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Picart, Bernard
Neueröffneter Musen-Tempel: welcher das allermerkwürdigste, aus den Fabeln der Alten in 60 auserlesenen und schönen Kupfern von Bernard Picart und andern kunstreichen Männern vorstellet ; mit deutlichen Erklärungen und Anmerkungen — Amsterdam u. Leipzig, 1754

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https://doi.org/10.11588/diglit.8922#0232

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I X I O N.
mit Schlangen an ein Rad band, welches ohne Aushören herum laust.

ERKLÄRUNG DER FABEL.

Nachdem Ixion viele Könige vergebens angeiprochen, hat er vermuthlich noch
das Gluck gehabt, einen zu sinden, der ihn an seinem Hose gütig ausgenommen
und ihm die Aussöhnung versprochen. Es mochte aber dieser Herr merken,
dasssich Ixion in die Konigin verliebet hatte, und wolte gerne diefes Undanks
gewiss seyn, daher er seine Gemahlin anftellte, sie solte ihm ein geheimes Gehöre
versprechen und dann an ihre Stelle eine Sclavin schicken die Nephele hies, das ist
Wolke. Vielleicht kam auch Ixion durch einen Donner-Schlag um sein Leben,
daher die Einbildung der Poeten geruhret worden, dass siegesaget, Jupiter ha-
be ihn in die Holle hinunter geworfen und gedachter masen peinigen lafsen.
An diese Fabel hengten sie noch eine andere an, dass nemlich aus der Zusam-
menkunft des Ixion und der Wolke die Centauren, das ist, die Ungeheuer,
welche halb Menschen und halb Pferdewaren, hervorgekommen. Derwahr-
scheinliche Ursprung dieser Erdichtung ist folgender. Plinius 4 erzehlet, dass
die Thesfalier, welche um den Berg Pelion herum gewohnet, die erfteren s
gewesen, welche sich in Kämpfen zu Pferde geubet. Diodorus 6 Siculus und
Virgilius7 sagen eben das. An einem andern Orte 8 schreibt ihnen Plinius auch
die Erfindung zu, mit den Stieren zu Pferde zu kämpsen, und sie bey den Hor-
nern anfallend zu Boden zu werfen. Daher kams, dass die Griechen die Thes-
salier Hippocentauros beynahmten, das ist Stierbezjwinpende Reuter. Und weil es
unter der Regierung des Ixion geschah, dafs die ThetTalier sich aus diefe Rit-
terliche Übung legten, so gab man vor, die Centauren oder Hippocentauren
waren seine Kinder, seine Gegebenheit aber mit der Sclavin Nephele machte,
dals die Poeten ausbreiteten, er habe fie mit einer Wqjke gezeuget: man wol-
te denn lieber mit dem Palsephatus glauben , dafs diefe Ritter meistentheils in
einem Dorfe nahmens Nephele gewöhnet.

J NMERKUNGEN.
4. Plinius.] Lib. VII. c. jtf. 6. Diod. Sicul. Lib. IV.
5. Die ersTeren.] Nemlich unter den Griechifchen Vol- 7. Virgilius] Georg. Lib. III.
kern: denn die Kunft , die Pferde zu bereiten , war bey andern 8. Andern Orte.] Lib. VIII. c 4.?.
Nationen fchon lange vorher bekant.


Rr 1

LVIII. SI-
 
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