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Picart, Bernard
Neueröffneter Musen-Tempel: welcher das allermerkwürdigste, aus den Fabeln der Alten in 60 auserlesenen und schönen Kupfern von Bernard Picart und andern kunstreichen Männern vorstellet ; mit deutlichen Erklärungen und Anmerkungen — Amsterdam u. Leipzig, 1754

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https://doi.org/10.11588/diglit.8922#0061

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SEMELE. 33

Hierauf fahrt er mit allen Zeichen seiner Hoheit angethan , hin unter nachdem
Pallaste der Prinzeisin. Allein eine blofe Sterbliche konte der Gewaltsamkeit die-
ses himmlischen Feuers nicht wiederstehen i Semele wurde also von den Flammen
verzehret. Das Kind 2 womit Tie fchwanger war, würde mit ihr verlohren gegan-
gen seyn, wenn Jupiter selbiges nicht weggerissen und in seinem dicken Beine ver-
borgen hätte, woselbft er es auch so lange zeit eingeschlossen hielte, als es noch in
Mutter-Leibe hätte bleiben solien. Ino3seiner MutterSchwefter,wurde feine Seug-
Amme und Wärterin; und endlich wurde es von den Nymphen zu Nysa 4 in den
Hohlen dah>er Berge verborgen und aus Befehl des Jupiter auch von ihnen erzo-
gen.
ERKLÄRUNG DER FABEL.
Uber diefe Fabel kan man nichts anders als hochft ungewiße Muthmaasungen
machen. Semele hat vermuthlich mit iemand ein heimliches Liebes-Verftändnifs
getrieben, welches hernach ausgebrochen , da denn , ihre Ehre zu erhalten , aus-
sprenget worden, als wenn Jupiter ihr Lieb-haber gewefen. Einige Scnbenten
sacren, dafs fie vom Donner erfchlagen worden. Andere ' geben vor, Cadmus
habe,' aus zorn wieder he , fie und ihr Kind in einen Kaden gefchlossen und den
Meeres-Wellen übergeben , und da wäre folcher nahe bey Brafia an den Laconi-
fchen Kütten angetrieben worden , man habe aber die Semele tod gefunden und
ihr ein prächtiges Begrabnifs gehalten.
Diodorus aus Sicilien 6 erzehlet von dem Bachus, dass er aus feinem Zuge nach
Indien cinft fo fehr von der Hitze geplaget worden, dafs er aus dem platten Lan-
de entweichen und sich in die Oefnung eines Berges verkriechen muffen , welcher
Meros 7 geheilten, das ist: das dicke Bein ; und diefes hat den Griechen Gelegen-
heit gegeben zu erdichten , dafs Bachus in das dicke Bein des Jupiter eingefchlo£
fen gewefen.

ANMERKUNGEN.
2. Das Kind.] Dieses ist der Bacchus. Philoftratus (*) er- umstandlich beybringen. v
zehlet, dafsdrey verschiedene Prinzen diefes Nahmens geweien, 3. Ino &c] Apollodorus (c) erzehlet , die Juno hatte ihren
ein Thebanifcher, ein Indianifcher und ein Assyrifcher. Der In- Zorn wollen an der Ino und an ihrem Ehemann , dem Athamas
dianifche war nach des Sicilianifchen Diodori Bericht , ein Sohn aus laflen , daher hatte fie gemachet , dafs diefer feinen eignen
des Jupiter Ammon und der Amalrhea , man nennete ihn insge- Sohn , den Learchus auf der Jagd vor einen Hirfch anfehen mul-
mein den Bartigen , weil er nach Art der Indianer feinen B.irt sen und erfchoflen , wie auch dais Ino fich nebft ihrem Sohn«
hatte lang flehen laflen. Den Asfyrifchen hielte man vor einen Melicertus ins Meer getturzet; da hatte dann Jupiter , um den
Sohn der Ceres j dieweil er den Aflyriern den Ackerbau zu erft kleinen Bacchus auf einige zeit ihrer Wuth zu entziehen, felbigen
gelernet hatte Der Thebanische war ein Sohn des Jupiter und in einen Bock verwandelt; hernach aber hatte ihn Mercurius zu
der Semele Cicero (b) rechnet ihrer wohl fünfe. Eritlich einen, den Nymphen um die Stadt Nyfa herum gebracht, welche ihn
deflcn Eltern Jupiter und Proferpina foUen gewefen seyn Der dann vollends aufgezogen hatten.
andere hat den Nilus zum Vatter; er hat auch die Stadt Nysa er- 4.. Zu Nysa.] In Arabien war fo wohl eine Stadt als auch ein
bauet. Der dritte, deflen Vater Caprius genennet wird, war ein Berg diefes Nahmens.
Afiatifcher Konig , man gab ihm den ßeynahmen Sabazius. Die 5. Andere geben vor.] Nemhch Paufanias in Lacomäs.
Feyer-Tage , lb ihm zu Ehren angettellet waren , wurden des Diefer fuget noch bey , dafs , nachdem Bacchus aus dem Meere
Nachts gehalten und Sabazia genennet. Der vierte war ein Sohn sey gerettet gewesen , die Ino , welche damahls irrend herum
des Jupiter und der Luna; die Orpheißhe Feft-Tags-Luft war ihm schweifte , ihn gefeuget und gewartet ; und dafs man noch zu
feweyhet. Der fünfte endlich war ein Sohn der Thyone und des feiner Zeit die Hohle, worinne fie ihn folle erzogen haben , ge^
Ufas. 2-riger. une die Bacchus-Hohle genennet habe.
All die weil Bacchus die eigentliche Materie diefes Kupserblat- 6. Diodorus aus Sicil.1 Lib II.
te» nicht ist , also wollen wir auch defTen Geschichte hier nicht 7. Meros.] Qy. Curaus fpricht auch davon, Lib. VIII.
{*) In dem leUen des Apollonii. (*) Dt a'*r. Dm, lib. 5. («} Lib 3. de Orig. Deot.

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XIII. DIE
 
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