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Viertes Buch.
Fig. 49. Die Leidensgeschichte. Sarkophag im Lateranmuseum aus dem vierten oder
fünften Jahrhundert.
Sarkophag Sarkophag, der an die spätesten Darstellungen von Christi Leiden
Latarum *n ^er ^christlichen Kunst erinnert. Seine Yorderseite ist durch
spiralförmig cannellirte korinthische Pilaster in fünf Felder ge-
theilt; der sich über den Säulen erhebende Giebel ist mit Scenen
aus der AVeinlese verziert. In dem Mittelfelde steht das Labarum,
umgeben von einem die Unsterblichkeit sinnbildenden Kranze und
von einem Kreuze getragen, auf dessen beiden Armen je eine
Taube steht: die Tauben picken an dem Kranze, wodurch die
Hoffnung auf die mit Christus zu theilende Krone der Unsterb-
lichkeit angedeutet wird, eine Erwartung, welche die Seele erfüllt
und nährt, wenn auch hienieden das Kreuz ihr einziger Ruheplatz
ist. Die Wache, welche Constantin zur Behütung der heiligen
Fahne bestellt hatte, ist durch zwei Soldaten unter dem Kreuze
dargestellt — ein Bild des Christenheeres, das, ob es schläft oder
Die Lei- wacht, lebt oder stirbt, seine Ruhe beim Kreuze findet. Zwei
densge- ^er Seitenfelder stellen den Herrn dar, wie er vor Pontius Pilatus
schichte, ^eugniss von sich ablegt. Ueber ihm hängt eine Krone zum
Lohne für diejenigen, welche Christus vor den Menschen bekennen.
Auf der anderen Seite setzt ein Soldat dem Herrn eine Krone
aufs Haupt, doch gleicht die letztere mehr der Krone der Herr-
lichkeit, dem Lohne für jene Dornenkrone, die Christus auf Erden
getragen hat. Das letzte Feld enthält eine Darstellung des Herrnr
wie er unter der Obhut eines Soldaten sein Kreuz trägt, doch
fehlen hier alle Anzeichen des Leidens, an welche spätere Künstler,
der Legende folgend, unsere Vorstellung gewöhnt haben; wiederum
schwebt die Krone über der Scene, denen zum Lohne, welche
dem leidenden Meister das Kreuz nachtragen. Ueber diesem Sarge
ist das Bruchstück eines anderen in die Mauer eingelassen: wir
sehen auf diesem Fragmente eine Anzahl Personen, welche auf-
merksam und ehrfurchtsvoll der Rede Eines unter ihnen lauschen^
während Andere von der nämlichen Gesellschaft das Liebesmahl
essenv'
Unter allen Sarkophagen des Lateranmuseums bietet vielleicht
das vollendetste Muster altchristlicher Sculptur ein Sarg, der
Viertes Buch.
Fig. 49. Die Leidensgeschichte. Sarkophag im Lateranmuseum aus dem vierten oder
fünften Jahrhundert.
Sarkophag Sarkophag, der an die spätesten Darstellungen von Christi Leiden
Latarum *n ^er ^christlichen Kunst erinnert. Seine Yorderseite ist durch
spiralförmig cannellirte korinthische Pilaster in fünf Felder ge-
theilt; der sich über den Säulen erhebende Giebel ist mit Scenen
aus der AVeinlese verziert. In dem Mittelfelde steht das Labarum,
umgeben von einem die Unsterblichkeit sinnbildenden Kranze und
von einem Kreuze getragen, auf dessen beiden Armen je eine
Taube steht: die Tauben picken an dem Kranze, wodurch die
Hoffnung auf die mit Christus zu theilende Krone der Unsterb-
lichkeit angedeutet wird, eine Erwartung, welche die Seele erfüllt
und nährt, wenn auch hienieden das Kreuz ihr einziger Ruheplatz
ist. Die Wache, welche Constantin zur Behütung der heiligen
Fahne bestellt hatte, ist durch zwei Soldaten unter dem Kreuze
dargestellt — ein Bild des Christenheeres, das, ob es schläft oder
Die Lei- wacht, lebt oder stirbt, seine Ruhe beim Kreuze findet. Zwei
densge- ^er Seitenfelder stellen den Herrn dar, wie er vor Pontius Pilatus
schichte, ^eugniss von sich ablegt. Ueber ihm hängt eine Krone zum
Lohne für diejenigen, welche Christus vor den Menschen bekennen.
Auf der anderen Seite setzt ein Soldat dem Herrn eine Krone
aufs Haupt, doch gleicht die letztere mehr der Krone der Herr-
lichkeit, dem Lohne für jene Dornenkrone, die Christus auf Erden
getragen hat. Das letzte Feld enthält eine Darstellung des Herrnr
wie er unter der Obhut eines Soldaten sein Kreuz trägt, doch
fehlen hier alle Anzeichen des Leidens, an welche spätere Künstler,
der Legende folgend, unsere Vorstellung gewöhnt haben; wiederum
schwebt die Krone über der Scene, denen zum Lohne, welche
dem leidenden Meister das Kreuz nachtragen. Ueber diesem Sarge
ist das Bruchstück eines anderen in die Mauer eingelassen: wir
sehen auf diesem Fragmente eine Anzahl Personen, welche auf-
merksam und ehrfurchtsvoll der Rede Eines unter ihnen lauschen^
während Andere von der nämlichen Gesellschaft das Liebesmahl
essenv'
Unter allen Sarkophagen des Lateranmuseums bietet vielleicht
das vollendetste Muster altchristlicher Sculptur ein Sarg, der