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Picart, Bernard
Neueröffneter Musen-Tempel: welcher das allermerkwürdigste, aus den Fabeln der Alten in 60 auserlesenen und schönen Kupfern von Bernard Picart und andern kunstreichen Männern vorstellet ; mit deutlichen Erklärungen und Anmerkungen — Amsterdam u. Leipzig, 1754

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https://doi.org/10.11588/diglit.8922#0020

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DAS CHAOS. 3
uns durch die Wolken , welche das meilte dieses Gemahldes ausmachen, eine
unendliche Finßermjs sehen ; und in dem Gewolke selbst erblicket man eine wun-
derliche Vermischung von Waffer , Teuer , Erde , Rauch , von Winden , den
Zeichen des Thier-Kreyjes 3 , und andern Sternbildern mehr, welche er recht mit
Fleiss unordentlich untereinander geworfen hat, um die Unordnung , welche da-
mahls in dem grosen Welt-Raume gewesen seyn soll, einiger maasen abzumahlen»
Da slehet man, wie der Wajfermann 4 , im Gestirne den Löwen * am Himmel nass
machet, wie der Schütze 6 seine Pfeile nach den Zwillingen 7 zu abdrucket, der
Steinbock 8 will den Krebs 9 anpacken, der Scorpion "'wehret lieh gegen den
Stier die Jungfrau 11 tritt die Fi/che 13 unter ihre Fuste , der Widder 14 sttfset
die Waage-Schalen l>~ unter einander, der Hund 16 bellet die Schlange 17 an, welche
ihre giftigen Zähne gegen ihn wetzet, und der Bar l8thut, als ob er nach der Son-
ne zu klettern wolte. Die Sterne hat er alle unordentlich herum geschmiisen:
einige hangen an den Feijen , andere liegen im Feuer oder JVaJJer , und nebst viel
andern Dingen mehr hat auch des Mahlers 19 Nähme sein Stellgen am Himmel be-
funden. Mancher konte an dieser Schilderey auszuserzen finden , dass man die
bereits von einander geschiedene Elemente und die neuerlich erdichteten Sternbil-
der bey diesem Abriise des Chaos mit angebracht: Alleine es ist gar wohl erlaubt,
die gewöhnlichen Kunst-Regeln manchmahl ein wenig aus den Au^en zu setzen'
zumahl bey einem so schwehren und wunderlichen Innhalte , da auch die aller-
strengsten Nachfolger der Wahrheit nicht einmahl zu einer rechten Wahrschcin-
lichkeit iemahls gelangen werden.

A ,N M E R K U N G E N.

der Eupheme , welche vor der Muten Seug-Arrime ausgegeben
wird. Soiitheus , ein Poet, welcher Trauerspiele geschrieben,
saget, dass Croto auf dem Berge Hclicon gew ohnet. Seine gan-
ze Verrichtung bestund in der Jagd, und nach seinem Tode wur-
de er auf Ansuchen der Mufen unter die Sterne versetzet.
7. Die Zwillinge.] Das Zeichen des May Monats, oder
Castor und Pollux, denen Neptunus Macht über die Schisfbruche
gegeben. Andere wollen, dass es Hercules und Apollo , andere
das es Triptolcmus und Jason sey.
8. Der Steinbock.] Das Zeichen des Decembcrs. Weil
es einem Bock oder einer Ziege gleichet, so haben einige gc-
wahnet, dass es die Ziege Amalthea sey , welche dem Jupiter in
seiner Kindheit ihre Milch geschenket. Andere haltens vor den
Pan, welcher über die AnkunsTc des Riesen Typhon in Egypten
so von Furcht eingenommen wurde , dass er lieh von oben in
einem Bock und von unten in einem Filch verwandelte; Woraus
ihn Jupiter Zu lieh in den Himmel zog.
9. Den Krebs.] Das Zeichen desjunius oder Heumonats.
Dieser Krebs wurde von der Juno an den Himmel gefeit, nach-
dem ihn Hercules bey dem Kampfe mit der Lernilchcn Waller-
Schlange mit dem Fülle zertreten hatte.
10. Der Scorpion.] Das Zeichen des Oktobers. Dieser
Wurm ssach den Orion aus der Jagd. Orion aber wurde aus dem
Urin des Neptunus und Mcrcurius gebohren, wodurch diese ihre
Dankbarkeit gegen den Hyreus bezeugten , welcher sie in einer
Beotischen Stadt sehr freundlich ausgenommen hatte. Er war
.ein groser Liebhaber der Jagd , als er aber eines Tages der keu-
schen Diana , da er sie alleinc antras, etwas unanstandiges zu-
muthete , wustc diese ihn mit ihren Pfeilen so wohl zu treffen,
dass er seine Kühnheit mit dem Leben bezahlen musse. Jupiter
wurde darüber zum Mitleiden bewogen, und machte den er-
fchosfcnen zu einem Gestirne.
11. Den Stier.] Das Zeichen des Aprils. Das ist der Stier,
der die schone Europa weggesuhret, wie Euripides will; Andere
haltens vor die Kuh Io : Vossius (de ldolol. I. \. c. 29.) glaubet,
dass es Joseph oder Osiris sey , welchem die Egyptcr einen Platz
unter den Sternen gegeben , dieweil ihnen Ofiris den Ackerbau
seiehret und Joleph he gespeiset und durch sein ausgeschüttetes
[orn das Land van der Hungers-Noth besreyet. Der Stier aber
ift ein Sinnbild des Korns oder Getraidcs.
12. Die Jungsrau.] Das Zeichen des Augusts. Es ist die
Jungfrau Astraea oder die Gerechtigkeit. Andere sprechen hinge-
gen , dass es Erigone, die Tochter des Icarius fey.
13. Die Fische.] Das Zeichen des Februarius oder Hor-
nungs. Sic sind zum Gedachtniss der Venus und ihres Sohns des
Cupido , dass sie sich einft aus Furcht vor den Riesen Typhon in
Fische verwandelt, unter die himlischen Zeichen gestellet worden.

14. Der Widder.] Das Zeichen des Merzen. Das ist der
Widder mit dem goldenen Felle, aufweichen Phryxus und seine
Schweiler Helle davon ritten , als lie der Versolgung der Jno »
deren Ehgemahl Adamas Konig zu Theben war, entgehen Wol-
sen. Helle, als sie iähe , dass lie mitten in den Wellen und nur
auf einem Widder sich befände , fiel vor schrecken ins Meer,
und daher hat der Hcllcspont seinen Nahmen. Phryxus aber
kam glücklich nach Colchis und opserte das Thier , woraus er
den sclzamcn Ritt gethan hatte , dem Jupiter , welcher hernach
den Widder an den Himmel sezte. Andere sagen , dass es der
Widder seyn sollc, welcher dem in der Lybischen Wüste verirr-
ten und vor Durste schmachtcndcn Bacchus einen Brunn ge-
zeiget.
i<j. Die Waage-Schalen.] Das Zeichen des Septembers.
Dieses Zeichen ist eigentlich ein Stuck von dem Geftirne des
Scorpions. Es ili die Waage der Aitrara , der Göttin der Ge-
rechtigkeit , welche in der eifernen Zeit durch der Mcnschen
Bosheit von der Erde vertrieben worden und sich nach dem
Himmel begeben.
16. Der Hund.] Auch Procyon genant. Das ist der Hund
des Gephalus, oder des Orion feiner; oder nach des Hyginus Mey-
nung.dic Hundin des Icarius,Mera genannt. Diefe Hündin ent-
deckte durch ihr Heulen der Erigone , als der Tochter des Ica-
rius, den Platz, da ihres Vaters Leiche war, als ihn die Attilchen
Schaaf-Hirtcn ums Leben gebracht hatten.
17. Die Schlange.] Nach einiger Meynung ist dieses die
Schlange, welche an den Wagen de:; Triptolemus, der ein guter
Freund der Geres war, gespannet gewefen.
18. Der BaR.] Oder das Angcl-Gcftirn: die Caüsto, welche
von der Juno aus Eysersucht in eine Bärin verwandelt und hier-
aus von ihrem Sohne Areas , der unter den Sternen Ardtophylax
heist, verwundet worden. Es giebt zwey Geftirne dieses Nah-
mens , den Grolen und Kleinen Bar , welche beyde nicht weit
von dem Nord-Angel ssehen, und sonft auch der Wagen genen-
net werden.
19. Des Mahlers Nähme. ] Dieser heist Abraham Die-
penbeck, gebürtig von Herzogenbusch; Er war ein Lehrling von
Peter Paul Rubens, und hat die Bilder zu diesen Buche mit hel-
sen zeichnen. Johann Meyssens, welcher das Bildnils dieses Die-
penbecks unter die bcrühmteltcn Niederlandifchen Mahler geftel-
let , berichtet uns in feinem Buche : Die Abbildungen der Mak-
ler: genannt, dass Diepenbeck zu feiner Zeit alle die, so aus Glas
gemahlet , ubertroffen , nach der Hand aber die Mahler-Kunlt
auch aus allerhand andere Arten zu Antwerpen getrieben habe,
woselbft er auch noch im Jahre 164.9 , in welchen Meyflens ge-
dachtes Buch ans Licht gcltcllet, mit vielen Ruhme gelebet. Paul
Foniius hat ihn in Kupser geftochem
A z II DIE
 
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