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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 7.1916-1917

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Drittes Heft (Juni 1916)
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Leer, Francisca van: Gedichte
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Heynicke, Kurt: Gedichte
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Runge, Wilhelm: Lieder
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https://doi.org/10.11588/diglit.37112#0036

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VII

Deine Augen sind blaue Tempel
Meine Blicke knieen
Mein Herz weint im Meer
Sehnsucht schleicht Deine Wege
Auf dem Teppich meiner Stirn
falten weinende Gedanken
die blonden Hände
Die Halle meines Leibes
tönt
nach Dir
V1H
Nacken zückt
Blicke splittern
Hände wiegen
Herz schmiegt
Kosen flattert
Lider seufzen
Glieder zagen
Kniee sinken
Sehnen fleht
Lächeln nickt Gewähr

Gedichte
Kurt Heynicke
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Ich bin das Abgrundtiefe und das Fassungslose
ich bin der Wind und das Rohr.
Mein ist die Glut und das Eis der Gewässer,
ich bin der Schlaf und das Wachen.
An meiner Hütte klingen vieie Glocken
an meiner Brust versinkt der Tag.
Ich bin die Freude,
welche Schmerzen bringt.
Ich bin die Ewigkeit,
die Augen Blicke dauert.
In meinen Nächten sterben die Gedanken.
Wenn dich mein Arm an meine Lippen legt,
sind deine Stunden wie ein Frühiingsmorgen,
ich bin die Einsamkeit,
die niemals fragt.
Flimmernde Rosen sind meine Kissen,
mein Zimmer ist eine singende Nachtigall.
Ich bin das Blut.
Ich bin das Du.
KaKeehans
Die Geigen übersingen deinen Blick
dein Atem ist ein Gläserklang
und ein müdes Kissen meinem Auge.
In die Stunde
sinkt dein Wort
und abendwärts verblüht dein Angesicht.
Die heben Seidenstrümpfe flimmern Nacht.
Ein fremder Mann
schreit in deine Brust.
Frau
Deine Lippen schüren Flammen meinem Traum
ein fernes Geigenspiel ist deine Stimme.
An deiner Brust zerbrandet alle Welt
ein Blütenbaum wächst unseren Gedanken.
Du bist ein Kelch
und trinkst mein Blut zur Nacht,
ein helles Segel führt gen Morgen.

An deiner Stirne ebbt mein Wollen
mein Tun
erlischt in deiner Welt.
Ich bin ein Tritt in deinem Schatten,
und eine goldne Kette ist dein Ruf.
Ich reiße die Sonne entzwei
und kröne sie deinem Haar
ich fluche dem Schlafe
der meinem Munde deinen Namen stiehlt.

Granate

Die Glieder hasten in den Lehm
die Augen tasten in den Raum
in Fetzen
stiebt der Himmel
Glut zerschneidet den Augenblick
Atmen
fällt in das Vorbei.

teobaehtungsstand
An meinen Augen gehen die Hügel entlang,
der Wald gebiert den roten Wächtermond.
Ein Maschinengewehr plätschert hinter den
Sternen,

Ich bin ein Stunde in der Stille.
Aus den Gräben
tastet der Morgen
ein Amen
tropft in meine Gedanken.

Gedichte
Am Abend sinken alle Worte in den Wald
und sterben dunkelüber in die Ewigkeit
und neue Taten werden aus dem Ursprung.
An fremden Ufern wandeln fremde Sterne
auf stillen Straßen stehen ernste Tränen
und vor den Häusern wohnen Trauerweiden,
sie wiachsen von dem Blute vieler Tage.
Die Sonne schweigt,
die Nacht wirft Nebel über ihren Glanz
und alles Atmen
wird ein Schlaf.

Am Tor der Sonne schläft mein Atem ein
Ich bin das blaue Kleid des Tags
und klinge Frühling in der Brust.
Hoch
geht mein Herz die goldne Pforte
viel weiße Hände tauen in mein Haar
Auf Strahlen wächst mein Blicfk empor,
ich bin die Wolke ohne Uferziel.
Tag ist mein Gang
alle Sonnen lächeln mildes Licht
meines Herzens Dienerinnen.
Kinderschritte sind meine Augen
ein Lächeln fällt zu Gottes Fuß
Sterne reigen Tänze mir zur Lust
und ich blühe
Jugend hinauf
Sonnenüber in das Allein.

Nun bin ich Wald im Sternenmantel
ich wehe kühl zu Füßen deiner Liebe.
In deinem Antlitz suche ich mein Herz
meine Seele zuckt hinter deinem Gang.
Ich kleide dich mit meinem Blut
und trinke Tränen deinem Schmerz.
Deines Lebens Magd ist mein Leib
In hellen Nächten bin ich tot an deiner Brust.

3 ' W'


Gedichte
Marja Enid
Aus dem Tschechischen
Traum
Weiße Vögel flattern über goldne Brücken
D-er Fluß fließt schwarz mit rotem Wellenschaum.
Die Ufer grünen
Der Himmel lächelt Blau.
An Dieb
Silbertau Hegt um mein Herz
Rosig träumt es von Dir.
ln meinen Händen schlummert Deine Seele,
Ein schwarzgoldner Edelstein,
Leuchtet er in der Nacht.

Schwarz-silbrig ist mein Herz
Dunkelblau meine Seele
Mein goldnes Blut rollt durch lichte Adern
Deine Silber-Träume bin ich, Liebende.


Lieder
Wilhelm Runge
i
Rosen nicken aus den Junistunden
trällern Sommerblau den Matten hin
mild aus tiefstem Herzen grünt die Heimat
ihre Lippen murmeln wälderschwer
tiberwelthin schwingt die Sterne Zeit
Kinderwangliebkinderwanggereiht
Krieg brüllt auf
Die wilden Blumen Schrein
Sonne leckt Gestöhn aus allen Poren
Frieden holt den tiefen Atem ein
und der Nächte durchgewühlte Locken
schmeicheln um der Seele zitternd Knie
Angst zerreißt der Sterne Himmelsglanz
und der Abend drückt die Augen blind
einsam geigt
tief hinter Blut geduckt
ewger Kindheit wildumsehntes Glück
und der Sehnsucht über die Welt
hängende Herzen
schlagen
II
Das Denken träumt
Gelächter reimt die Straßen
zum Tanz des Blutes
schläfenaufundab
Die Adern blinzeln Frühling durch die Knospen
und schlürfen tief den schweren Himmel ein
Wind spielt der Augen froh geschwellte Segel
der Stirne Knoten löst vom Tode sich
weiß über Wiesen schnattern Dörfer hin
die Städte fauchen
und zankend zerrn die Pulse ihre Zügel
nur deine Seele spielt im Sternjasmin
Lieb-Brüderchen Maßloslieb-Schwesterlein
III
An der Wüste deiner Stirne welkt der frühep,
Winde Blüte
meiner Stimme Hand zerrt blutend deines
Denkens Dorngestrüpp
Einsam scheuen Deine Augen
hängen müde ihre Zweige
und Dein Mund ist ein Boot
nachts
auf uferlosem Meer

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