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Picart, Bernard
Neueröffneter Musen-Tempel: welcher das allermerkwürdigste, aus den Fabeln der Alten in 60 auserlesenen und schönen Kupfern von Bernard Picart und andern kunstreichen Männern vorstellet ; mit deutlichen Erklärungen und Anmerkungen — Amsterdam u. Leipzig, 1754

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https://doi.org/10.11588/diglit.8922#0239

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S T

FES.
Sunt gemlna Somni portce: quarum altera sertur
Cornea, qua veris facilis datur exitus umbris:
Altera candenti perfeBa nltens elephanto;
Sedsalsa ad ccslum mittunt infomnia Manes,
• ' . Virg. ^neid, c\ vs. 8^4. feqq.
Ey dem Eingänge in das unterirrdifche Reich ift eine tiefe Hoh-
le , in welche die Sonnen-Strahlen niemahls fallen können. Da-
felbft hält fich der Gott des Schlafes auf. Sein Palast hat zwey'
Pforten oder Thore. Eines ist von Horn, durch dasfelbige gehen
die wahrhaftigen Traume heraus. Aus dem andern aber, fo von
Elsenbein ift , fenden die unterirrdischen Gotter die eitelen und betruglichen
Traume nach der Erde. Die Thiere, welche der Erfinder diefes Bildes auf
das Gefimfe gefetzet hat, zeigen die Materie an, wovon die Thore gebauet
find. Sie werden hier ossen vorgefteliet, damit man die vielfaltigen Träume,
fo in diefem Palafte flecken , foll fehen können. Aus dem einen flehet man
nichts als wahrhaftes Elend und die traurigften Gefpenfter hervortreten, wo-
durch vorgebildet wird, dafs die Guter diefes Lebens falsch und betruglich,
die Muhfeeligkeiten desfelben aber alleine etwas wirkliches find. Durch das
andere aber kommen die lächerlichften Geftalten häufen-weife daher, nebft den
seltfamften und ungereimteften Abbildungen von Dingen , dergleichen niemahls
gewefen, und deren Unrichtigkeit durch die in die Lust gebaueten Schlosser an-
gedeutet wird. Innewendig hinter dem Geländere, welches um den ganzen Al-
tan über den Thoren herum gefuhret ift, flehet an einer Seite ein ausgehauenes
Bild der Diana oder des Mondes, dieweil fich, diefe Gottheit gemeiniglich die
Stunden über, da fichs am besten schiäfet, fehen läflet. Die Bild-Seule an der
andern Seite, welche Flügel hat und deren Gewand mit Sternen befetzet ift , soll
die Nacht, als eine Freundin der Ruhe , vorftellen. Sie hält zwey eingeschlase-
ne Kinder in ihren Armen , davon eines der Schlas, das andere der Tod feyn foll.
Das erhabene runde Dach-Werk in der Mitten , um welches eine Bogenweife ge-
sührte Zierrath von Blumen und Frucht-Kränzen und allerhand Nacht-Thieren
herum gehet, dienet nicht so wohl zur Verherrlichung diefes prächtigen Gebäu-
des, als vielmehr die Träume der Konige und Fiirsten unter einer so ansehnlichen
Kuppel zu verbergen. In der länglichten Höhlung, welche man in der Mauer
zwischen den zwey Psorten angebracht und aus deren Gefimse zwey schlasende
Geftalten, die eine Fledermaus mit ihren Flugein bedecket, ruhen , flehet eine
Bild-

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LX.

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P A L A

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