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Picart, Bernard
Neueröffneter Musen-Tempel: welcher das allermerkwürdigste, aus den Fabeln der Alten in 60 auserlesenen und schönen Kupfern von Bernard Picart und andern kunstreichen Männern vorstellet ; mit deutlichen Erklärungen und Anmerkungen — Amsterdam u. Leipzig, 1754

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https://doi.org/10.11588/diglit.8922#0073

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E N D Y M I O N. 41
tungen, haben Gelegenheit gegeben zu Tagen, er liege in einem immerwährenden
Schlafe; man fuget auch noch "bey , dass er dreysig Jahre nach einander geschlafen
habe, dieweil ergeben so lange Zeit in Betrachtung des Gestirnes zugebracht.
Andere Scribenten sind der Meynung, dass Endymio'n sich etwa an einem Hofe
aufgehalten und sich in die Konigin an leibigem verliebet habe, welches dann der
Konig gemerket, und ihm entweder die Thure gewiesen oder gar ins Gefangniss
setzen laßen. Aus dieser Erzehlung nun ist gar leicht7 zu sehen, warum man her-
nach gedichtet, dass Endymion die Juno zu seinem willen habe zwingen wollen
und deswegen von dem Jupiter zu einem immerwahrenden Schlafe verdammet
worden.
Die Fabel-Lehrer sind seiten über alle Umstande einer Fabel eins; davon diese
gegenwartige ein Exempel abgiebt. Einige davon wollen, dass die Mond-Gottin
Luna selbst den Endymion in einen Berg verdecket, um ihn der Rachgier des Ju-
piter zu entziehen , allwo sie ihm hernach alle Nachte zugesprochen \ ja sie geben
gar vor, dass die Keufche Diana 8 etliche Kindergen von ihm gehohlet.

ANMERKUNGEN.

Man schreibt ihr auch grose Gewalt bey Entbindung schwan-
gerer Frauen zu, da sie denn Lucina oder Opis heist , aus Ursa-
chen, weil sie bey ihrer Mutter Latona , als diese den Apollo ge-
bühren, Heb-Ammen-Dienste gethan:
Monitum eußos, nemorumque virgo,
Qua laborantes utero puellas
Ter vocata audis, adimisque letho,
Diva trisormis. (<?)
Alles was man von der Diana aufgeschrieben findet, ist mehr
fabelhaft als wahrscheinlich , oder man hat sie doch wenigstens
nur vor eine aus der Natur erdichtete Gottheit anzusehen. In-
Zwischen scheinet doch Cicero (b) würklich zu glauben, als ob
einige Personen dieses Nahmens gewesen waren. Er redet aber
von drey unterschiedenen. „Die eine, sagter, war eine Toch-
„ ter des Jupiter und der Proserpina: die zweyte hatte ihre Er-
» Zeugung dem Jupiter und der Latona zu danken : diese ist
3, weit bekanter als jene: die dritte war eine Tochter des Upis
„ und der Glauce; die Griechen nennen sie vielmahl Upis nach
„ ihrem Vater". Cicero mag wohl allem Ansehen nach nur von
den Griecbischen Dianen reden » welche alle nichts anders als
nach-affungungen der Egyptischen Diana sind , diese aber ist weit
alter als jene alle zusammen. Die Egypter nennten sie (c) Bubas-
tis , und nach ihr ist auch die Stadt dieses Nahmens genennet
worden. Herodotus (d) erzehlet , daß sie in dieser Stadt einen
prachtigen Tempel gehabt, welchen er auch so wohl, als die ihr
zu Ehren gehaltene Fest-Tage umständlich beschreibet.
Strabo (ej gedenket noch einer andern Diana , Britomartis bey-
genahmet, deren Vater Eubalus gewesen. Minos, welcher in sie
verliebt war, verfolgte sie eines Tages so hart , dass sie ins Meer
sprang , worauf sie einige Fischer in ihren Netzen fiengen , wo-
durch sie den Nahmen Diclynna uberkam , denn Diäya heist im
Grieichischen so viel als Ketze.
•j. Leicht zu sehen.] Es ist nur schade , dass eine so gar
naturliche Erklärung kein einiges Zeugniss eines alten Geschicht-
(o) mrat. Cum. lib. 3. Od. iz. Ys. 1. sen. (i) Lib. J. Dt NM. Dur. (() l

schreibers zum Grunde haben soll. Jedoch man wurde ubel dran
seyn , wenn man nicht auch bisweilen nur blose Muthmasungen
vorbringen durfte.
8. Die Keusche Diana.] Dieses ßeywort setzet man insge-
mein zu ihren Nahmen. Man saget auch , dass ihr die Geburts-
Schmertzen , in welchen sie ihre Mutter Latona gesehen , als A-
pollo zur Welt gekommen , so ein sehrecken gemacht, dass sie
Gelübde gethan, niemahls den Jungfräulichen Stand zu verladen.
Man dichtet dahero , dass sie von lauter Jungfrauen sey begleitet
worden und diejenigen aufs Ichärsfte bestraset, welche sich" etwa
in der Liebe vergangen. Jnzwischen ist doch der Liebes-Handel
zwischen ihr und dem Endymion eben kein gar zu starker Beweiö
ihres genau gehaltenen Gelübdes, zumahl wenn wahr ist , was
Propertius (s) schreibet.
Nudus & 'Endymion Pbtebi cepiße sororem
Dicitur, & nuda coneubuiße Dex.
Sie hat auch sonst noch eine Begebenheit gehabt, welche man
mit der strengen Tugend , die ihr zugeschrieben wird , nicht
wohl zusamme reimen kan. Es hatre sich nemlich der Gott Pan
in einen schneeweisen Widder verstellet , um die Diana in einem
•Wald in Arcadien zu locken, sie lies lieh auch wurklich fangen,
und war hernach eben nicht ungehalten auf den Pan , dass er sie
so hinters Licht gefuhret hatte. Virgilius erzehlet diele sache : (g)
Munere ßc niveo lana, ß credere dignum ess,
Fan Deus Arcadia captam te, Luna, sesel/it,
In nemora alta vocans: nec tu aspernata vocantem.
Allein man kan diese wieder einander laufende Dinge gar schon
zusamme bringen , wenn man sagt, die Diana , welche durch
ihre Keuschheit so berühmt geworden , und diejenigen, von wel-
chen die Liebes-Ausschweifungen erzehlet werden , wären ganz
unterschiedene Personen gewesen.
redet, lib. 1. (rf) Ibid. (e) Lib. 10. (/) Lib. ». Eleg. is. (&> Cmrj. lib. 3. vi.

L

XVII. DIE
 
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