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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 5.1920/​1921

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Frimmel, Theodor von: Besuche Karl Bertuchs in der Wiener Gemäldesammlung des Grafen Anton Lamberg: (ein Beitrag zur Geschichte der Galerie in der Akademie der bildenden Künste)
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https://doi.org/10.11588/diglit.52778#0065

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(in Weimar gegen Ende des Jahres 1777), wurde er schon durchs Vaterhaus
mit dem Buchhandel und mit guten Büchern vertraut. In Weimar genoß er
überdies die Bekanntschaft mit Goethe und Schiller und vielen anderen
Größen deutschen Schrifttums aus der Glanzzeit klassischer Dichtung. In
Jena und Paris erweiterte er seinen Gesichtskreis in mannigfacher Weise.
1805 war er in Wien. Davon berichtet das vielgelesene Büchlein: „Bemer-
kungen auf einer Reise von Thüringen nach Wien.“ Es enthält wichtige
Abschnitte über die Donaustadt. Freilich waren in jenen unruhigen Zeiten
der Franzosenkriege (wir wissen heute die Unruhe gar verständnisvoll nach-
zufühlen) nur wenige von den Wiener Kunstsammlungen zugänglich. Ber-
tuchs Kunstnotizen aus jenem Buch sind längst ausgenutzt. Nicht ebenso
steht es um die Dinge, die Bertuch von einem zweiten Aufenthalt in Wien
festgehalten hat. Denn 1814, als Bertuch in buchhändlerischen allgemeinen
Angelegenheiten die alte Kaiserstadt wieder besuchte, öffneten sich ihm alle
Tore und er konnte nach Lust die üppig reichen Kunstsammlungen be-
trachten. Zu einer Veröffentlichung darüber ist es nicht mehr gekommen.
Denn der hoffnungsvolle, noch junge Bertuch schied bald nach seiner Rück-
kehr in die Weimarer Heimat, schon 1815 (am 5. Oktober), aus dem Leben.
Er starb nach kurzer Krankheit am „Nervenfieber“. Über die Erlebnisse in
Wien aus der Zeit vom Ende des September 1814 bis Ende Mai 1815 be-
richtet ein handschriftliches Tagebuch. Aus diesem entnehme ich einige noch
nirgends veröffentlichte Abschnitte über die Gemäldesammlung des Grafen
Lamberg, die damals als eine der meistbedeutenden Haussammlungen eines
einzelnen Adelsgeschlechts vor vielen anderen hervorstach. Lamberg galt
damals als „Orakel“ der Wiener Kunstfreunde*). Was Bertuch an Galerien
sonst noch sah, ist in den Studien und Skizzen (Bd. V, S. 3) schon über-
sichtlich angedeutet worden
Die Quelle nun, die ich erst heute benutze, ist das handschriftliche
„Tagebuch vom Wiener Kongreß“, das zwar 1916 durch Herrn Frh. von
Egglofstein veröffentlicht worden ist, jedoch in bezug auf Kunstsammlungen
nicht ganz vollständig, da Egglofstein das Hauptgewicht auf die literatur-
geschichtliche Bedeutung des Tagebuchs legte.
Ich verdanke die ergänzenden Mitteilungen der Freundlichkeit des Herrn
Direktors des Goethe-Schiller-Archivs zu Weimar Dr. F. Wahle, der mir die
erwünschten Stellen gütig kopierte. Einige gänzlich unleserliche Stellen lassen
sich vor den Bildern, von denen die Rede ist, ersetzen. Meine Bemerkungen
werden mit eckigen Klammern versehen.
Bertuch hat zur Kongreßzeit die Lambergsche Sammlung mehrmals
besucht. Am 27. Oktober 1814 notiert er (Egglofstein a. a. O. S. 41 f.):
„Zu Lamberg 11 Uhr mit Cotta, Dannecker, Rengger — in der Walfisch-
gasse am Kärnthner Thore. Lange, mein Freund, habe ich keinen so reinen
Kunstgenuss gehabt, als heute bei Graf Lamberg, der mit seinen trefflichen
Kunstsammlungen nebst dem Abbe Mazzola in Eins verwebt ist. Seine
Zimmer in der Walfischgasse sind ein wahrer Kunsttempel. Einzig interessant
sind die Vorrichtungen, um bey den vorzüglichsten Gemälden dem Be-
*) Eingehende Mitteilungen über sein ausgebreitetes Sammleitum in FrimmeL
Geschichte der Wiener Gemäldesammlungen, Kapitel IV, S. 14ff. (1901). Die Stelle vom
„Orakel“ kommt vor in einem Brief Bertuchs vom 29. Oktober. 1814, einem Schriftstück,
das zugleich mit dem Tagebuch in jüngster Zeit gedruckt wurde.
 
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