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Münchner kunsttechnische Blätter — 2.1905-1906

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Nr. 3
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Martin Knollers Anleitung zur Freskomalerei [2]
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Die neue Gundermann'sche Maltechnik
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https://doi.org/10.11588/diglit.36596#0016

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Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 3.

Fresken durch eine Lösung von Quecksilbersublimat
in Weingeist vor weiterem Verderben zu bewahren,
und die Methode alte Freskobilder auf Leinwand
oder anderen Grund zu transferieren. Schliesslich
erfahren wir noch von einem ganz besonders dauer-
haften Untergrund für Freskomalereien, zu dessen
Kenntnis Knoller durch eine ihm von einem ita-
lienischen Lazzaroni zum Kauf angebotene Schrift
gelangte: Halb gebrannter Kalk wird neuerlich mit
Steinkohlen aufgeschichtet und vollständig fertig ge-
brannt. Die Testierende Masse soll dann fein ge-
stossen und anstatt des Sandes dem gewöhnlich ge-
löschten Kalk beigemischt werden. Dieser Art Zement
rühmt Knoller absolute Haltbarkeit und Undurch-
dringlichkeit gegen Nässe nach, ja selbst grosse Hitze
könnte einer auf solchem Grund gefertigten Fresko-
malerei nichts anhaben.
Knollers „wahre Wissenschaft der Kalkmalerei"
ist damit aber noch nicht zu Ende; er beschreibt
noch ein von ihm erprobtes Verfahren eingehend,
das er aus einem der vatikanischen Bibliothek ge-
hörigen griechischen Manuskript entnommen haben
will. Dieses Verfahren ist sehr merkwürdig, insofern
als dabei der frische Freskoputz mit Leinöl solange
überstrichen werden soll, bis kein Oel mehr ein-
gesogen wird; auf diesem Grund malt man dann
mit nur in Wasser geriebenen Farben und nach einigen
Tagen, wenn die Mauer trocken ist, werden die
Malereien mit wollenen Lappen abgerieben, worauf
die Farbe festsitzt und Glanz angenommen hat.
Die Aufzeichnungen Knollers schliessen dann
mit einem kurzen Exkurs über Oelmalerei und das
von ihm dabei eingeschlagene Verfahren bei Holz-
tafel- und Leinwandbildern.
(Schluss folgt.)
Die neue Gundermann'sche
Maltechnik.
Ueber die Ausstellung von etwa 30 mit der
Gundermann-Tempera gemalten Bildern im Mün-
chener Kunstverein berichten die „Münch. Neueste
Nachr." vom 12. Oktober:
„Die laufende Woche hat uns eine Art von
Generalprobe der Gundermann'schen Farben ge-
bracht, die ihre Entstehung verschiedenen Ur-
sachen verdanken. Einem allgemeinen Misstrauen
gegen alles Oel in erster Reihe, den Erfahrungen,
die man mit den Firnissen der Tempera machte
und der wachsenden Ueberzeugung, dass die alten
Meister mit einer Farbe arbeiteten, die kein Oel
enthielt, jedoch bedeutende Harzzusätze. In Farben-
fragen kann lediglich der fortgesetzte Versuch ent-
scheiden. Was von Malern bezüglich der Gunder-
mann-Farben zu erfahren ist, lautet nur lobend.
Professor Stuck bedient sich seit vier Jahren aus-
schliesslich dieser Farbe, auch v. Zumbusch malt
seit zwei Jahren mit ihr, kennt keine ungünstige
Seite, betont ihre Leuchtkraft, das rasche Trock-

nen und den sofort feststehenden Ton, der die
ursprüngliche Helligkeit dauernd bewahrt, und auch
Professor Herkomer, dem sie besonders zu be-
hagen scheint, weil sie seiner virtuosen Technik
geschmeidigst entgegenkommt, schwärmt für sie.
Die Bilder, die von ihm und anderen Meistern
ausgestellt sind, beweisen vor allem die Viel-
seitigkeit der Farbe, die, je nachdem sie dünner
oder dicker aufgetragen wird, Aquarell-, Tempera-
und Oelfarbenwirkungen zeigt. Angeblich soll die
Leuchtkraft weit stärker sein, als sie bei Oel-
bildern anzutreffen ist. Hiezu fehlt das nötige
Vergleichsobjekt. Die ältesten Bilder stammen aus
dem Jahre 1900. Es ist irgend eine Veränderung
bei ihnen nicht zu konstatieren."
Aus eigener Anschauung können wir bestätigen,
dass die ausgestellten, mit der Gundermann'schen
Tempera, oder wie es auf den Unterschriften im
Kunstverein lautete, in „Oelloser Gundermann'scher
Maltechnik" hergestellten Bilder einen sehr günstigen
Eindruck machen; insbesondere scheint das Material
für die ungemein sichere, alle Effekte alla prima er-
reichende Herkomer'sche Malweise wie geschaffen —
ganz hervorragend in dieser Art das Porträt des
Siegers in der Herkomer-Konkurrenz, Edgar Laden-
burg im Automobilanzug —, auch dort, wo die la-
sierende Wirkung der Farbentöne zur Erscheinung
kommen soll. Vortrefflich scheint sich das Material
beim Kopieren alter Meister zu bewähren, wie die
übrigens ganz eminente Kopie nach dem Stilleben
(mit dem Pfau) nach Jean Weenix von W. Scha-
chinger zeigt und auch der dünnflüssige Charakter
von Filippo Lippis Madonna in der Pinakothek ist
gut getroffen. Wie es mit der Haltbarkeit bestellt
ist, darüber kann natürlich nur nach längerer Zeit
und längerer Erfahrung ein Urteil gefällt werden.
Es ist die Aufgabe der Fachpresse, allen Neu-
erscheinungen auf dem Gebiete der Maltechnik Auf-
merksamkeit zu schenken. Gerade ein neu auf-
tauchendes Material interessiert die Künstlerkreise
in hervorragender Weise, weil sich an jedes neue
Material eine Menge Hoffnungen anknüpfen. Wie
oft haben wir schon solchen Hoffnungen die Ent-
täuschung folgen sehen, so dass dem Neuen gegen-
über eine gewisse Vorsicht am Platz sein muss. Da-
zu kommt noch, dass manches Material für eine be-
stimmte Malart oder künstlerische Eigenart passender
ist als ein anderes, also ein neu auftauchendes Material
dem einen Künstler mehr „liegt" als einem anderen.
Die Gundermann'sche Maltechnik besteht, wie
uns mitgeteilt wird, aus zwei Arten von Farben,
einer wassermischbaren Tempera, die wie Aquarell
behandelt werden kann, und einer mit ätherischen
Oelen mischbaren Harzfarbe. Ueber die Zusammen-
setzung der Bindemittel schweigt der Erfinder aus
begreiflichen Gründen. Wir gedenken über die neue
Technik demnächst ausführlicher berichten zu können.

Verlag der Werkstatt der Kunst (E. A. Seemann, Leipzig).
 
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