Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Picart, Bernard
Neueröffneter Musen-Tempel: welcher das allermerkwürdigste, aus den Fabeln der Alten in 60 auserlesenen und schönen Kupfern von Bernard Picart und andern kunstreichen Männern vorstellet ; mit deutlichen Erklärungen und Anmerkungen — Amsterdam u. Leipzig, 1754

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8922#0054

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
28

I O ETA R G U S.

te und ein Vater der Libya war; endlich sey sie auch felbst in dieses Land gegan-
gen, und habe den Osiris geheyrather. Man giebt vor, dass dieser Ofiris kein an-
derer sey, als der Apis, ein Sohn des Phoronaeus, zweyten Königs in Argos, wel-
cher das Königreich seinem Bruder Egialaeus uberlies, und 7 in Egypten reisete,
woselbst er regierte und nach seinem Tode unter dem Nahmen Serapis gottlich
verehret wurde. Dieses nun zum Grunde gefezt, werden die Umstande der Fa-
bel von der Iö und dem Argus aus solgende Art ausgeleget. Apis Konig in Ar-
gos hatte sich in die Iö verliebet, hierüber wurde seine Gemahlin Niobe , welche
auch Juno hies, eyfersüchtig, und gab die Iö ihrem Vetter, dem Argus, in Ver-
wahrung, dem die Poeten seiner Wachsamkeit halber hundert Augen beygeleget
haben. Diesen lies Apis durch einen seiner Vertrauten umbringen, feine Geliebte
aber furchte sich vor der Rachgier der Niobe und fuhr aus einem Schisse davon,
welches an seinem Vordertheile das Bildniss einer Kuhe hatte. Und daher hat die
Verwandlung ihren Ursprung.
Pausanias * glaubet, diese Prinzessin sey nicht so alt, als jene , davon wir ge-
sprochen haben. Er giebt .sie aus vor eine Tochter des Jafus, welcher ein Sohn
des Triopas, liebenden Königs in Argos war. Diefe Meynung trifst auch beiser
mit der Zeit-Rechnung überein: denn Danaus und Egyptus, die Ur-Enkel des E-
paphus, haben erft im Jahre der "Welt 2.509 gelebet9, und also mufte die Iö lan-
ge zeit nach dem Inachus gelebet haben , welcher doch etliche hundert Jahre vor
dem Mofes regieret hat.
Endlich erzehlet auch Herodotus 10, dass als einft Phenicier zu Argos, welche
damahls die vornehmfte 11 unter allen griechifchen Städten gewesen, angelandet
und ihre Wahren zum verkauf ausgeleget, wären eine gute Anzahl von Frauen-
zimmer an das User des Meeres gekommen und unter demfelben Iö, die Tochter
des Koniges Inachus: indem fie nun um die Dinge, fo ihnen angeftanden, gehan-
delt, hätten die Phenicier inzwifchen diefe Prinzeflin entführet und sie nach "Egyp-
ten hin gebracht, Also , fezt er hinzu , erzehlen die Griechen diefe Gefchichte:
die Phenicier aber gaben vor, Iö hätte fich selbft in den Hauptmann auf dem Schif-
se verliebet, und als fie gemerket hätte , dafs fie schwanger von ihm fey, fey fie
gutwillig mit ihnen davon gefahren, weil sie fich vor dem Zorne ihrer Verwand-
ten gefürchtet.
Wir wollen uns keines weges unterfangen, den wahren Grund der Fabel von
der Iö aus diefem Mifch-Masch von allerhand Erzehlungen heraus zu fuchen. Es
ift aber doch zu glauben, dafs folche von einer in Griechenland vorgesallenen Be-
gebenheit entftanden fey. Übrigens hat man gefaget, daß Inachus der Vatter der
Iö fey, dieweil er die Verehrung der Iiis in Griechenland aufgebracht, als er nach
Argos gezogen, wie denn auch einige Nahmens-Gleichheit kan verurfachet haben,
dass man feine Hiftorie unter der Iö ihre geworfen.
ANMERKUNGEN.

7 In Egypten reisete.] Der H. Auguftinus fchreibet da-
vonsolgender maasen: (b) „zu derselbigen zeit suhr Apis, Kö-
nig in Argos über das Meer nach Egypten, woselbst er ge-
" storben und nach seinem Tode der grofte Gott der Egypter
" unter dem Nahmen Serapis geworden ist". Varro aber erkla-
ret warum er nach feinem Tode nicht Apis, sondern Serapis ,
genennet worden. Das macht, iägt er, weil das Wort Sorot
auf griechisch einen Sarg bedeutet , da nun das Grab des Apis
fchon verehret worden vor der zeit, da man ihm einen Tempel
gebauet, fo nennte man ihn ansangs Sorofapis oder Sorapis und
nach der Hand Serapis , mit verwechselung eines einigen Buch-
ftabens, welches gar nichts ungewöhnliches ift.
Einige Gelehrten Jüngerer Zeiten (c) wollen nicht glauben ,
was der H. Auguftinus und Varro angezogener maasen geschrie-

ben haben i fie wollen , dafs Apis, 'Konig in Argos niemahls
nach Egypten gezogen, und dafs in diefem Lande niemahls ein
anderer Apis gewesen sey , als der Ochse dieses Nahmens. Al-
leine zu genauer Unterfuchung aller diefer Falle gehöret ein
grauerer Raum , als in welchem wir unsere Anmerkungen ein-
zuschüeflen Vorhabens*sind.
8. Pausanias.] In seinen Coritttbiacis.
9. Gelebet.] Siehe des P. Petau sein Rationarium Tempo-
rum, Part. 11. Lib. II. Cap. V,
10. Herodotus.] im ersten Buche.
11. Die Vornehmste.] Dieser Umftand ftreitet gegen alle
Wahrfcheinlichkeit. Denn Argos konte fo bald, als es von dem
Inachus angeleget worden war, wohl nicht den Vorzug vor al-
len Städten in Griechenland haben.

(») De Civitate Dei> 1. i». e. /• (*} Der Rittet Mtrthsm, in Ctm. Chren, und dei Abt Bani«i in S. Explic. hißoi. des Fable».

XI. PAN
 
Annotationen