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Münchner kunsttechnische Blätter — 2.1905-1906

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Nr. 15
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Jama, M.: Ein Beitrag zur Perspektive
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Sallwürk, Sigmund von: Noch einmal die Leinwandgrundierung
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https://doi.org/10.11588/diglit.36596#0063

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Nr. 15.

Münchner kunsttechnische Blätter.

59

Nachtrag.
In Betreff der praktischen Verwertung dieser
Perspektiv-Theorie möge das Folgende beigefiigt
werden:
Ich für meinen Teil vermeide nach Möglich-
keit solche „Zerrbilder", d. h. ich liebe Naturaus-
schnitte unter einem kleinen Sehwinkel betrachtet —
möglichst weit vom Objekte. Es gefällt mir aber,
sagen wir einmal auch ein Objekt im Vordergründe,
welches ich aber bloss von der Nähe malen muss,
wegen der Hindernisse, die hinter mir sind, sei es
eine Mauer, Hecke od. dergl. Nun, da muss ich
mich den Umständen fügen. Und ich müsste sehr
unehrlich gegen mich sein, wäre ich zufrieden
mit dem Abklatsche eines Objektes, das in der
Natur 5 m von mir entfernt ist, auf dem Bilde er-
scheint es mir aber auf eine Distanz von 15 — 20 m.
Das verändert gewaltig den ganzen Eindruck des
Bildes und es vermag an der Sache die beste Farbe
und Ton nichts zu ändern. Ich meine hier also
die Malerei, deren Aufgabe es ist, den Eindruck,
den die Natur auf uns macht, festzuhalten. Und
wenn wir uns hier abmühen, die feinsten Nuancen
in Farben und Licht zu fixieren, so meine ich,
wäre es unsere Pflicht, auch diese Abweichungen
der Linien zu berücksichtigen. Und, wie gesagt,
man tut es ja auch, unwillkürlich, naiv. Man
empfindet die Härte der Geraden, die Unrichtig-
keit des Raumes, man sucht den Fehler und ver-
sucht so lange, bis man das Rechte findet.
Was aber die andere Art der Malerei, die de-
korative, anbetrifft, so meine ich, dass sie bloss Ge-
schmack sei und dass die grossen dekorativen Maler
früherer Epochen aus lauter Geschmack die geraden
Linien tunlichst gemieden haben.


Auf folgende Art kann ich mir die Erschei-
nungen, von denen H. Itschner (Münchn. kunstt.
Bl. II. Nr. 6) geschrieben, gut erklären: Wenn wir
Fig. 3 so umdrehen, dass oben nach unten kommt,

so haben wir die Erklärung für die scheinbare Kon-
kavität der Ebene vom hohen Berge aus betrachtet.
Es bliebe mir nur noch die Krümmung der Linien,
die senkrecht zur Bißebene stehen, von denen auch
in jenem Beitrag die Rede war. Herr Itschner
scheint mir da über ein noch nie dagewesenes Weit-
winkelobjektiv im Auge zu verfügen, denn er sieht
Sachen, die hinter seinem Rücken stehen. Nehmen
wir unser Auge in O an (Figur 4). Nach dem
Prinzipe, das wir früher befolgt haben (HO = OK;
01 X OC), entsteht eine Krümmung der Linien zwi-
schen E und G, H und K; aber bei einem Sehwinkel
von 60" „befolgen" die Linien strikte die perspekti-
vische Regel, denn sie entfernen sich von uns gleich-
mässig. Man kann diese Konkavität gut beobachten,
wenn man in einem langen, schmalen Zimmer (am
Boden) liegend, die langen, geraden Plafondlinien
beobachtet. M. Jama.
Noch einmal die Leinwand-
grundierung.
Zu diesem Thema sind uns folgende Beiträge
zugesandt worden:
I.
Da es vielleicht allgemeines Interesse hat, möchte
ich Ihnen eine von mir geprobte und als ausgezeich-
net befundene Grundierung der Malleinwand mit-
teilen, und das Verfahren Ihnen zur eventuellen
Veröffentlichung überlassen.
Die Leinwand muss zuförderst mit einem aus
gutem Leim bestehenden Leimwasser geleimt wer-
den. Dabei ist zu bemerken, dass man die Lein-
wand nur sehr lose über den Keilrahmen befestigen
darf, da sie bei dem Befeuchten sehr stark einläuft
und den Rahmen krummbiegen, ja zerbrechen würde.
Wenn das Leimwasser getrocknet ist, wird die Lein-
wand abgebimst, um sie von allen Knoten zu be-
freien. Dann verfertige man aus Roggenmehl einen
Kleister von der Beschaffenheit des Papierkleisters.
Zugleich reibe man die gleiche Raummenge Pfeifen-
ton in Wasser an und vermenge beides miteinander.
Setze dann so viel Wasser zu, dass die Masse die
Konsistenz eines dicken Milchrahms erhält.
Wenn man die Grundierung farbig wünscht,
setze man noch etwas Hellocker und gebrannten
Hellocker zu, was man mit etwas Rebenschwarz
noch brechen kann. Dem Ganzen kann man noch
etwas Honig zusetzen.
Diese Masse bringt man mit einem grossen
Pinsel ein- oder mehrmal auf die geleimte Lein-
wand, wobei man beobachten muss, dass nicht
zu dick aufgetragen wird, da sonst der Grund
brüchig würde.
Man darf nicht besorgen, dass sich die Masse
etwa von der Leinwand löst oder bei mässigem
Auftrag bricht, da dieselbe nach dem Trocknen sehr
fest wird und kaum in heissem Wasser zu lösen ist.
Der Ton wird dieser Eigenschaft halber ja bekannt-
 
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