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ZU DEN DAVIDB1LDERN DES LUKAS VAN LEYDEN. EIN NEU AUF-
GEFUNDENES GEMÄLDE.
Ich meine, den Bilderfreunden und Fachgenossen die Kenntnis eines
Gemäldes nicht vorenthalten zu sollen, das mir im Lauf dieses Jahres vor-
gewiesen und vom Besitzer, Herrn Kaufmann Eduard Arie in Wien, zum
Studium übergeben wurde. (Siehe Tafel XXVI.) Es ist ein gewiß altes Bild
mit Davids Empfang durch die Frauen Jerusalems, ein Werk, bei dem eine nicht
geringe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß es von der eigenen Hand des
Lukas van Leyden herstammt. Die Erfindung ist sicher die des berühmten
Alt-Holländers. Dies geht unter anderm daraus hervor, daß sie als Arbeit des
Leydeners durch J. Saenredam gestochen ist. Van Mander als nachgeborner
Gewährsmann nennt freilich den Gegenstand etwas anders, nämlich so:
„der Vrouwen dans, David te ghemoet comende“, doch mag eine Un-
genauigkeit vorliegen, oder er meinte ein anderes Bild. Die ganze Stelle im
Schilderboek, und zwar im Leben des Lukas v. Leyden (erste Auflage 1604,
Fol. 214), lautet: „Onder anders is by Goltzio [NB. es ist H. Goltzius in
Haarlem], wien zyn wercken [es sind die Werke des Lukas v. Leyden]
lief zyn, een stucxken op glas, van der Vrouwen dans, David te ghemoet
comende, dat wonder fraey is ghehandelt, en comt oock in Print seer wel
ghesneden door Jan v. Sanredaem.“ Van Mander sagt also, daß sich bei
Goltzius ein wunderschöner Tanz der Frauen vor David, gemalt von der
Hand des Lukas van Leyden, befand, ein Glasbild, das von Saenredam ge-
stochen wurde. Man hat es wieder erkennen wollen in einer Glasmalerei,
die den Empfang Davids darstellt und sich in der Ambrosiana zu Mailand
'befindet. Ich habe mir vor diesem Bild noch in der Vorkriegszeit notiert,
daß es für Lukas v. Leyden zu schwach sei, und will es deshalb auch
jetzt nicht anerkennen. Die Glasscheibe in der Ambrosiana wird weder das
Bild sein, das bei van Mander erwähnt ist, noch das Vorbild für Saenredams
allbekannten Stich, noch auch eine Arbeit des Lukas v. Leyden. Das Glas-
bild mit dem Tanz der Frauen vor David dürfte einfach zugrunde ge-
gangen sein. Glück und Glas wie bald bricht das! Aber van Mander bringt
jenes Glasbild, das er vielleicht bei Goltzius selbst gesehen hat, in Zusammen-
hang mit einem Saenredamschen Stich (es ist das bekannte Blatt mit der
Jahreszahl 1600), der zur selben Zeit entstanden ist, zu der auch van Man-
ders Schilderboek zusammengestellt wurde. Trotzdem ist eine Verwechslung
nicht ausgeschlossen, und van Mander kann sowohl ein Glasbild als auch
ein Holzbild aus dem Kreis der Geschichte Davids gesehen haben, die er
dann in bezug auf seine Nachbildung durch Saenredam verwechselt hat.
Eines ist gewiß, daß man mit dieser Mitteilung van Manders nicht sicher
rechnen kann.
Suchen wir also weiter. ImPradomuseum zu Madrid befindet sich ein
Gemälde (siehe Tafel XXVII), das seit lange als Kopie nach Lukas v. Leyden
erkannt ist und das die größte Verwandtschaft mit der Zusammenstellung
aufweist, wie sie Saenredams Stich uns darbietet. Nur ist das Ganze wesent-
lich in die Breite gezogen. Vielleicht ist dieses das Bild, das im Besitz des
P. P. Rubens als Lukas v. Leyden nachweisbar ist. Aus dem Nachlaß des
Rubens sind ja viele Gemälde nach Spanien gelangt. Im Textverzeichnis der
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ZU DEN DAVIDB1LDERN DES LUKAS VAN LEYDEN. EIN NEU AUF-
GEFUNDENES GEMÄLDE.
Ich meine, den Bilderfreunden und Fachgenossen die Kenntnis eines
Gemäldes nicht vorenthalten zu sollen, das mir im Lauf dieses Jahres vor-
gewiesen und vom Besitzer, Herrn Kaufmann Eduard Arie in Wien, zum
Studium übergeben wurde. (Siehe Tafel XXVI.) Es ist ein gewiß altes Bild
mit Davids Empfang durch die Frauen Jerusalems, ein Werk, bei dem eine nicht
geringe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß es von der eigenen Hand des
Lukas van Leyden herstammt. Die Erfindung ist sicher die des berühmten
Alt-Holländers. Dies geht unter anderm daraus hervor, daß sie als Arbeit des
Leydeners durch J. Saenredam gestochen ist. Van Mander als nachgeborner
Gewährsmann nennt freilich den Gegenstand etwas anders, nämlich so:
„der Vrouwen dans, David te ghemoet comende“, doch mag eine Un-
genauigkeit vorliegen, oder er meinte ein anderes Bild. Die ganze Stelle im
Schilderboek, und zwar im Leben des Lukas v. Leyden (erste Auflage 1604,
Fol. 214), lautet: „Onder anders is by Goltzio [NB. es ist H. Goltzius in
Haarlem], wien zyn wercken [es sind die Werke des Lukas v. Leyden]
lief zyn, een stucxken op glas, van der Vrouwen dans, David te ghemoet
comende, dat wonder fraey is ghehandelt, en comt oock in Print seer wel
ghesneden door Jan v. Sanredaem.“ Van Mander sagt also, daß sich bei
Goltzius ein wunderschöner Tanz der Frauen vor David, gemalt von der
Hand des Lukas van Leyden, befand, ein Glasbild, das von Saenredam ge-
stochen wurde. Man hat es wieder erkennen wollen in einer Glasmalerei,
die den Empfang Davids darstellt und sich in der Ambrosiana zu Mailand
'befindet. Ich habe mir vor diesem Bild noch in der Vorkriegszeit notiert,
daß es für Lukas v. Leyden zu schwach sei, und will es deshalb auch
jetzt nicht anerkennen. Die Glasscheibe in der Ambrosiana wird weder das
Bild sein, das bei van Mander erwähnt ist, noch das Vorbild für Saenredams
allbekannten Stich, noch auch eine Arbeit des Lukas v. Leyden. Das Glas-
bild mit dem Tanz der Frauen vor David dürfte einfach zugrunde ge-
gangen sein. Glück und Glas wie bald bricht das! Aber van Mander bringt
jenes Glasbild, das er vielleicht bei Goltzius selbst gesehen hat, in Zusammen-
hang mit einem Saenredamschen Stich (es ist das bekannte Blatt mit der
Jahreszahl 1600), der zur selben Zeit entstanden ist, zu der auch van Man-
ders Schilderboek zusammengestellt wurde. Trotzdem ist eine Verwechslung
nicht ausgeschlossen, und van Mander kann sowohl ein Glasbild als auch
ein Holzbild aus dem Kreis der Geschichte Davids gesehen haben, die er
dann in bezug auf seine Nachbildung durch Saenredam verwechselt hat.
Eines ist gewiß, daß man mit dieser Mitteilung van Manders nicht sicher
rechnen kann.
Suchen wir also weiter. ImPradomuseum zu Madrid befindet sich ein
Gemälde (siehe Tafel XXVII), das seit lange als Kopie nach Lukas v. Leyden
erkannt ist und das die größte Verwandtschaft mit der Zusammenstellung
aufweist, wie sie Saenredams Stich uns darbietet. Nur ist das Ganze wesent-
lich in die Breite gezogen. Vielleicht ist dieses das Bild, das im Besitz des
P. P. Rubens als Lukas v. Leyden nachweisbar ist. Aus dem Nachlaß des
Rubens sind ja viele Gemälde nach Spanien gelangt. Im Textverzeichnis der
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