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Picart, Bernard
Neueröffneter Musen-Tempel: welcher das allermerkwürdigste, aus den Fabeln der Alten in 60 auserlesenen und schönen Kupfern von Bernard Picart und andern kunstreichen Männern vorstellet ; mit deutlichen Erklärungen und Anmerkungen — Amsterdam u. Leipzig, 1754

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https://doi.org/10.11588/diglit.8922#0165

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XL. 109
DER DURCH EIN MEERSCHWEIN
ERRETTETE
A R I O N.
Inde (fide majus) tergo Delphina recurw
Se memorant oneri fuppofuijfe novo,
lüe Jedem citharamque tenet, pretiumque vehendi
Cantat-) Iß <equoreas carmine mulcet aquas.
Di pia facla wideM: aßris Delphina recepit
Jupiter, &ßellasjußt habere novem.
Ovid. Fast. z. \s. 113. seqq.
Rion, ein berühmter Poet, und der groste Sanger und Sayten-Spie-
ler seiner Zeit war geburtig von Methymna auf der Insel Lesbos Ge-
legen. Nachdem er einige Jahre an dem Hofe des Königs Periander
zu Corinth gelebet hatte, 1 reisere er seiner Kunst nach in Italien und
Sicilien; und da er auf solchem Zuge ziemlich Geld gemachet hatte,
sezte er (ich zu Tarentum zu Schiffe, in Meynung, wieder nach Corinth zunicke
zu kehren. Als er nun mitten aufs Meer kam, beredeten sich die Schisf-Leute un-
ter einander, sie wolten ihn ins Wasser werfen, damit sie seines Reichthums hab-
haft wurden. Arion aber merkte ihr Vorhaben und both ihnen selbst alle seine
Schatze an, nur damit sie ihm das Leben schenken mochten: alleine diese Unmen-
schen dachten, er mochte sie hernach verrathen, und sezten ihm scharf zu, er soke
sich entweder ins Wasfcr sturzen oder selbst ermorden , wenn er sein Grab <*erne
in dem Schose der Erde haben wolte. In solcher eusersten Noth nun bath er sie,
dass sie ihm doch wenigstens vergönnen mochten , vor seinem Tode noch einige
Sterbe-lieder abzusingen. Das Schiffs-Volk wurde selbst auch lustern, den besten
Meister auf der Welt singen zu hören , und gewährete ihn seiner Bitte. Hierauf
legte Arion seine kostlichsten Kleider an, ergriffe sein Sayten-Spiel und sang so be-
weglich , dass auch so gar viele Delphinen oder Meer-Schweine durch die Lieb-
lichkeit seiner Music herbey gezogen wurden und in groser Menge um das Schisf
herum kamen. Als er nun ausgesungen hatte , sprang er ins Meer, da ihn dann
ein Delphin auf seinen Rucken biß an das Vorgebürge * T^enarum trüge. Von
dar gieng er vollends zu Lande nach Corinth und erzehlte dem Konige die Wun-
derns-
ANMERKUNGEN.
1. GeLEBET hatte.] Wir haben diese Geschichte fast von storben sey , dieweil Arion verseisen habe , ihm wieder ins Waf_
Wort zu Wort aus dem Hcrodotus (a) entlehnet : aus welchen ser zu helsen; und dass Periander selbiges habe begraben und ihm
sie auch Plinius (b) , A. Gellius (c) , Lucianus (d) und andere einen Gedenkstein setzen laisen. Einige (/) wollen auch , dais
Scribenten nach gebethet. es eben der Delphin sey , welcher unter das Gestirne gesetzt t
2. Das Vorgebürge Tjenarum.] Hyginus (e) fuget noch worden,
bey, dass das Meer-Schwein aus dem trocknen sandigen User ge-


(«) Lib. 1. (£) Lib. 5, c. 8. (t) Ntss. Axt. 1. 16, c. ij, (d) Dial. de Mrps. ir Dilsh. (c) Fab. 194.. (/) By^in. Assron. Poet, Ovid. Faft. 2,
Ee
 
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