Bol-
zen gemacht werden. Das Bild wird ringsum in
der Grösse des angefertigten Rahmens mittels eines
Krampens (Hacke) freigelegt, der Rahmen festge-
macht. Die Oberfläche des Bildes bedeckt man
mit einer guten Lage Watte, hierauf mit starkem
Packpapier. Die Bolzen werden dann so dicht als
möglich an die Bildoberfläche, resp. die Deck-
schichte von Papier und Watte eingeschoben und
durch passende Keile gesichert. Man entfernt dann
von rückwärts die Mauersteine, so weit es geht,
befestigt auch von dieser Seite eine Kiste aus
Balkengerüst und sichert abermals von dieser Seite
das Bild durch Bolzen oder Keile. Die beiden
Kisten verschraubt man endlich mit Schrauben,
damit sich nichts bewegen kann.
In Ihrem Falle wird ein anderes Verfahren
besser sein, das aber nur möglich ist, wenn die
Oberfläche der Malerei gut erhalten ist. Man
beklebt die ganze Fläche mit schmalen Streifen
von Leinwand mittels starkem heissen Kölnerleim
in 3—4 sich kreuzenden Lagen, dann nochmals
mit weichem Papier. Nach dem Trocknen hat
der Leim die Tendenz, sich zusammenzuziehen;
die Leinwandschichten rollen sich ein wenig nach
aussen und heben die Mörtelschicht mitsamt der
Malerei ab. Durch leichtes Klopfen unterstützt
man, von den Rändern beginnend, diesen Vorgang
und hat so das Bild von der Wand abgelöst. Hier-
nach nimmt man eine flache Kiste in der Grösse
des Bildes, darin lässt man Eisengeflecht (verzinkter
Draht) einpassen, giesst eine dicke Schicht von
Gips-Kalkmörtel auf, legt das abgenommene Bild
mit der Mörtelseite auf diese Masse und lässt gut
trocknen. Die Papier- und Leinwandschicht ent-
fernt man durch wiederholtes Erweichen mit war-
mem Wasser. Retouchen werden bei diesem Ver-
fahren wohl unvermeidlich und können mit Ei-
oder Casein-Tempera ausgeführt werden.
2. Um das an der Seitenwand befindliche
Fresko zu reinigen, würden wir Ihnen raten, die
Fläche mit Spiritus oder einer Mischung von Spi-
ritus und Terpentinöl (gleiche Teile) mittels Watte-
bauschen zu reinigen, dann trocknen zu lassen und,
wenn die Oberfläche zu matt geworden, mit einer
Lösung von Gummi arabicum in Wasser einzustrei-
chen, eventuell ist ein wenig Glycerin darunter zu
mischen und die Prozedur zu wiederholen. Es wäre
von Interesse zu erfahren, welchen Erfolg Sie mit
den angegebenen Verfahren erzielt haben und
bitten wir darüber um Nachricht.