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Picart, Bernard
Neueröffneter Musen-Tempel: welcher das allermerkwürdigste, aus den Fabeln der Alten in 60 auserlesenen und schönen Kupfern von Bernard Picart und andern kunstreichen Männern vorstellet ; mit deutlichen Erklärungen und Anmerkungen — Amsterdam u. Leipzig, 1754

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https://doi.org/10.11588/diglit.8922#0229

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TANT ALU S.

157

mein gemachet. Pindarus4 will uns weifs machen, er habe NecTar und Ambro*
{ia von der Gotter-Tafel heimlich mitgenommen , um den Sterblichen folchc
kosten 2u laßen. Ein alter Ausleger diefes Poeten füget hinzu, Tantalus habe
einen Hund entwandt, den ihm Jupiter anvertrauet, um feinen Tempel aus
der Insel Creta durch selbigen bewachen zu lalTen 5 und als Jupiter durch den
Mercurius fragen lalTen, wo doch der Hund hingekommen fey, habe er geant-
wortet, er wilse es nicht. Endlich wird auch erzehlet, es habe dieser Furft (ei-
nen Sohn Pelops abgefchlachtet und den Gottern bey einer Mahlzeit, fo er
ihnen gegeben unter andern Gerichten mit vorgefetzet. Als aber die Gotter den Be-
trug merkten, fuchten fie alle Glieder zufammen, um fie wieder an einander
2u fetzen. Und da nun die linke 5 Schulter vermilfet wurde, welche Ceres
fchon aufgegelTen hatte, fo fezte diese Göttin eine andere von Elfenbein an die
Stelle. Zur Erklärung diefer Fabel wollen wir mit dem Pindarus6 lagen, Nep-
tunus oder ein berüchtigter Seeräuber habe den Pelops weggefiihret worauf
die Nachbarn des Tantalus, um ihn verhalt zu machen, vorgegeben, er habe
ihn umgebracht. Dass man aber hinzugefetzet, Ceres habe eine Schulter des Pe-
lops ausgegelTen 7 mag etwa daher kommen , dieweil Tantalus diefer Gottin
Menschen geopfert.

JKMERKÜMGEN.

4. Pindarus.] Olymp. Ode. I.
5. Schulter.] Oder ein Arm, nach anderer Meynung.
6. Pindarus.] An gedachten Orte.
7. Aufgegessen.] Eine gewiffe Begebenheit die Paufanias (a)
erzehlet, kan diefen Umftand in etwas erläutern. „ Als der Tro-
„ janüche Krieg allzulange anhielt} fo thaten die Wahrsager den
„ Griechen zu wiffen , fie wurden die Stadt nicht einnehmen >
„ wenn fie nicht erft hinfehickten und liefen die Pseile des Her-
„ cules und eines von den Beinen des Pelops hohlen. Alleine..
„ da das Schiss schon bald wieder an den Griechischen Kuften
„ angelandet war , litte es aus der Hohe bey der Insel Eubcea
„ Schissbruch , wobey der knochen von dem Pelops ins Meer
„ siel. Einige Jahre nach Eroberung von Troja wars ein Fi-
„ scher aus der Stadt Etreria, Nahmens Demarmenus sein Netz
in dieses Meer und zog den Knochen heraus. Er verwunderte
„ sich über deflen ungemeine Grofe, und vergrub ihn in den

„ Sand, merkte fich aber den Ort ganz eigentlich. Kurz dar*
„ aus gieng er nach Delphi , um das Orakel zu sragen, was
doch das vor ein Bein wäre und was er damit machen folte.
>j Es wolte aber das göttliche Gefchicke, dafs eben zu der Zeit
„ die Eleenfer das Orakel fragten, durch was vor ein Mittel die
3, Peft , fo bey ihnen abseheulich haufete , konte geftület wer-
„ den. Die Gotzen-Dienerin Pythia antwortete ihnen, sie mul-
„ ten sich bemuhen, die Gebeine des Pelops wieder zu bekom-
„ men; und dem Demarmenus gab sie Besehl, er solte den E*
„ leensern das zustellen , was er gesunden habe und ihnen zu-
„ gehörete. Das that der Fischer, gab den Eleensern ihr Beiri
„ und wurde von ihnen reichlich belohnet". Woher ein gar
geschickter Scribent (b) die Muthmasung nimmt , dass die E-
leenser zum Gedächtniss diefer Begebenheit der Ceres eine el*
senbeinerne Schulter geweyhet, welche die Nachkommen de*
Pelops feit der Zeit in Fahnen und Waperi gesuhret.

(«) Lib. i. (£) Mr. I'Abbe Banicr, Expl. Hift. des Fablet, Tom. ». p. l»J.


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