Zug mit Verwundeten
fn das Bienenvolk der Strassen
das in das Gelaub der Stadt
summend fährt
springt ein Tier ans fernen Ländern
tieisses Keuchen aus der Lunge
schüttelt ab vom Mähnenrücken
in die dichtgedrängte Neugier grosser Häuser
fensterstarrend
graues Sumpfvolk aus den Gräben
Fetzen aus der Haut des Krieges
Blicke aus dem Zwang des Todes
und Gesichte
die aus Gräbern
durchs Gestrüpp der Bärte
zage
kauern
durch das Hämmern in den Ohren
das noch dumpf granatentosend durch die Pulse
dröhnt
fällt das sanfte taubenzarte
Streifen über Gänseblumen
Mädchenlachen
Schmetterling
Lied
Keiner trägt vom Hügel meinen Traum
diese Rose in der Hand des Monds
Schwingt mein Herz in seiner Hängematte
zwischen Frühling hin und Sommer her
stark wie Erdbeern duftet all mein Fleisch
süß und zart
und mein Blick mit Käferfüssen
hängt am Nelkenflitterkfeid
Morgen bin ich summend
Hand voll Tau
bin ein duftend Gartenbeet
das die tausend Insein seiner Lust
in das biaue Meer des Himmels hebt
Lied
Hand greift nach dem Wein der Wälder
der das schwere Sommerblut
in das gelbe Meer des Tages stürzt
und es wächst des Herzens volle Frucht
in der Stunden Gärten auf
Reifes Obst bist du, der Sinne Schwere
asternfarben blüht das Auge dir
und ein starker Herbstwind
weht mein Blut
durchs Gezweig der Adern hin
Brennend liegen meine Lippen wund
von der Sehnsucht wilden Stürmen
die nun vor dem starren Blick des Monds
ihre Flügel fallen läßt
doch neu auffährt
da die Sonne winkt
übers Felsgeäder aller Schmerzen
nach dem Gipfel
allen Glücks
Die Flut
Sophie Leer
In der Mittagsgiut hockt sie unter dem brüten-
den Dachgebäik und summt. Zwischen ihren
Knieen klemmt sie eine Puppe.
Er windet den Körper durch die enge Wendel-
treppe und läßt sich neben ihr nieder. Sie näht
den zerrissenen Puppenleib, leimt eine blond-
lockige Perücke auf den kleinen Porzellanschädel,
zieht Pantöffelchen aus Pappe an die winzigen
Füßchen.
„Du!"
Sie beugt den Kopf vor.
„Du!"
Er legt sein Gesicht über ihre Schulter, seine
Wange gegen Ihre. Sie wühlt zwischen Puppen-
kleidern.
Er wirft ihr Spielzeug um, zertritt es, gleitet
am Geländer die Treppe nieder.
*
Eine Giocke schlägt und eine Planke dehnt sich.
Et wirft den Körper um. Heiß streichen seine
Sohlen das Laken. Eine Flamme flackert im
Winde, eine Lampe wiegt an einer Kette.
Seine Zunge wühit am giühenden Gaumen.
Sein Kopf zerrt über die Kissen. Seine Hände um-
krammen die Pfosten. Wirr spinnen seine Finger
auf der Decke. Die Hände zögern nach der Wand.
In Schluchzen gleitet er zurück und stürzt sich
rücklings zu Boden.
*
Ihre Blicke haschen sich. Ihre Bewegungen
holen steh ein, vereinen sich. Er atmet den Gesang
ihrer Schritte.
Wenn sein Blut flehend raunt, tragen ihre Füsse
sie nicht mehr.
Wenn seine Hand neben ihren Augen sich
fragend senkt, bricht ihr Herzschiag auf und
sprengt ihre Adern. Wenn der Wind den Biüten-
duft seiner dunkelblassen Haut herüber spielt,
spülen wilde Wellen über sie und würgen ihre
Kehle.
Hochauf werfen sie sich in den Himmel, fallen
nieder in den lohen Brand der sie umieckt und
Hattert, wildgierig um ihr Lager schleicht und
schmeichelt, duckt und taumelt, tänzelt, ringsum,
ringsum.
Auf der Gondel seines Atems trägt er sie em-
por, bettet sie in Wolkenhängen, pflückt ihr Sterne,
schattet ihre Lider.
*
Nachts hören sie die Gartenpforte klagen. Die
Messingkette schwebt und schwenkt und stöhnt
im Sturm.
„Höre mich. Rufe mich. Rette mich", schmerzt
er mit zerrissenem Atem und bäumt die Glieder.
Und ihr Gebet kniet neben seinem Bette. Kühl
fassen ihre schmaien Finger ihn an und glätten
mit Kosen die zerren Züge seiner irren Qual.
*
An schwülen Abenden in seiner Kammer mar-
tert zehrendes Verlangen sein Gehirn. Glühende
Griffe schütteln sein Blut. Lüstern gehen seine
Gedanken um.
Sein Tasten umwölbt ihre schneeigen Schen-
kel. Lechzend pressen seine Lippen den Rücken
ihrer Hand. Seine Tränen schluchzen in ihren
Schoß.
„Laß mich dein Sklave sein, den deine fun-
kelnden Füsse treten. Um deine Bahre baue ich
blaue Beete und wirke Teppiche aus glitzernden
Silberhalmen.
„Die du in meinen Träumen bist, daß ich mein
Lager blutend zerwühle. Im Dunkel zucken meine
Glieder nach dir, umpranken tückisch deinen Leib,
knieen deine Hüften. Brandend umbraust dich mein
Begehren.
„Gib mir deine Tuipenüppen, deinen schim-
mernden Nacken, deine kleinen, zitternden Brüste."
*
Zwei Schatten gleiten durch den nächtigen
Weg. Ihre Füsse suchen scheuchen Schritts den
Boden.
Der Weiher frösteit. Sie stehn im Boot ge-
schmiegt, umhüllen sich mit ihren Schultern.
Sie wiegen, leise, stärker, iauter, schwer
im Beugen.
Wellen wachsen, kreisen, ebben.
Das Tagebuch
Kur! Heynieke
Ihre Augen sind schläfrige Gaslampen in den
Kaffeehäusern. Die Sehnsucht vieler Männer hängt
daran. Aber die Zungen des kleinen Kurortes sind,
ein goldenes Gitter um ihre Stunden. In der Sonne
liegt sie ganze Tage und wartet. Mit - kleinen
Augen, die durch die Wimpern stechen. Sie hört
das Leben mit der Liebe tanzen. Und fühlt: tote
Glut im Kamin. Sie bangt nach der Flamme.
*
Meine Augen sind kühl, ich bin ein Schatttu
in der Glut. Ich hänge an ihr wie eines Arztes
Messer und zerschneide fedes ihrer Worte. Sie
wohnt mich knieen in ihrer Asche. Aber meine
alimächtige Seele bockt auf dem Hachen Gewässer
ihrer Sinne und lacht.
*
Feucht nie ihr Mund sind ihre Worte und
unwahr wie ihr Abschied. Ich habe Sehnsucht nach
ihrer Einsamkeit in den Kissen. Sie ist ein Abend
im See, rot nnd feucht und ein Rohrvogelschrei.
*
In der Sonne dehnt sich ihr Haar. Sein Duft
brennt und bringt das Ende. Eine Stimme klopft:
Töte den Torf Ich lächle und bin Licht und Fackat
über ailes.
*
Ihr Atmen trinkt meine Ruhe. An ihrer Lippe
höre ich ihre Seele wachsen. Um uns flutet die:
Mitternacht.
*
Ihre Augen wachsen in den Morgen. Ein Weib
liegt am Wege. Ich bin ein Gang aus dem Dun-
keln.
Meine Seele weint nicht. Meine Hand ist ein
Gebet zum Himmel. Ich lege keine Blumen auf
den Tod. Sie ist an ihrer Seele gestorben. Sit
war zu klein für das Leben.
*
Ich gehe gen Mittag. Bald wird mein Atem
müde sein. Die große Stille ist mein Ruhegenoß.
Der Weg
Kar! Heynieke
Geigen überklingen die Nacht. In den Bäumen
verrinnen die Bogenlampen, schaukelnde Leucht-
vögel in den Sommernächten. Die weiße Frau
trägt ihre Augen verborgen, er quält sich in ihren
Gang. Vor ihrem Blick wird seine Besinnung ein
Wirrspiel, ihre Worte streicheln sein Blut. „In
dir bin ich heil, Maria, du bist meine Kraft." Ihre
Schönheit beugt sich vor ihm. „Meine Liebe ist
ein Sarg, Jobst. Ich fühle das Ende." Sein Blut
liegt auf ihren Lippen. „So kröne ich deinen Sarg
mit meiner Lust!" Sie bettet ihr Haar in seinen
Schoß. Ein dunkles Lautenband überdämmert sein
Leuchten. Seine Finger tasten:
Ich bin ein Abenlied
in den Wipfeln der hohen Wälder
ein Leuchten
dem Schreiten deines Ganges
Das Atmen deines Schlafes
ist meine Wiege
zur Nacht.
Im Fenster schwimmen Störne. Ueber die
Wege am Hause plätschert ein Flüstern. Die
fremden Worte haben Hände bekommen. Böse
Augen stechen in den Gang.
„Ich sagte alles, ich trage Fesseln und bin dir
selber Kette." Ihr Weinen löscht seine Frage. Und
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fn das Bienenvolk der Strassen
das in das Gelaub der Stadt
summend fährt
springt ein Tier ans fernen Ländern
tieisses Keuchen aus der Lunge
schüttelt ab vom Mähnenrücken
in die dichtgedrängte Neugier grosser Häuser
fensterstarrend
graues Sumpfvolk aus den Gräben
Fetzen aus der Haut des Krieges
Blicke aus dem Zwang des Todes
und Gesichte
die aus Gräbern
durchs Gestrüpp der Bärte
zage
kauern
durch das Hämmern in den Ohren
das noch dumpf granatentosend durch die Pulse
dröhnt
fällt das sanfte taubenzarte
Streifen über Gänseblumen
Mädchenlachen
Schmetterling
Lied
Keiner trägt vom Hügel meinen Traum
diese Rose in der Hand des Monds
Schwingt mein Herz in seiner Hängematte
zwischen Frühling hin und Sommer her
stark wie Erdbeern duftet all mein Fleisch
süß und zart
und mein Blick mit Käferfüssen
hängt am Nelkenflitterkfeid
Morgen bin ich summend
Hand voll Tau
bin ein duftend Gartenbeet
das die tausend Insein seiner Lust
in das biaue Meer des Himmels hebt
Lied
Hand greift nach dem Wein der Wälder
der das schwere Sommerblut
in das gelbe Meer des Tages stürzt
und es wächst des Herzens volle Frucht
in der Stunden Gärten auf
Reifes Obst bist du, der Sinne Schwere
asternfarben blüht das Auge dir
und ein starker Herbstwind
weht mein Blut
durchs Gezweig der Adern hin
Brennend liegen meine Lippen wund
von der Sehnsucht wilden Stürmen
die nun vor dem starren Blick des Monds
ihre Flügel fallen läßt
doch neu auffährt
da die Sonne winkt
übers Felsgeäder aller Schmerzen
nach dem Gipfel
allen Glücks
Die Flut
Sophie Leer
In der Mittagsgiut hockt sie unter dem brüten-
den Dachgebäik und summt. Zwischen ihren
Knieen klemmt sie eine Puppe.
Er windet den Körper durch die enge Wendel-
treppe und läßt sich neben ihr nieder. Sie näht
den zerrissenen Puppenleib, leimt eine blond-
lockige Perücke auf den kleinen Porzellanschädel,
zieht Pantöffelchen aus Pappe an die winzigen
Füßchen.
„Du!"
Sie beugt den Kopf vor.
„Du!"
Er legt sein Gesicht über ihre Schulter, seine
Wange gegen Ihre. Sie wühlt zwischen Puppen-
kleidern.
Er wirft ihr Spielzeug um, zertritt es, gleitet
am Geländer die Treppe nieder.
*
Eine Giocke schlägt und eine Planke dehnt sich.
Et wirft den Körper um. Heiß streichen seine
Sohlen das Laken. Eine Flamme flackert im
Winde, eine Lampe wiegt an einer Kette.
Seine Zunge wühit am giühenden Gaumen.
Sein Kopf zerrt über die Kissen. Seine Hände um-
krammen die Pfosten. Wirr spinnen seine Finger
auf der Decke. Die Hände zögern nach der Wand.
In Schluchzen gleitet er zurück und stürzt sich
rücklings zu Boden.
*
Ihre Blicke haschen sich. Ihre Bewegungen
holen steh ein, vereinen sich. Er atmet den Gesang
ihrer Schritte.
Wenn sein Blut flehend raunt, tragen ihre Füsse
sie nicht mehr.
Wenn seine Hand neben ihren Augen sich
fragend senkt, bricht ihr Herzschiag auf und
sprengt ihre Adern. Wenn der Wind den Biüten-
duft seiner dunkelblassen Haut herüber spielt,
spülen wilde Wellen über sie und würgen ihre
Kehle.
Hochauf werfen sie sich in den Himmel, fallen
nieder in den lohen Brand der sie umieckt und
Hattert, wildgierig um ihr Lager schleicht und
schmeichelt, duckt und taumelt, tänzelt, ringsum,
ringsum.
Auf der Gondel seines Atems trägt er sie em-
por, bettet sie in Wolkenhängen, pflückt ihr Sterne,
schattet ihre Lider.
*
Nachts hören sie die Gartenpforte klagen. Die
Messingkette schwebt und schwenkt und stöhnt
im Sturm.
„Höre mich. Rufe mich. Rette mich", schmerzt
er mit zerrissenem Atem und bäumt die Glieder.
Und ihr Gebet kniet neben seinem Bette. Kühl
fassen ihre schmaien Finger ihn an und glätten
mit Kosen die zerren Züge seiner irren Qual.
*
An schwülen Abenden in seiner Kammer mar-
tert zehrendes Verlangen sein Gehirn. Glühende
Griffe schütteln sein Blut. Lüstern gehen seine
Gedanken um.
Sein Tasten umwölbt ihre schneeigen Schen-
kel. Lechzend pressen seine Lippen den Rücken
ihrer Hand. Seine Tränen schluchzen in ihren
Schoß.
„Laß mich dein Sklave sein, den deine fun-
kelnden Füsse treten. Um deine Bahre baue ich
blaue Beete und wirke Teppiche aus glitzernden
Silberhalmen.
„Die du in meinen Träumen bist, daß ich mein
Lager blutend zerwühle. Im Dunkel zucken meine
Glieder nach dir, umpranken tückisch deinen Leib,
knieen deine Hüften. Brandend umbraust dich mein
Begehren.
„Gib mir deine Tuipenüppen, deinen schim-
mernden Nacken, deine kleinen, zitternden Brüste."
*
Zwei Schatten gleiten durch den nächtigen
Weg. Ihre Füsse suchen scheuchen Schritts den
Boden.
Der Weiher frösteit. Sie stehn im Boot ge-
schmiegt, umhüllen sich mit ihren Schultern.
Sie wiegen, leise, stärker, iauter, schwer
im Beugen.
Wellen wachsen, kreisen, ebben.
Das Tagebuch
Kur! Heynieke
Ihre Augen sind schläfrige Gaslampen in den
Kaffeehäusern. Die Sehnsucht vieler Männer hängt
daran. Aber die Zungen des kleinen Kurortes sind,
ein goldenes Gitter um ihre Stunden. In der Sonne
liegt sie ganze Tage und wartet. Mit - kleinen
Augen, die durch die Wimpern stechen. Sie hört
das Leben mit der Liebe tanzen. Und fühlt: tote
Glut im Kamin. Sie bangt nach der Flamme.
*
Meine Augen sind kühl, ich bin ein Schatttu
in der Glut. Ich hänge an ihr wie eines Arztes
Messer und zerschneide fedes ihrer Worte. Sie
wohnt mich knieen in ihrer Asche. Aber meine
alimächtige Seele bockt auf dem Hachen Gewässer
ihrer Sinne und lacht.
*
Feucht nie ihr Mund sind ihre Worte und
unwahr wie ihr Abschied. Ich habe Sehnsucht nach
ihrer Einsamkeit in den Kissen. Sie ist ein Abend
im See, rot nnd feucht und ein Rohrvogelschrei.
*
In der Sonne dehnt sich ihr Haar. Sein Duft
brennt und bringt das Ende. Eine Stimme klopft:
Töte den Torf Ich lächle und bin Licht und Fackat
über ailes.
*
Ihr Atmen trinkt meine Ruhe. An ihrer Lippe
höre ich ihre Seele wachsen. Um uns flutet die:
Mitternacht.
*
Ihre Augen wachsen in den Morgen. Ein Weib
liegt am Wege. Ich bin ein Gang aus dem Dun-
keln.
Meine Seele weint nicht. Meine Hand ist ein
Gebet zum Himmel. Ich lege keine Blumen auf
den Tod. Sie ist an ihrer Seele gestorben. Sit
war zu klein für das Leben.
*
Ich gehe gen Mittag. Bald wird mein Atem
müde sein. Die große Stille ist mein Ruhegenoß.
Der Weg
Kar! Heynieke
Geigen überklingen die Nacht. In den Bäumen
verrinnen die Bogenlampen, schaukelnde Leucht-
vögel in den Sommernächten. Die weiße Frau
trägt ihre Augen verborgen, er quält sich in ihren
Gang. Vor ihrem Blick wird seine Besinnung ein
Wirrspiel, ihre Worte streicheln sein Blut. „In
dir bin ich heil, Maria, du bist meine Kraft." Ihre
Schönheit beugt sich vor ihm. „Meine Liebe ist
ein Sarg, Jobst. Ich fühle das Ende." Sein Blut
liegt auf ihren Lippen. „So kröne ich deinen Sarg
mit meiner Lust!" Sie bettet ihr Haar in seinen
Schoß. Ein dunkles Lautenband überdämmert sein
Leuchten. Seine Finger tasten:
Ich bin ein Abenlied
in den Wipfeln der hohen Wälder
ein Leuchten
dem Schreiten deines Ganges
Das Atmen deines Schlafes
ist meine Wiege
zur Nacht.
Im Fenster schwimmen Störne. Ueber die
Wege am Hause plätschert ein Flüstern. Die
fremden Worte haben Hände bekommen. Böse
Augen stechen in den Gang.
„Ich sagte alles, ich trage Fesseln und bin dir
selber Kette." Ihr Weinen löscht seine Frage. Und
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