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Picart, Bernard
Neueröffneter Musen-Tempel: welcher das allermerkwürdigste, aus den Fabeln der Alten in 60 auserlesenen und schönen Kupfern von Bernard Picart und andern kunstreichen Männern vorstellet ; mit deutlichen Erklärungen und Anmerkungen — Amsterdam u. Leipzig, 1754

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https://doi.org/10.11588/diglit.8922#0211

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DAS PALLADIUM. 143
digere Scribenten, dass die Heyden selbft schon die rechte Bewandniss , die es mit
diesem Bilde gehabt, entdecket. Arnobius und Clemens von Alexandrien geben
vor, es wäre von dem Gebeine des alten Peloponnesischen Koniges Peiops zu-
samme gesetzet gewesen, und war es al£o eine Art von einem Tahlman oder eine
von dem Aberglauben, welchen die Thoren Zäuberey nennen, errichtete Gestait,
welchem die wahngläubige Einfalt die Erhaltung der Stadt zufchriebe. Was den
Nahmen betrisf, den man ihr gegeben , so urtheilet ein gewifler.heutiger Gelehr-
ter 3, dass die Gottin Pallas selbft ihren Nahmen und Ürsprung. erst von diesem
BiSe genommen habe , und diefes also keines weges nach der erdichteten Ähn-
lichkeit einer Gottin Pallas, von der man damahls noch nichts gewust , gebildet
worden fey. Der Grund seiner Muthmafung ift diefer. Dionylius von Halicar-
naftiis4 erzehlet den Ürsprung der Pallas-Seule aus den aiteften Scribenten unge-
fähr also. Pallas, fagter, war ein Königin Arcadien undVater der Chry/e. Die-
se wurde an den Dardanus <verheyrathet und brachte ihrem Gemahl zjum Heyrath s-
Gute dieses Bild mit, welches die Mitgift des Pallas genennet wurde. Woraus zu
erfehen, dafs d?« Palladium leinen Nahmen von dem Konige Pallas bekommen,
welcher vermuthlich diefe Talismanifche Seule gemachet hatte. Nach der Hand
hat die Fabel mit diefem nicht allzu herrlichen Anfange nicht zu srieden seyn wol-
len , fondern das Ebenbild einer Gottin draufs gemacht, welcher man auch den
Nahmen des oberwehnten Arcadifchen Herrn Pallas, als welchen die Bild-Seule
bereits fuhrete, beygeleget. Diefes Vorgeben wird durch eine andere Stelle des
Dionylius von Halicarnafius beitätiget. Dafelbst berichtet er uns, dass diefe bey-
den Bilder, nemlich das Original fowohl, als das nachgemachte, zjwey fitzende
Jünglinge, ieden mit einem Spiefe in der Hand vorgeftellet. Wie es nun eben nicht
unmöglich ift, dafs man dergleichen Bild eines Junglings vor eine gewafnete Frauens-
Perfon anfehen kan, zumahl wenn folches etwas plump gefchnitzet ift, gleich als
die ausgehauenen Bilder in damahligen Zeiten waren; Co machte das gemeine volk
eine muthige Kriegs-Gottin daraus. Solcher geftait ist die Gottin Pallas entftan-
den. Wir rinden auch bey eben diesem Gefchicht-Schreiber, wie diefe Seule aus
Arcadien nach Troja gekommen. Als eine entfetzliche Wajfer-Fluth die Arcadier
gezwungen hatte, das Land Peloponnefus ZM verlaffen , fo begab fich Dardanus mit
jeiner Gemahlin und Bild-Seule nach Samothracien. Hierauf gieng er weiter nach
Aßen über und bauete dafelbß eine Stadt, die er nach sich nennete und in felbiger ver-
wahrete er auch das Palladium. Da nun nach der Zeit Ilium oder Troja gebauet
' wurde, brachten feine Kinder die Pallas-Seule auch dahin. Endlich vergistet er auch
nicht anzuzeigen, durch was vor einen Zufall felbige nach Italien gekommen fey.
Ulysfes und Diomedes, fagt er, hatten eines <von diefen bey den Bildern weggenommen:
JEneas brachte ZM der Zeit, da die Plünderung in derUnterßadt vorgieng, auch das
andere Palladium auf die Seite und nahm es mit fich nach Italien.

ANMERKUNGEN.

3. Heutiger Gelehrter.] Dieser ift der Franzofische P.
Catrou in seinen Noten über das II. Buch der iEneis des La-
teinischen Poeten Virgilius.
4. Dionys, von Halicarn.] Die Stellen des Dionvfius von
Halicarnassus find aus feinem ersten Buchs von den Romifchen

Alterthumern genommen. Der P. Catrou hat solche zwar ein
wenig mit andern Worten angesuhret, jedoch muß man deswe-
gen nicht argwrhnen, als ob er folches mit Fleiß gethan; sinte-
mahl die Worte des Originals feiner Muthmasung so wohl zu
ftatten kommen, als die fo er davor gebrauchet.

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