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Picart, Bernard
Neueröffneter Musen-Tempel: welcher das allermerkwürdigste, aus den Fabeln der Alten in 60 auserlesenen und schönen Kupfern von Bernard Picart und andern kunstreichen Männern vorstellet ; mit deutlichen Erklärungen und Anmerkungen — Amsterdam u. Leipzig, 1754

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https://doi.org/10.11588/diglit.8922#0021

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II.

DIE RIESEN,

ODER
DIE TITANEN.
Exßruere hi montes ad sidera summa parabant.
Et magnum hello follicitäre Jovem.
Fulmina de cceli jaculatus Jupiter arce
Verth in auBores pondera vaßa Juos.
Ovid. 5. Faft. 3P —4i.
Ie Riesen, welche aus dem Blute des Ccelus, das aus der ihm von sei-
nem Sohne Saturnus angebrachten ' Wunde auf die Erde fiel, ent-
fprolten, waren ihrer * Geitalt und außerordentlichen Grofe nach
erfchreckliche Menfchen , iedoch machten fie ihre Lafter und Aus-
fchweifungen noch weit erfchrecklicher. Ihrer Starke wegen wurden
sie ubermuthig, und weil nichts auf Erden war, das ihnen hatte wiederftehen kön-


nen.

ANMERKUNGEN.

t. Wunden.] Saturnus entmannete vermittelt einer Sichel
und mit einem Schnitte seinen Vater Ccelus; und da brachte die
Erde , welche mit dem Blute aus sothaner Wunde befeuchtet,
worden, diese Riefen zur Welt.
2. Gestalt.] Man ftellet sie übermenfchlich gros vor, gleich
als Coloflös, mit Drachenfusien und von abseheulichen Anfehen,
sie kamen in dem Streite mit den Gottern alle um ; und einige
wollen , daß die Schlangen und andere gifstige Thiere aus ihrem
Blute erzeuget worden.
Die vornehmften davon waren Typhceus oder Typhon, (wel-
cher osstmahls mit dem Encelades vermenget wird) Egason, En-
celades und Briareus. Egaeon und Briareus hatten iedser hundert
Hände und sünszig Kopfe. Jedoch Typhon war der allerfchreck-
lichfte, so wohl na:h der Grofe als Starke : Man leje die folgende
Erzehlung nach. Die Gotter nun wurden bey Erblickung diefes
entfetzlichen Unmenfchens fo in Furcht gefetzet, daß fie in E-
gypten entflohen. Inzwifchen ftritte Jupiter fo ftandhaffng wie-
der die Riefen > dafs er endlich den Sieg erhielte : Er stürzte fie
in die Holle und warf die großen Berge auf fie , damit fie nicht
wieder zum Vorfcheine kommen solten. Die Erklärung von
diefer Fabel kan man in der fünften Anmerkung finden.
3. In den Phlegrischen Feldern.] Die Alten haben
diefer Felder in zwey verfchiedene Lander der Welt gefetzet,
nemlich in Italien und Thesfalien. Tzetzes will fie gar in Thra-
cien finden , und andere in Cherfonesus. Diodorus focht sie un-
weit Cuma, und Polybius zwischen Capua und dem Berge Vefu-
vius. Sie find blos durch den Riefen-Krieg berühmt geworden.
4. Ihre eigene Nahmen ] Den Urfprung und die Aus-
legung dieser Nahmen nebft der Urfache ihrer Verwechfelung
Zeiget die folgende Anmerkung.
S- Sehr leicht verthaidiget werden.] Damit man
besser verftehe , worauf ihre Gerechtsamen gegründet waren,
und woher diefes Kriegs-Feuer entftanden , fo ift nöthig, die
Gescblechts-Hiftorie diefer Riefen zu erzehlen , auf die Art, als
7? rv cH ^en Schreibern zufammen getragen worden , welche in
diefe bachen am tieffften eingefehen haben. v
Ccelus(a) oder Vranus war ein Sohn des Agmons und ein En-
kel des Oomers. Agmon war aus der Jagd umgekommen ; und

(a) Hefiod. TA«2. Homeruj Fuhemer Hils s w„„,v

weil er sich durch allerhand Siege berühmt gemacht hatte, fezten
ihn seine Kinder unter die Gotter. Sein Sohn Ccelus war ein
tapferer Prinz , er machte sich Furcht bey seinen Nachbarn und
eroberte Thracien, Phrygien, die Infel Greta und ein Theil von
Griechenland. Er zeugete mit feiner Schweiler Titasa unterfchie-
dene Kinder, unter andern aber den Titan , den Hyperion, den
Japhet und den Saturnus; und zwey Tochter Rhea und Themis.
Der jüngfte Sohn Saturnus wuste ein Kriegs-Heer auf die Beine
zu bringen , mit Hülfe deffen er feinem Vater ein Theil feiner
Lander wegnähme, worüber diefer vor Verdrusse starb, wiewohl
andere vorgeben , dafs eben dieser Sohn seinen Vater mit einer
Sichel seine Mannheit genommen. Titan erzürnte sich, dafs ihn
sein Bruder so hintergangen , und wolte daher so wohl fein Erst-
geburts-Recht zu behaupten fuchen , als auch feines Vaters Ura-
nus Tod rächen. Jedoch Saturnus wufte durch Beystand einer
ftarken Parthey und unter dem Schutze feiner Mutter Titaea lieh
wieder alle Unternehmungen feines Bruders zu ^erhalten und
zwunge diefen , dafs er ihm alle feine Ansprüche überlassen mu-
fte, iedoch mit dem Bedinge, dafs Saturnus keinen Sohn ausziehen
solte, mithin nach feinem Tode Titan oder feine Kinder wieder
auf den Thron fteigen könten.
Nach diesem Vertrage (b) nahm Saturnus erft den königli-
chen Titel 'an und gebrauchte fich der Kenn-Zeichen königli-
cher Würde , Krön und Zepter ; und wird dafür gehalten (c),
daß er der erste gewefen, so dergleichen gebrauchet. Da er nun
die Krone ruhig tragen konte, fchlug er feine Refidenz in Phry-
gien auf und beobachtete den mit Tican gemachten Vertrag aufs
heiligfte , indem er alle Sohne, fo ihm gebohren wurden , den
Götzen oder vielmehr der Seele seines Vaters Ccelus aufopferte.
Alleine Rhea oder Ops , feine Schweiler und Gemahlin, wuste
durch Lift den Jupiter zu erhalten , indem sie ein anderes Kind
an seine Stelle dem Saturnus zu opfern hinlegte, und fchickte ihn
in der ftille nach Creta , allwo die Curetes fich feiner annahmen
und ihn in den KlüsFten des Berges Ida auserziehen liefen , da
ihm die Ziege Amakhea ftatt einer Amme diente , welche auch
hernächmahls in ein Geftirne verwandelt worden. Und auf der-
gleichen Art find Neptunus und Pluto vermudilich auch erhalten
worden.
Inzwischen hatte Titan Wind gekriegt, dass er betrogen wur-
de,
«/. L*ß. & Etisil. Apollodor. LH. 1. Sanchoniath. *s Sufii. Dom Fezren Antiq. de la Laugue de» Cell«.
 
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