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Picart, Bernard
Neueröffneter Musen-Tempel: welcher das allermerkwürdigste, aus den Fabeln der Alten in 60 auserlesenen und schönen Kupfern von Bernard Picart und andern kunstreichen Männern vorstellet ; mit deutlichen Erklärungen und Anmerkungen — Amsterdam u. Leipzig, 1754

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https://doi.org/10.11588/diglit.8922#0080

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46 ' XIX.
DIE
WUNDERBAHRE STEINERNE
BILDSEULE
DES
M E M N O N.
Memnonis faxea effigies, übt rad'ns Solis tacla eß , wcalem sonum
reddens.
Tacit. Annal. i.
Ls Troja von den Griechen belagert wurde , kam Memnon ein-
Sohn des Tithon und der Aurora , seines Vaters Bruder , dem Pria-
mus mit zoooo Man zu Hülse. Er lies seine Tapserkeit gar bald le-
hen: Erentes und Pheron muften über seine Klinge springen, und
Antilochus ein Sohn des Nestor , welcher jener beyden Tod rächen
wolte , wurde auch ein Schlacht-Opfer dieses muthigen Uberwinders. Endlich
aber muste ein so gefahrlicher Feind der Griechen durch das Schwerd des Grosen
Achilles gleichfalls sallen. In dem nun die Trojaner beschästiget waren , ihm die
lezte Ehre zu erweisen , konte Aurora den Corper ihres Sohnes nicht langer aus
den Scheiter-Haufen liegen sehen, sondern lief mit sügenden Haaren fort, siel dem
Jupiter zu Fuse und redete ihn unter Vergiesung vieler tausend Thränen also an:
„ Ob ich gleich die geringste unter den Gottinnen des Himmels bin , dieweil mir
„ die Menschen faß noch gar keinen Tempel gebauet haben , so komme ich doch
„ nicht hieher dich zu bitten, dass du etwa besehlen sokeft, mir Altäre auszurich-
„ ten, oder mir zu Ehren gewiiTe Opfer- und Feft-Tage anzuftellen. "Wiewohl
„ du felbst wirst bekennen musten , dass ich dergleichen wohl begehren könne,
„ wenn du in Erwägung ziehen willst , was ich der ganzen Welt dadurch vor
„ Nutzen schasfe, dass ich mit meinem Morgen-Lichte der sünftem Nacht ihre
„ Gränzen setze. Allein ich habe anietzo andere Sorgen , und ach ! die arme
„ Aurora ist heute nicht im Stande, um ihre wohlverdiente Ver-Ehrung anzuhal-
„ ten. Ach! ich habe meinen-Sohn, meinen lieben Sohn , Memnon verlohren,
„ welcher, da er (einem Vetter Priamus Beyftand leiften wollen, feinem Geschic-
„ ke entgegen gegangen , und in der schonften Bluthe feiner Jugend von dem
„ ftreitbahren Achilles ums Leben gebracht worden. Troste doch nun 6 du
„ Oberfter der Gotter, trofte eine hochbetrubte Mutter, beehre doch die Afche
„ meines Sohnes mit etwas, das ihm ein Anfehen vor andern machen und meine
„ Betrubnifs ein wenig ftillen könne." Jupiter horte diefe Bitte fehr gnädig an.
Der bereits angezündete Scheiter-Haufen erfchutterte fich , ein mit dicken Rauche
vermengter Wirbel-Wind flieg von dar auf und versinfterte die Luft; faft fo , als
die Diinste, die aus den Fluisen in die Hohe fteigen, welche die Sonne mit ihren
Strah-
ANMERKUNGEN.


nwiW^ Die Semeinfte Meynung ift diese, dass er in Egypten fey gebohren worden. Es meynen auch viele, dass
lelblt geftorben und niemahls nach Troja gegangen fey.
 
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