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Endlich sind auch interessante Entwürfe Rastrellis für Rußland zu
sehen. Italienische Baukunst muß sich eine Beimischung russischer Formen
gefallen lassen; der charakteristische Zwiebelturmhelm erhebt sich über
italienischen Barockbauten.
Der Festsaal mit den edlen Figuren Kliebers, Apoll und die Musen
darstellend, ergänzt in einer großen Zahl von Vitrinen die erwähnten
Gruppen.
Das Zustandekommen der anregenden Ausstellung ist dem Leiter der
Kupferstichsammlung Prof. Dr. Styx und Dozenten Dr. Frey zu verdanken,
der der Verfasser der willkommenen, knappen Datenangaben bei jedem
Blatt und der fesselnden Schrift „Die Architekturzeichnungen der Kupfer-
stichsammlung“ ist, die den tiefer Interessierten als Führer nicht nur durch
die Ausstellung, sondern auch durch die Sammlung dienen wird, die binnen
kurzem der kunstliebenden Öffentlichkeit übergeben werden soll.
Wien, im November 1920.
BEMERKENSWERTE BILDER AUS WIENER SAMMLUNGEN.
(Fortsetzung zu Seite 61.)
In altem Wiener Privatbesitz fand ich vor kurzem einen Simon de
Vlieger, der durch manche vorzügliche Eigenschaften und seinen kunst-
geschichtlichen Wert volle Beachtung verdient. Eine Uferlandschaft an
einem holländischen Kanal mit allerlei Fahrzeugen bildet den Gegenstand
der Darstellung. Von rechts herein erstreckt sich im Mittelgrund eine Halb-
insel oder ein Sporn bei einer Gabelung eines breiten Kanals. Dort eine
Gruppe alter, etwas verfallener Gebäude, darunter ungefähr mitten im
Bilde eine gotische Kapelle mit polygonem Chorabschluß. Gegen rechts
eine überwölbte Einfahrt, unter welcher ein Kahn zu bemerken. Bei der
Landspitze gegen links Kähne mit Figuren. Das Wasser bis zum Vorder-
grund bildet entweder die Abzweigung eines schmäleren Kanals vom
breiteren weiter draußen, wo die Segelbarken fahren, oder eine geräumige
Bucht des großen Kanals selbst. Das Ufer links vorn ist niedrig und mit
nur niedrigen Pflanzen bewachsen. Ein Kahn mit drei Personen darauf wird
eben, wie es scheint, vom Ufer abgedrängt. Das Ufer links in der Ferne
ist mit hohen Laubbäumen bewachsen. Links schief über die untere Ecke
geschrieben die Künstlerbezeichnung „S. d. VLIEGER“ noch eindeutig zu
lesen, wenn auch nicht mehr ganz deutlich. Dunkle Züge, die unzweifelhaft
echt sind und neben der kunstgeschichtlichen auch eine maltechnische Be-
deutung haben. Das Pflanzenwerk in der linken Ecke ist nämlich ohne
Zweifel mit grüner Erde gemalt, die sich oft graulich verfärbt und etwas
aufquillt, und zwar unter dem Einfluß der Luftfeuchtigkeit oder sonstiger
Befeuchtung. Wo nun die dunkle Farbe der Signatur die Grünerde vor den
schädlichen Einflüssen schützte, ist kein Aufquellen eingetreten, und die
Signatur liegt, ohne eingekratzt zu sein, etwas tiefer als die daneben befind-
liche, aufgequollene Farbe.
Der Himmel ist bewölkt, leider nach oben hin ganz übermalt und
das am stärksten über einem Quersprung durchs ganze Bild.
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Endlich sind auch interessante Entwürfe Rastrellis für Rußland zu
sehen. Italienische Baukunst muß sich eine Beimischung russischer Formen
gefallen lassen; der charakteristische Zwiebelturmhelm erhebt sich über
italienischen Barockbauten.
Der Festsaal mit den edlen Figuren Kliebers, Apoll und die Musen
darstellend, ergänzt in einer großen Zahl von Vitrinen die erwähnten
Gruppen.
Das Zustandekommen der anregenden Ausstellung ist dem Leiter der
Kupferstichsammlung Prof. Dr. Styx und Dozenten Dr. Frey zu verdanken,
der der Verfasser der willkommenen, knappen Datenangaben bei jedem
Blatt und der fesselnden Schrift „Die Architekturzeichnungen der Kupfer-
stichsammlung“ ist, die den tiefer Interessierten als Führer nicht nur durch
die Ausstellung, sondern auch durch die Sammlung dienen wird, die binnen
kurzem der kunstliebenden Öffentlichkeit übergeben werden soll.
Wien, im November 1920.
BEMERKENSWERTE BILDER AUS WIENER SAMMLUNGEN.
(Fortsetzung zu Seite 61.)
In altem Wiener Privatbesitz fand ich vor kurzem einen Simon de
Vlieger, der durch manche vorzügliche Eigenschaften und seinen kunst-
geschichtlichen Wert volle Beachtung verdient. Eine Uferlandschaft an
einem holländischen Kanal mit allerlei Fahrzeugen bildet den Gegenstand
der Darstellung. Von rechts herein erstreckt sich im Mittelgrund eine Halb-
insel oder ein Sporn bei einer Gabelung eines breiten Kanals. Dort eine
Gruppe alter, etwas verfallener Gebäude, darunter ungefähr mitten im
Bilde eine gotische Kapelle mit polygonem Chorabschluß. Gegen rechts
eine überwölbte Einfahrt, unter welcher ein Kahn zu bemerken. Bei der
Landspitze gegen links Kähne mit Figuren. Das Wasser bis zum Vorder-
grund bildet entweder die Abzweigung eines schmäleren Kanals vom
breiteren weiter draußen, wo die Segelbarken fahren, oder eine geräumige
Bucht des großen Kanals selbst. Das Ufer links vorn ist niedrig und mit
nur niedrigen Pflanzen bewachsen. Ein Kahn mit drei Personen darauf wird
eben, wie es scheint, vom Ufer abgedrängt. Das Ufer links in der Ferne
ist mit hohen Laubbäumen bewachsen. Links schief über die untere Ecke
geschrieben die Künstlerbezeichnung „S. d. VLIEGER“ noch eindeutig zu
lesen, wenn auch nicht mehr ganz deutlich. Dunkle Züge, die unzweifelhaft
echt sind und neben der kunstgeschichtlichen auch eine maltechnische Be-
deutung haben. Das Pflanzenwerk in der linken Ecke ist nämlich ohne
Zweifel mit grüner Erde gemalt, die sich oft graulich verfärbt und etwas
aufquillt, und zwar unter dem Einfluß der Luftfeuchtigkeit oder sonstiger
Befeuchtung. Wo nun die dunkle Farbe der Signatur die Grünerde vor den
schädlichen Einflüssen schützte, ist kein Aufquellen eingetreten, und die
Signatur liegt, ohne eingekratzt zu sein, etwas tiefer als die daneben befind-
liche, aufgequollene Farbe.
Der Himmel ist bewölkt, leider nach oben hin ganz übermalt und
das am stärksten über einem Quersprung durchs ganze Bild.
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