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Münchner kunsttechnische Blätter — 2.1905-1906

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Nr. 7
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Hans Thoma über Farbenmaterial und Maltechnik
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https://doi.org/10.11588/diglit.36596#0029

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München, 25. Bez. 1905.
Beilage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint Mtägig unter Leitung von Maier Ernst Berger.
H. Jahrg. Nr. 7.
Inhalt: Hans Thoma über
Von E. Berger. —
Farbenmaterial und Maltechnik. — Zur Verständigung in Sachen des sogen. Punischen Wachses.
Ueber Grundierung.

Hans Thoma über Farbenmaterial und Maltechnik.

In der Oktober-Nummer der „Süddeutschen
Monatshefte"*) ist unter dem Titel „Einiges über
Farbenmateriai und Maitechnik" von dem ge-
feierten und durch die kürzlich erfolgte Be-
rufung in die erste Kammer des Grossherzogtums
Baden ausgezeichnete Meister ein Aufsatz ab-
gedruckt, der in vielfacher Beziehung inter-
essant und lehrreich genannt werden muss;
denn hier spricht ein Mann, der während seines
ganzen Lebens Erfahrungen gesammelt und die
Wandlungen der Technik teils im regen Schaf-
fen, teils als scharfer Beobachter durch Jahr-
zehnte verfolgt hat. Unsere Absicht, den Auf-
satz in diesen Blättern einzuschalten, mussten
wir aufgeben, da Herr Prof. Thoma in allzu-
grosser Bescheidenheit ihn für ein technisches
Blatt ungeeignet erachtet, er ja nur „eine Plau-
derei ist, in der es zum Ausdruck käme, dass
er gerne noch andere Dinge sagen wollte, als
technische".
Wir können es uns aber nicht versagen,
ein paar Sätze hier anzureihen, obwohl es schwer
fällt, aus den trefflichen Bemerkungen das beste
auszuwählen. Wie z. B. der schroffe Gegensatz
zwischen Albertis Worten „Ich wünschte, die
Maler müssten das Weiss teurer als die kost-
barsten Steine kaufen" und dem Ausspruch eines
modernen Akademieprofessors, „es sei keiner
ein Maler, der nicht den Tag über ein Pfund
Kremserweiss verbrauche", mit den Unterschie-
den der Lasurtechnik von früher und der heu-
tigen Dickmalerei geschildert wird, oder wie aus-
einandersgesetzt wird, wohin die „Pietätlosigkeit
vor der Natur führt — statt liebendes Ein-
*) Süddeutsche Monatshefte, herausgegeben von Faul
Nikolaus Cossmann, Verlag von Adolf Bonz & Comp, in
Stuttgart. 2. Jahrg., to. Heft, S. 341—35:.

gehen und treues Sehen im Auge ein Malrezept
von der letzten Ausstellung im Kopfe — und
bei all der Materialverrohung auch naturgemäss
eine Verrohung der Sinne sich einstellen musste",
ist mit wahren, wenn auch harten Worten ge-
schildert.
Sehr richtig sind die Bemerkungen über die
Wandlung unseres Farbenmateriales in den letz-
ten Jahrzehnten. Der Meister sagt darüber:
Man suchte vor nicht langer Zeit aus der
gewissen Oelfarbenpatsche, die eigentlich durch
den Zwang des unrationell behandelten Materiales
entstand und fast immer die gleiche Erscheinung,
ein enger Bannkreis, den die Mittel bedingten,
herauszukommen. Man gab nun dem Material
die Schuld und mühte sich ab, ein leichteres
Material — in den Temperafarben zu finden,
die klar bleiben sollten und auch nach dem Fir-
nissen grosse Durchsichtigkeit gewannen. Die
schon dadurch zu einer gewissen Einheitlichkeit
zwangen, dass man sie nur in dünneren Schichten
auftragen konnte und der Untergrund immer noch
ähnlich wie das Papier beim Aquarell mitsprechen
musste. — Eine Einheitlichkeit, die beim Oel-
deckmalen so leicht in die Brüche geht — die
Harmonie der Bildfläche wurde wieder erkannt.
Fast alle Maler waren eine zeitlang von den Wir-
kungen irgend einer Temperafarbe entzückt, man
verschwor vielfach die Oelmalerei, eine gewisse
Oelfurclrt kam über die Maler. Und doch, es
gibt wenige, die ihre Temperamalerei rücksichts-
los durchführten, sie nicht schliesslich wieder mit
Oelfarbe zudeckten."
„Aber die Temperabehandlung war doch
eine gute Erziehung nach nur rationeller Mal-
technik hin — das rücksichtslose Drauf und
Drüber wie bei der dicken Oelfarbe fiel weg oder
 
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