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Picart, Bernard
Neueröffneter Musen-Tempel: welcher das allermerkwürdigste, aus den Fabeln der Alten in 60 auserlesenen und schönen Kupfern von Bernard Picart und andern kunstreichen Männern vorstellet ; mit deutlichen Erklärungen und Anmerkungen — Amsterdam u. Leipzig, 1754

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https://doi.org/10.11588/diglit.8922#0142

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94 XXXIII.

S A L M A C I S
UND
HERMAPHRODITUS.
------]\Hßa duorum
Corpora funguntur^ faciefque inducitur Ulis
Una. —----------
Nec duoJunt-i fed sorma duplex; nec fiemina dici,
Nec puer ut poßt: neutrumquelß utrumque videtur.
O vid. Met. 4. vs. 373. de 378. feqq.
^P^^^^Ewisse Wasser-Nymphen erzogen chcmahls in den Höhlungen des
wß^Mmß Berges Ida ein Kind, wozu Mercurius Vater und Venus Mutter wa-
S^^^^S ren. Es kriegte den Nahmen Hermaphroditus, 1 von den beyden
Ä^S^S- Nahmen seiner Eltern, dieweil es von beyden etwas in seinem Ge-
M^^Sm sichte hatte. So bald es das funfzehende Jähr erreichet, so verlies es
das Gebiirge , woselbst es war erzogen worden , und gieng auf Reisen. Als es
nun nach°Carien gekommen war, stund es bey einem Brunn sülle, welcher
mit einem «etlichen Rasen eingefasfet, und detfen Wasser so helle war, dass man
biss auf den Grund hinab sehen konte. Die Nymphe Salmacis, die ihren Aufent-
halt darinnen hatte, war die einzige unter den Nayaden, welche der Diana unbe-
kant war. Die Jägerey stand ihr nicht an , ihr Leben brachte sie in Weichlichkeit
und Faullenzerey zu , und wenn sie etwas vornahm , so betraf es nichts anders,
als ihren Anputz. Damahls lag sie auf dem Gräse ausgestreckt, und suchte vor
langer Weile Blumen, als sie unsern jungen Reisenden ansichtig wurde. Kaum aber
hatte sie ihn gesehen, so wurde sie auch gleich brunstig in ihn verliebt: iedoch wolte
sie nicht gerne eher auf ihn losgehen, biß lie erst gesehen, ob sie auch zier-
lich genug geschmiicket sey. Hierauf lies sie sich die Liebe so sehr bemeistern,
dass sie ihm ihre Neigung mit solchen Redens-Arten zu erkennen gab , woraus er
die Hitze ihrer Begierden gnugsam erkennen konte. Hermaphroditus aber wuste
noch nicht, was Liebe war; er entfärbete sich, und da ihm die Schaam-Rothe
eine neue Annehmlickkeit beylegte , so gieng die Nymphe auf ihn los, ihn zu
umarmen. Der Jungling erschrok über ihre heftige Gemuths-Bewegung, und
wolte darvon laufen: alleine da dachte die Nymphe, sie mochte ihn gar verlie-
ren, daher sie sich steliete, als ob sie darvon gienge, und versteckte sich hin-
ter das Gesträuche. Da nun Hermaphroditus meynte , dass niemand um ihn sey,
und eine Zeit lang um den Brunn herum gegangen war , kleidet er sich aus, um
darinne zu baden. Salmacis wirft hierauf ihren langen Rock auch weg, und
springt
ANMERKUNGEN. \
1. Von den betden Nahmen &c] Penn die Griechen nennten den Mercurius Hermts und die Venu« Afkrtdite.
 
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