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erzielte 10.000, die zwei Möpse (Onkel Tom und Gemahlin) 4800, ein
farbiger Stich nach Angelika Kauffmann 36.000, ein anderer 31.000 K.
Eine Miniatur von Albert Theer brachte 35.000, Lenbachs Kreidezeich-
nung: Bismarck stieg auf 660.000 K.
Nicht zu unterschätzen war die erste Versteigerungsausstellung der
Galerie Sankt Lukas, die man in einem der größten Säle des Künstler-
hauses eingerichtet hatte, in einem luftigen Raum mit guter Beleuchtung,
was als wahre Wohltat hervorgehoben sei. Denn zumeist finden unsere
Auktionen in niedrigen Lokalen statt, die des Winters gänzlich unzulänglich
beleuchtet werden und durch Zwielicht wahre Augenverderber sind. Zudem
war die Anordnung der vielen Sachen künstlerisch gelungen, und ein freund-
licher Gesamteindruck fand Anerkennung, auch wenn Einzelheiten Anstoß
erregten. Günstig aufgenommen wurde unter den neueren ein hervorragen-
der Waldmüller aus dem Jahr 1847 (Bildnis einer jungen Aristokratin,
Abbildung im üppig ausgestatteten Verzeichnis), ein kleiner Delacroix, ein
Vautier, ein Makart. Auch unter den alten Meistern gab es beachtens-
werte, ja einige geradewegs vorzügliche Bilder, wie einen Garofalo in
dem eigenartigen Farbenzauber dieses bekannten Ferraresen (Nr. 47, Christus
als Gärtner). An der knienden Magdalena kommt Garofalos Rot neben
Orangegelb vor in der Nähe der saftgrünen Laubbäume. Von kunstgeschicht-
licher und künstlerischer Bedeutung war auch das düster gestimmte große
Breitbild von Denis Calvaert: Blendung des Saulus, figurenreiches Breit-
bild, das nach Angabe des Verzeichnisses signiert ist: „DIONYS CALVAERT
ANTV .. .“ Wertvoll war ferner die Parze Lachesis von Pietro Bellotti,
eine lebensgroße Sitzfigur, die in mehreren Exemplaren vorkommt, z. B in
der Madrider Galerie, im Stuttgarter Museum (Abbildung in Langes vor-
züglichem Katalog), im Museo Correr zu Venedig. Das vorliegende Exem-
plar (als: süditalienisch und Nr. 104 im Katalog) ist so gut wie sicher das-
selbe Bild, das 1886 in der Wiener Versteigerung Giuseppe Bossi vorge-
kommen ist. Denn es hat dieselbe Inschrift, die man nur bei Bossi durch-
aus auf Tizian zwingen wollte (der Katalog Bossi druckt „. . . dal T° dipinta“
statt B°)> die aber sonst völlig mit dem Text auf dem Bild der Galerie
S. Lukas übereinstimmt. Auch die Abmessungen, etwa 96 X 74, entsprechen
dem Bild bei Bossi, das auch in den Farben nach meiner guten Erinnerung
mit dem vorliegenden Gemälde ganz übereinstimmt. Alle Einzelheiten sind
dieselben, wie das eine Vergleichung des Lichtdrucks im Katalog Bossi
mit dem Gemälde vor uns erweist. In Thieme-Beckers Künstlerlexikon ist
das Wiener Exemplar übersehen, das seit 1886 gänzlich versteckt war. (Ein
mehrfiguriges Bild von P. Bellotti befand sich um 1814 in Wien bei
Krackauer.)*)
Einige einzelne weitere kritische Bemerkungen seien mir gestattet.
Das kleine Bild Nr. 5 mit der Herde dürfte als Dirck v. Berghen richtig
benannt gewesen sein. Nr. 11, Venus und Amor, könnte wohl ein Früh werk
Vasaris gewesen sein. Nr. 13 überzeugend als Giulio Carpioni benannt
(Sintflut, Leinwand, 114 breit, 86 hoch). Nr. 14 als Casanova mehr als
fraglich. Nr. 15 „Mann, der das Schwert zieht; rechts ein umfallender
*) Zu Bellotti vgl. auch die 2. Auflage von Sansovinos „Venezia“ von 1663 und
„Studien und Skizzen“ V, 33 und 35.
erzielte 10.000, die zwei Möpse (Onkel Tom und Gemahlin) 4800, ein
farbiger Stich nach Angelika Kauffmann 36.000, ein anderer 31.000 K.
Eine Miniatur von Albert Theer brachte 35.000, Lenbachs Kreidezeich-
nung: Bismarck stieg auf 660.000 K.
Nicht zu unterschätzen war die erste Versteigerungsausstellung der
Galerie Sankt Lukas, die man in einem der größten Säle des Künstler-
hauses eingerichtet hatte, in einem luftigen Raum mit guter Beleuchtung,
was als wahre Wohltat hervorgehoben sei. Denn zumeist finden unsere
Auktionen in niedrigen Lokalen statt, die des Winters gänzlich unzulänglich
beleuchtet werden und durch Zwielicht wahre Augenverderber sind. Zudem
war die Anordnung der vielen Sachen künstlerisch gelungen, und ein freund-
licher Gesamteindruck fand Anerkennung, auch wenn Einzelheiten Anstoß
erregten. Günstig aufgenommen wurde unter den neueren ein hervorragen-
der Waldmüller aus dem Jahr 1847 (Bildnis einer jungen Aristokratin,
Abbildung im üppig ausgestatteten Verzeichnis), ein kleiner Delacroix, ein
Vautier, ein Makart. Auch unter den alten Meistern gab es beachtens-
werte, ja einige geradewegs vorzügliche Bilder, wie einen Garofalo in
dem eigenartigen Farbenzauber dieses bekannten Ferraresen (Nr. 47, Christus
als Gärtner). An der knienden Magdalena kommt Garofalos Rot neben
Orangegelb vor in der Nähe der saftgrünen Laubbäume. Von kunstgeschicht-
licher und künstlerischer Bedeutung war auch das düster gestimmte große
Breitbild von Denis Calvaert: Blendung des Saulus, figurenreiches Breit-
bild, das nach Angabe des Verzeichnisses signiert ist: „DIONYS CALVAERT
ANTV .. .“ Wertvoll war ferner die Parze Lachesis von Pietro Bellotti,
eine lebensgroße Sitzfigur, die in mehreren Exemplaren vorkommt, z. B in
der Madrider Galerie, im Stuttgarter Museum (Abbildung in Langes vor-
züglichem Katalog), im Museo Correr zu Venedig. Das vorliegende Exem-
plar (als: süditalienisch und Nr. 104 im Katalog) ist so gut wie sicher das-
selbe Bild, das 1886 in der Wiener Versteigerung Giuseppe Bossi vorge-
kommen ist. Denn es hat dieselbe Inschrift, die man nur bei Bossi durch-
aus auf Tizian zwingen wollte (der Katalog Bossi druckt „. . . dal T° dipinta“
statt B°)> die aber sonst völlig mit dem Text auf dem Bild der Galerie
S. Lukas übereinstimmt. Auch die Abmessungen, etwa 96 X 74, entsprechen
dem Bild bei Bossi, das auch in den Farben nach meiner guten Erinnerung
mit dem vorliegenden Gemälde ganz übereinstimmt. Alle Einzelheiten sind
dieselben, wie das eine Vergleichung des Lichtdrucks im Katalog Bossi
mit dem Gemälde vor uns erweist. In Thieme-Beckers Künstlerlexikon ist
das Wiener Exemplar übersehen, das seit 1886 gänzlich versteckt war. (Ein
mehrfiguriges Bild von P. Bellotti befand sich um 1814 in Wien bei
Krackauer.)*)
Einige einzelne weitere kritische Bemerkungen seien mir gestattet.
Das kleine Bild Nr. 5 mit der Herde dürfte als Dirck v. Berghen richtig
benannt gewesen sein. Nr. 11, Venus und Amor, könnte wohl ein Früh werk
Vasaris gewesen sein. Nr. 13 überzeugend als Giulio Carpioni benannt
(Sintflut, Leinwand, 114 breit, 86 hoch). Nr. 14 als Casanova mehr als
fraglich. Nr. 15 „Mann, der das Schwert zieht; rechts ein umfallender
*) Zu Bellotti vgl. auch die 2. Auflage von Sansovinos „Venezia“ von 1663 und
„Studien und Skizzen“ V, 33 und 35.