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Utrechter Künstlers, dessen Mache auch sonst aus dem Bilde spricht. Ohne
Zweifel gehört das Gemälde in die mittlere, vielleicht frühe, noch kräftige
Zeit des Künstlers, in die Zeit, ehe er nahezu fabrikmäßig Bildnisse malte.
Manches gelungene Porträt von der Hand Honthorsts steht ja gewiß auf
einer hohen Stufe, aber jedenfalls sind die sittenbildlich aufgefaßten Bilder
oder die reinen Genreszenen gehaltvoller. Honthorst war ein beweglicher
Künstler und hat in Italien vieles von den südländischen Kunstgenossen
gelernt. Später scheint in England die Van-Dyck-Gruppe einen gewissen
Einfluß auf ihn ausgeübt zu haben. Der Hieronymus vor uns dürfte in der
Zeit bald nach dem italienischen Studienaufenthalt entstanden sein, also
innerhalb einer Zeit, als der Künstler wiederholt Dekan der Utrechter Gilde war
(1625, 1628, 1629 nach Muller*). Die Nachwirkung der Italiener, namentlich
des Caravaggio, ist noch merkbar. Honthorst arbeitete auch in England.
Dies war vorübergehend 1620 auf 1621 und später 1628. Daß der Hiero-
nymus gerade dort gemalt worden wäre, ist aus mehreren Gründen un-
wahrscheinlich. Ebenso möchte ich die spätere Lebenszeit des Künstlers
ausschließen, das wäre die, als er vom Mai 1637 bis 1652 der Haager Gilde
angehörte, oder noch spätere Jahre, die er bis zu seinem Tode (1656) in
Utrecht verbrachte.
Die Darstellung des Heiligen Hieronymus hat den Künstler mehrmals
zur Ausführung von Beleuchtungswirkungen mit Kerzenlicht angeregt. In der
ehemals kaiserlichen Galerie zu Wien befand sich eine solche Darstellung.
Eine weitere hing in der fürstlich Liechtensteinschen Galerie. Beide Hiero-
ny.musbilder sind anders komponiert als das vorliegende bei Herrn Ingenieur
Kuderna, sind aber sonst damit nahezu stilgleich. Im Aufbau und der Stim-
mung ist das letztgenannte Bild den übrigen Hieronymusdarstellungen vor-
zuziehen. Es ist auf Leinwand gemalt und mißt in der Breite 132, in der
Höhe 96 cm. Die gute Erhaltung ist erwähnenswert.
Außer den beschriebenen Gemälden kamen mir im Kunsthandel noch
manche vorzügliche Bilder zu Gesicht, die sich von dem unvermeidlichen
Mittelgut und Schund gar prächtig abhoben. Gewöhnlich sind aber die
mannigfachen Hindernisse, sie zu veröffentlichen, zu groß gewesen, um schon
heute über jene guten Sachen berichten zu können. Gewöhnlich fehlt es an
zureichenden Abbildungen. Nach Möglichkeit werden weitere Hefte einiges
nachholen. Fr.
BESUCHE KARL BERTUCHS IN DER WIENER GEMÄLDESAMMLUNG
DES GRAFEN ANTON LAMBERG.
(Ein Beitrag zur Geschichte der Galerie in der Akademie der bildenden Künste.)
Der Weimarer Buchhändler Karl Bertuch war ein junger Mann von
Geist, Tatkraft und reichen Kenntnissen, eine erfreulichere Erscheinung als
manche seiner zeitgenössischen Zunftgenossen. Schon seine Kunstliebe und
sein Kunstverständnis allein zeichnen ihn aus. Als Buchhändlerssohn geboren
*) S. Muller Fz„ „De Utrechtsche Archieven“ (1880) passim. Die wichtigste Lite-
ratur ist genannt im Lexikon niederländischer Künstler von A v. Wurzbach. Seither
hinzugekommen „Studien und Skizzen zur Gemäldekünde“, Bd. IV, Lieferung 3 und 4, S. 42.
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Utrechter Künstlers, dessen Mache auch sonst aus dem Bilde spricht. Ohne
Zweifel gehört das Gemälde in die mittlere, vielleicht frühe, noch kräftige
Zeit des Künstlers, in die Zeit, ehe er nahezu fabrikmäßig Bildnisse malte.
Manches gelungene Porträt von der Hand Honthorsts steht ja gewiß auf
einer hohen Stufe, aber jedenfalls sind die sittenbildlich aufgefaßten Bilder
oder die reinen Genreszenen gehaltvoller. Honthorst war ein beweglicher
Künstler und hat in Italien vieles von den südländischen Kunstgenossen
gelernt. Später scheint in England die Van-Dyck-Gruppe einen gewissen
Einfluß auf ihn ausgeübt zu haben. Der Hieronymus vor uns dürfte in der
Zeit bald nach dem italienischen Studienaufenthalt entstanden sein, also
innerhalb einer Zeit, als der Künstler wiederholt Dekan der Utrechter Gilde war
(1625, 1628, 1629 nach Muller*). Die Nachwirkung der Italiener, namentlich
des Caravaggio, ist noch merkbar. Honthorst arbeitete auch in England.
Dies war vorübergehend 1620 auf 1621 und später 1628. Daß der Hiero-
nymus gerade dort gemalt worden wäre, ist aus mehreren Gründen un-
wahrscheinlich. Ebenso möchte ich die spätere Lebenszeit des Künstlers
ausschließen, das wäre die, als er vom Mai 1637 bis 1652 der Haager Gilde
angehörte, oder noch spätere Jahre, die er bis zu seinem Tode (1656) in
Utrecht verbrachte.
Die Darstellung des Heiligen Hieronymus hat den Künstler mehrmals
zur Ausführung von Beleuchtungswirkungen mit Kerzenlicht angeregt. In der
ehemals kaiserlichen Galerie zu Wien befand sich eine solche Darstellung.
Eine weitere hing in der fürstlich Liechtensteinschen Galerie. Beide Hiero-
ny.musbilder sind anders komponiert als das vorliegende bei Herrn Ingenieur
Kuderna, sind aber sonst damit nahezu stilgleich. Im Aufbau und der Stim-
mung ist das letztgenannte Bild den übrigen Hieronymusdarstellungen vor-
zuziehen. Es ist auf Leinwand gemalt und mißt in der Breite 132, in der
Höhe 96 cm. Die gute Erhaltung ist erwähnenswert.
Außer den beschriebenen Gemälden kamen mir im Kunsthandel noch
manche vorzügliche Bilder zu Gesicht, die sich von dem unvermeidlichen
Mittelgut und Schund gar prächtig abhoben. Gewöhnlich sind aber die
mannigfachen Hindernisse, sie zu veröffentlichen, zu groß gewesen, um schon
heute über jene guten Sachen berichten zu können. Gewöhnlich fehlt es an
zureichenden Abbildungen. Nach Möglichkeit werden weitere Hefte einiges
nachholen. Fr.
BESUCHE KARL BERTUCHS IN DER WIENER GEMÄLDESAMMLUNG
DES GRAFEN ANTON LAMBERG.
(Ein Beitrag zur Geschichte der Galerie in der Akademie der bildenden Künste.)
Der Weimarer Buchhändler Karl Bertuch war ein junger Mann von
Geist, Tatkraft und reichen Kenntnissen, eine erfreulichere Erscheinung als
manche seiner zeitgenössischen Zunftgenossen. Schon seine Kunstliebe und
sein Kunstverständnis allein zeichnen ihn aus. Als Buchhändlerssohn geboren
*) S. Muller Fz„ „De Utrechtsche Archieven“ (1880) passim. Die wichtigste Lite-
ratur ist genannt im Lexikon niederländischer Künstler von A v. Wurzbach. Seither
hinzugekommen „Studien und Skizzen zur Gemäldekünde“, Bd. IV, Lieferung 3 und 4, S. 42.
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