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auf alle Gründe verteilt: Ein vornehmer Herr schreitet vom linken Vorder-
grund gegen die Mitte des Hauptschiffes zu. Ganz links ein Junge. Rechts
vorn fällt besonders auf eine Gruppe von acht Personen, das ist ein
Fremdenführer, der mit erhobenem Stab einer Gesellschaft von sieben Be-
suchern den Bau weist. Das überaus wirkungsvolle Gemälde mißt in der
Breite 111, in der Höhe 104 Zentimeter. Die Kehrseite des Brettes, auf dem
das Bild sitzt, ist maskiert, so daß die Holzart nicht ohne weiteres zu be-
stimmen war.
De Lorme ist ein nahezu seltener Meister. Ein neu aufgefundenes Werk
dürfte allen Freunden holländischer Malerei willkommen sein.
Noch seltener als die Innenansichten großer Kirchen von de Lorme
sind Bilder mit Geflügel von Govaert Camphuysen. Von diesem vor-
züglichen Holländer befindet sich in demselben Besitz, wie der de Lorme
und de Vlieger, ein signiertes, ganz prächtiges Bild mit einer grauen Henne
in einem Strohkorb. An dem Korb rechts lehnt ein braun glasierter alter
Topf, an dem die gelblichen Glanzlichter auffallen. Links ein Futterbehälter
in Form eines Häuschens mit Sparrendach. Links gegen unten die große,
frei und flüssig hingesetzte Künstlerunterschrift „G. Camphuysen“, die so
sehr in der warmen Stimmung des ganzen Bildes gehalten ist, daß sie bis-
her unbeachtet und ungelesen geblieben ist. Das Eichenbrett, auf welches
das Bild gemalt ist, mißt 62 5 in der Breite und 46 5 Zentimeter in der
Höhe. Es ist an den Rändern etwas besägt, sonst aber bestens erhalten.
Noch erwähnenswert ist aus demselben Wiener Besitz ein vorzügliches
Damenbildnis, wohl aus der Schule des Andrea Appiani. Es ist die Halbfigur
einer Schönheit. Gesicht vollkommen durchgebildet. Die Figur nach unten
nur skizziert. (Auf Leinwand, hoch 82'5, breit 77'5 Zentimeter.)
NIEDERLÄNDISCHE MALER UM 1780.
Der Lauf der Zeiten hält nicht still. Das ist sicher auch ohne oder gegen
die Relativitätstheorien von Augustinus bis Einstein. Das Heute und Gestern
der alten und auch neueren Handbücher ist unversehens zu einem Einstmals
und Ehedem geworden. Darauf müssen wir achten, um nicht gegen ganze
Kunstperioden ungerecht zu werden, die in den Handbüchern nur mehr
ganz zuletzt andeutungsweise behandelt sind. Wir sehen uns also genötigt,
die früher „moderne“ Kunst als geschichtliche Denkmalsreihe wieder vor-
zunehmen. Dies hat auch seine praktische Seite. Denn auf dem Kunstmarkt
erscheinen so viele Gemälde aus den vernachlässigten Zeiten, ohne daß
dafür Namen zu finden wären. Und sie sind durchaus nicht immer gering-
wertig, sondern leiden nur unter der heutigen Unmöglichkeit, ihren Urhebern
beizukommen. Es gibt noch viele Arbeit zu leisten auf diesem Gebiet. Nur
die größten Namen sind in halbwegs befriedigender Weise herausgearbeitet,
und fortwährend wird noch in Unkenntnis genauerer Angaben und in Er-
manglung sicherer Benennung eine Menge mittelguter Bilder auf die großen
Namen bezogen. Ohne Zweifel ist es von Nutzen, sich von Zeit zu Zeit
gegenwärtig zu halten, daß schon im Laufe des 18. Jahrhunderts neben
einem Großen mehrere Dutzende Kleinere mitlaufen, von denen höchstens
auf alle Gründe verteilt: Ein vornehmer Herr schreitet vom linken Vorder-
grund gegen die Mitte des Hauptschiffes zu. Ganz links ein Junge. Rechts
vorn fällt besonders auf eine Gruppe von acht Personen, das ist ein
Fremdenführer, der mit erhobenem Stab einer Gesellschaft von sieben Be-
suchern den Bau weist. Das überaus wirkungsvolle Gemälde mißt in der
Breite 111, in der Höhe 104 Zentimeter. Die Kehrseite des Brettes, auf dem
das Bild sitzt, ist maskiert, so daß die Holzart nicht ohne weiteres zu be-
stimmen war.
De Lorme ist ein nahezu seltener Meister. Ein neu aufgefundenes Werk
dürfte allen Freunden holländischer Malerei willkommen sein.
Noch seltener als die Innenansichten großer Kirchen von de Lorme
sind Bilder mit Geflügel von Govaert Camphuysen. Von diesem vor-
züglichen Holländer befindet sich in demselben Besitz, wie der de Lorme
und de Vlieger, ein signiertes, ganz prächtiges Bild mit einer grauen Henne
in einem Strohkorb. An dem Korb rechts lehnt ein braun glasierter alter
Topf, an dem die gelblichen Glanzlichter auffallen. Links ein Futterbehälter
in Form eines Häuschens mit Sparrendach. Links gegen unten die große,
frei und flüssig hingesetzte Künstlerunterschrift „G. Camphuysen“, die so
sehr in der warmen Stimmung des ganzen Bildes gehalten ist, daß sie bis-
her unbeachtet und ungelesen geblieben ist. Das Eichenbrett, auf welches
das Bild gemalt ist, mißt 62 5 in der Breite und 46 5 Zentimeter in der
Höhe. Es ist an den Rändern etwas besägt, sonst aber bestens erhalten.
Noch erwähnenswert ist aus demselben Wiener Besitz ein vorzügliches
Damenbildnis, wohl aus der Schule des Andrea Appiani. Es ist die Halbfigur
einer Schönheit. Gesicht vollkommen durchgebildet. Die Figur nach unten
nur skizziert. (Auf Leinwand, hoch 82'5, breit 77'5 Zentimeter.)
NIEDERLÄNDISCHE MALER UM 1780.
Der Lauf der Zeiten hält nicht still. Das ist sicher auch ohne oder gegen
die Relativitätstheorien von Augustinus bis Einstein. Das Heute und Gestern
der alten und auch neueren Handbücher ist unversehens zu einem Einstmals
und Ehedem geworden. Darauf müssen wir achten, um nicht gegen ganze
Kunstperioden ungerecht zu werden, die in den Handbüchern nur mehr
ganz zuletzt andeutungsweise behandelt sind. Wir sehen uns also genötigt,
die früher „moderne“ Kunst als geschichtliche Denkmalsreihe wieder vor-
zunehmen. Dies hat auch seine praktische Seite. Denn auf dem Kunstmarkt
erscheinen so viele Gemälde aus den vernachlässigten Zeiten, ohne daß
dafür Namen zu finden wären. Und sie sind durchaus nicht immer gering-
wertig, sondern leiden nur unter der heutigen Unmöglichkeit, ihren Urhebern
beizukommen. Es gibt noch viele Arbeit zu leisten auf diesem Gebiet. Nur
die größten Namen sind in halbwegs befriedigender Weise herausgearbeitet,
und fortwährend wird noch in Unkenntnis genauerer Angaben und in Er-
manglung sicherer Benennung eine Menge mittelguter Bilder auf die großen
Namen bezogen. Ohne Zweifel ist es von Nutzen, sich von Zeit zu Zeit
gegenwärtig zu halten, daß schon im Laufe des 18. Jahrhunderts neben
einem Großen mehrere Dutzende Kleinere mitlaufen, von denen höchstens