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Northcote, James Spencer; Brownlow, William R.; De Rossi, Giovanni Battista [Hrsg.]; Kraus, Franz Xaver [Bearb.]
Roma sotterranea: die römischen Katakomben ; eine Darstellung der neuesten Forschungen, mit Zugrundelegung des Werkes von J. Spencer Northcote u. W. R. Brownlow — Freiburg i.Br., 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.12556#0268

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Allegorische Bilder.

235

Drittes Kapitel.

Allegorische Bilder.

Als zweite Klasse von Katakombenbildern stellen sich diejeni- Freiere Be-
gen dar, die zwar nicht geradezu als eine Eeproduction der vom ^p^f
Herrn gebrauchten Parabeln betrachtet werden können, aber doch beln in der
den in jenen Gleichnissen durchschlagenden Gedanken ausdrücken. alten
Wir nennen sie allegorische. Dieselben Principien der ehrist- Kunst-
liehen Symbolik, wie wir sie eben auseinandergesetzt, sind in ihnen
angewandt und eigentlich nur weiter entwickelt: es ist ein Fort-
schritt vom symbolischen Zeichen zu der künstlerischen Composi-
tion, zum Figurenbild. Statt eines einzelnen oder combinirter
Kunstzeichen finden wir jetzt ganze Scenen, die den in den Pa-
rabeln des Herrn ausgesprochenen Gedanken und den in ihnen
gegebenen Lehrgehalt darstellen. Damit soll keineswegs gesagt
sein, dass die alten Christen diese Bilder an den Wänden ihrer
Cömeterien und Kapellen geradezu in der Absicht anbrachten,
hier eine Auseinandersetzung der christlichen Lehre, gewisser-
maassen, um einen modernen Ausdruck anzuwenden, einen Bilder-
katechismus zu geben. Man hat sich die Sache anders vorzustel-
len. Da Sinn und Herz dieser unserer Vorfahren im Glauben
von gewissen religiösen Vorstellungen erfüllt und aufs Lebhafteste
ergriffen waren, so drängte es sie selbstverständlich, diesen Ideen
einen künstlerischen Ausdruck zu geben, der nun allerdings in
dem Beschauer wiederum die Erinnerung an jene Glaubens-
wahrheiten wach rufen und vertiefen musste. Die didaktische
Wirkung war vorhanden, aber unbewusst, nicht zunächst be-
zweckt.

Unter den Gleichnissreden des Herrn spielte diejenige über Der Wein-
den Weinstock und die Trauben namentlich in der Erinne- stock'
rung des ersten Jahrhunderts eine grosse Rolle *: vielleicht hat
man in der S. 77 wiedergegebenen Decoration des ältesten Theiles
von S. Domitilla eine Darstellung derselben zu erkennen. Dass
zwischen den Rebzweigen kleine geflügelte Genien — putti —
vorkommen, kann nicht gegen den christlichen Charakter des
Ganzen sprechen. Wir können nicht annehmen, dass hier Men-
schen oder Engel vorgestellt sein sollen: diese Genien sind unserer
Meinung nach als rein ornamental und accessorisch anzusehen.
Ohne Zweifel haben wir es hier mit Reminiscenzen der classischen
Schule zu thun, aus welcher die christlichen Künstler hervorge-

1 Pitra Spicil. Solesm. II. p. 449—458.
 
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