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Northcote, James Spencer; Brownlow, William R.; De Rossi, Giovanni Battista [Hrsg.]; Kraus, Franz Xaver [Bearb.]
Roma sotterranea: die römischen Katakomben ; eine Darstellung der neuesten Forschungen, mit Zugrundelegung des Werkes von J. Spencer Northcote u. W. R. Brownlow — Freiburg i.Br., 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.12556#0485

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Die Blutphiolen der Katakomben.

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obgleich derartige Funde aus den Katakomben mir nicht bekannt
sind. Dass im Alterthum eine Anzahl Märtyrer durch das Ein-
treiben von Nägeln in den Kopf, in Hände und Füsse u. s. f. zu
Tode gebracht wurden, dürfte ausser Zweifel stehen 1 und har-
monirt allerdings mit der Thatsache, dass am Rhein mehrere mit
Nägeln durchbohrte Schädel gefunden wurden, welche Braun
s. Z. als Reliquien der unter Diocletian gemarterten thebäischen
Legion zu erweisen suchte. 2 Das Gleiche konnte in Rom der
Fall gewesen sein, und man kann Aringhi nicht Unrecht geben,
wenn er auf solche hakenförmige Nägel, wie er deren einen be-
schreibt und abbildet 3, die Worte Tertullians bezieht: ,cervices
ponimus ante plumbum et glutinum et gomphos, id est clavos.' 4
Dagegen kann ich jene Unmasse von Nägeln, welche sich neben
den Skeletten in Katakombengräbern finden, nicht als Marter-
instrumente gelten lassen. Sie werden ebenso in heidnischen
Gräbern angetroffen und deuteten hier ohne Zweifel auf die dira
necessitas, auf die unerbittliche Parze des Todes, als deren Sym-
bol der clavus trabalis einmal bei den Römern galt. 5 Dass un-
gebildete und abergläubische Christen allem Anscheine nach diesen
Brauch ihrer heidnischen Vorfahren und Zeitgenossen beibehielten,
ist eben ein Seitenstück zu der Sitte, den Todten Münzen und
Talismane mit in die Gruft zu geben, und kann nach Allem, was
wir über das Herübernehmen heidnischer Gewohnheiten und An-
schauungen gesagt haben, nicht in Erstaunen setzen. Wie man
vom religiösen und ethischen Standpunkte über diesen Punkt ur-
theilen mag — der Archäologe dankt diesem Missbrauch jeden-
falls die Erhaltung manch' interessanten Denkmals des Alterthums
und die Kenntniss eines der merkwürdigsten Kapitel aus der Ge-
schichte des menschlichen Geistes.

Zweites Kapitel.

Die Blutphiolen der Katakomben.

Da man wusste, dass in den unterirdischen Grabkammern Verlangen,
Roms nicht bloss die Christen der ersten Jahrhunderte ihre letzte die Leichen
Ruhestätte gefunden hatten, sondern dass sie auch die Gebeine der Marty"

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unzähliger Märtyrer bargen, so wandte sich in gleichem Maasse Satiren,
die religiöse Begeisterung wie der antiquarische Sinn jenen Ent-
deckungen zu. Es war natürlich, dass man sich nach Anhalts-

1 Vgl. F. X. Kraus der hl. Nagel in der Domkirche zu Trier S. 44 ff.

2 Braun die Thebäische Legion, Bonn 1855.

3 Aringhi II. 376 ed. Paris. * Ter lull. Apol. c. 12.
5 Vgl. R.-RocheUe Mem. III. 257 ff.

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