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Münchner kunsttechnische Blätter — 2.1905-1906

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Nr.17
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Berger, Ernst: Martin Knollers Anleitung zur Freskomalerei [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36596#0071

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Nr. 17.

Münchner kunsttechnische Blätter.

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falt aufstellen, zu diesem wählte ich verständige Leute.
Jeden Tag untersuchte ich mit grösster Sorgfalt, bevor
ich aufging zu malen, ob an dem Gerüste alles noch
in rechter Ordnung sich befinde. In Ettal war ich
auszumalen des Hauptwerkes beschäftigt, während
andere mit malen der Stokidorie (sic) Seitengänge sich
abgaben; ich muss es schreiben, dass jene wie es
gewöhnlich geschieht, mit der grössten Eifersucht
gegen mich erfüllt waren. Eines Morgens bemerke
ich, dass die Seile mit Scheidewasser bestrichen
waren, so dass, wenn man das Gerüst, wie gewöhn-
lich, belastet hätte, ich und alle heruntergefallen
wären. Wer dieses verübt, kam nie an den Tag. Meine
Vorsicht war doch gerechtfertigt. Ich Hess die Mauer
mit Mörtel bewerfen und zwar mein ganzes vor-
habendes Werk, jedoch, dass alles gleich ist; es darf
aber solcher Mörtel mit viel Steinchen vermischt
sein und Haaren, damit die nachfolgende Arbeit
desto fester halten werde und solcher Anwurf darf
ganz hart werden. Hernach sehe ich meine Zeich-
nung durch. Schon lange, bevor ich etwas anfing,
hatte ich es auf Papier gezeichnet und in der näm-
lichen Grösse wie das Original oder, wenn die Sache
zu gross war, verkleinert und mit Gitter versehen;
nun schnitt ich von meiner Zeichnung soviel ab,
als ich am selben Tag noch malen konnte und liess
selbe durch den Maurer mit feinem, aus altem Kalk
und gewaschenen Flussand so fein als möglich be-
reiteten Mörtel bewerfen und denselben so fein als
möglich ausbreiten; aber nicht grösser darf dieses
beworfen sein, als ich selbigen Tag noch malen kann.
Nach einer halben Stunde lass ich dieses Beworfene,
mit nassem Kalk vermischt, befeuchten, dann schneide
ich von meiner Zeichnung das Stück herab, welches
ich heute zu malen imstande bin, und trage ebenso-
viel Gitter auf. Zeichne dann mit einem spitzigen
Eisen die Umrisse entweder mit freier Hand in das
Gitter oder mit dem spitzigen Eisen durch das Papier
hindurch. Bei kleinen Sachen ist es auch hinläng-
lich, wenn man mit Kohlenstaub durch ein Lümp-
chen die vorher mit Löchern versehene Zeichnung
bestaubt. Jetzt geht das Malen an, jedoch ist zu
merken, dass man nicht eher zu malen anfange, als
bis man nicht leicht einen Finger darin drücken
kann, sonst verschwinden die Farben dermassen,
dass man keinen Schimmer mehr davon erblickt.
Sollte die Mauer zu rauh und grob sein, so breite
man einen Bogen Papier darüber und klopfe mit
der Hand darauf, so wird die Mauer ganz glatt.
Alle Farben jedoch, die man hierzu braucht, müssen
kräftige Erdfarben sein, indem man die anderen, als
Berlinerblau, Kromgelb, Lacke und wie sie alle
heissen, nicht brauchen kann, indem der Kalk sie

mente für die Sixtinische Kapelle auch Hängegerüste vorschlug,
die aber von Michelangelo als ungeeignet verworfen wurden.
Michelangelo konstruierte dann selbst nach einem vor ihm noch
nicht gekannten System ein Gerüst, das durch die eigene Schwere
Halt gewann (s. Condivi, Leben des Michelangelo Buonaroti,
Quellenschrift f. Kunstgesch. u. Kunsttechnik VI. S. S2).

mit seiner hitzigen Schärfe schon vor dem Malen
gänzlich verzehrt. Die Farben, welche hierzu er-
fordert werden, sind folgende:
Weisse: Kalkweiss, einen weiss geriebenen
Marmor und das Weisse von Eierschalen.
Rote: Englischrot, Bergzinnober, armenischer
Polus, Braunrot, Neapelrot, Heischroten Ocker, ge-
branntes Ambergergelb und gebrannten vermischten
Vitriol (wohl römischer Vitriol, Caput mortuum).
Blaue: Ultramarin, Kobaltblau,Schmälten einige
Sorten, extra präpariertes Bergblau.
Gelbe: Neapelgelb, alle Sorten Ocker und
Satinnober und endlich ungebrannte Terra de Siene.
Grüne: Veronesische grüne Erde, mehrere
grüne Erdfarben, welche man aus Thüringen und
Tirol bezieht.
Braune: Gebrannte und ungebrannte Umbra,
englisch Umbra, gebrannte Terra de Siene, Kandik-
braun (van Dyk-Braun?), Kasslerbraun und kölni-
sche Erde.
Schwarze: Frankfurter Schwarz, Beinschwarz,
schwarze Kreide, gebrannte PHrsichkerne und ge-
branntes Elfenbeinschwarz.
Diese Farben werden zuerst in Wasser gerieben,
sodann mit Kalkwasser in ihren Gefässen ordent-
lich angemacht. Das Kalkwasser wird zubereitet,
indem man alten Kalk in heissem Wasser vergehen
lässt. Das Kalkweiss muss man erst mit Wasser
vermischen, dann durchseihen und sitzen lassen,
giesst dann das daraufstehende Wasser ab, dann ist
es zum Gebrauch tauglich.
Das Eierschalenweiss. Das schönste dieser
Gattung wird bereitet, indem man die vorher ge-
säuberten und gewaschenen Eierschalen mit einem
Stück ungelöschtem Kalk sieden lässt, seicht sie
hernach durch, bespüle sie nochmal mit Wasser und
reibe sie hernach auf einem Reibstein so fein als
möglich, das Abgeriebene trocknet man an der Sonne
und hebt es zum Gebrauch auf.
Der Zinnober kann aussen an das Wetter
nicht gut gebraucht werden, jedoch innerhalb der
Gebäude, als Kirchen-Säle, lässt er sich auf folgende
Art gebrauchen. Ich nehme gemahlenen Bergzinnober
und tue ihn in ein aus Buxbaumholz bereitetes Ge-
schirr und übergiesse ihn mit siedendem Kalkwasser,
rühre es tüchtig um, lasse es stehen, giesse das
obere Wasser wieder davon ab und wiederhole die-
ses vier- bis fünfmal; so zieht der Zinnober den
Kalk an sich und verliert seine Eigenschaft so
nicht wieder.
Das römische Vitriol, im Ofen gebrannt, ist
eine wunderschöne rote Farbe, besonders wenn er
mit Glühwein abgerieben wird, mit Zinnober ver-
mischt, ist es so schön wie Carmin.
Das Neapelgelb wird in starkem Branntwein
abgerieben, getrocknet, wie andere Farben benutzt.
Das Kandykbraun, ein wunderschönes Braun,
wird zuerst mit Urin von Knaben abgerieben, ge-
trocknet, wie andere Farben benutzt.
 
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