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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 7.1916-1917

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Siebentes Heft (Oktober 1916)
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Schreyer, Lothar: Meer
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https://doi.org/10.11588/diglit.37112#0086

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Zwischen meinen Brüsten erstickt dein Schrei
Fern rauscht das Meer
Der Hafen zerbricht die Farbe der Welle
In den Gassen träumen die Segel weiß
Der Schiaf wandelt die Gossen in Mittagmeer.
Greif deine Sonne.
Die Knaben straßauf straßab
Die Mädchen straßauf straßab
Die Knaben schlagen die Biumen
Die Mädchen küssen die Tiere.
Andreas:
Der Gianz ist Biume geworden
Glanz Wandel Tier
Glanz Wandel Stein
Mensch bist du geworden.
Flucht!
Der Ring an deinem Finger schließt den Kreis
Der Kuß schlägt das blühende Licht
Der Schlag küßt die leuchtende Blüte
Es kreisen die Tiere
Mensch.
J oh a n na:
Mein
Werden
Dein
Wir
Fleisch
Schluß fingert den Anfang
Ring.
Andreas:
Zwei verlieren Drei
Die Ersehnte
Sehnen zerringt den Kreis
Fern fallen
Eins
Eins
Eins.
Johanna ist das Haus
Johanna:
Heim
Die Einsamen wärmen Körper an Körper
Die Schwüle hat die Flamme zerträumt
Unsere Ringhände streuen die Asche.
Spiel ist geworden.
Die Trauer zieht die Fenster zu.
Wir haben das Rätsel geraten.
Keine Türe öffnet noch
Schamlos
Schoß.
Andreas:
Das Meer blüht die Blume nicht.
Das Meer empfängt den Mittag nicht.
Es ist keine Scham
Ich halte die Knospe zu
Nackt
Ich bin.
Sei!
Sei brich Ich
Insel Welle
Welle brich Insel
Brechen welle Brechen
Wellen brechen Wellen
Meer!
Die Welle
Das Haus wellt rauscht die Straße
Die Strasse wellt rauscht die Blume das Tier
den Stein den Menschen
Der Mensch wellt rauscht die Insel
Die Welle rauscht
Das Rauschen singt
Der Sang:
Meer Sturm Licht
Sturmkind
Sturm Meer Licht
Meerkind
Meer Licht Sturm
8C

Lichtkind
Licht.
Das Dunkel stürzt
Die Welle türmt
Andreas:
Inseltod!
Die letzte Küste zerrauscht
Die Brandung zerflattert das Segel
Herztief sinkt der menschliche Rumpf
Die empfangende Jungfrau blüht auf dem Grab
Rausche!
Turm
Auf mich
Mich auf!
Andreas stürzt
Die Hunde heulen
Der Körper zersplittert den Glaskristall
Nacht
Die Eltern schlagen den Menschen
Der Vater:
Du hast das Kind an dich gerissen.
Mein ist das Kind.
DieMutter:
Mein ist das Kind. Kannst du die
Vaterschaft beweisen? Kennst du mich?
Der Vater:
Dirne!
Die Mutter:
Lump!
Die Eltern:
Tötet das Kind!
Der Priester schlägt die Mädchen und Knaben
Die Mädchen!, ,
- . I lachen
Die Knaben [
Die Knaben:
Gott ist tot.
Die Mädchen:
Gott ist tot.
Die Hunde heulen
Der Stein zerbricht den Menschen
Die Blume zerbricht den Stein
Johanna kniet auf der Leiche
Johanna:
Die gelblichen Hunde
Biß Brust
Von den Lefzen schäumen die Blumen zerrissen.
Bleierner Regen Haar
Hammer auf meinen Rippen
Nagel in mein Herz
Empfangen
Da! Da!
Tropfen
Mein Meer.
Die Nacht schreit
Das Blut
Johanna:
Licht!
Leiche in meine Schenke! gewellt
Todlust.
Zertropft sind die Klippen der Insel.
Rot sind die Bäuche der weißen Pferde über mir.
Nagel in dein Herz
Ewiger Bräutigam
Sturm.
Der Sturm türmt schlägt
Karl hält die Hände in das Schlagen gefaltet
Die Welle weißt
Karl:
Schwester unser die du bist.
Zerlastert werde mein Same
Dein Reich bin ich
Dein Wille geschehe wie auf Erden also auch
im Himmel
Dein täglich Fleisch gib uns heute
Gib mir die Schuld wie ich dir die Schuld gebe

Führe mich in Versuchung und fessele mich
in deine Kniee
Schon deine Puppen hatten Männerhosen an.
Amen.
Der Turm gellt stürzt
Der weisse Vogel zerblitzt im Sturz
Johanna fließt mit gefalteten Schenkeln vorbei.
Andreas geschleudert steif steil
Andreas:
Rausch
Turm
Ich
Meer will Licht
Rauschend getürmt
Mein Sturm.
Der verlorene Bruder zerbetet sein Heulen
Die verlorene Schwester zerliebt ihr Geschlecht
Mein Geschlecht heult.
Vom Rumpf gerissen fetzen die Segel
Schaum
Schlag
Steht
Weiß.
Die Berge bäumen die schwarzen Rücken.
Der Vogelfall glänzt zu Tal.
Die Hunde verenden mit blutendem Rachen
Sie trinken mein Blut.
Ich stehe
Sie bäumen die sterbenden Rücken zu mir
Ich stehe
Schmiegende Katze am Knie.
Stand
Turm
Meerlicht
Rauschmeer
Ich.
Die Welle bricht
Andreas:
Mutter
Vater
Geliebte
Kmd
Stein auf dich
Du.
Die Welle schwarz zerrauscht
Andreas zerweht
Die Nacht
Das Rauschen
Der Stern rauscht aus der Nacht
Die Welle rauscht aus dem Stern
Der Sternbruder geht über das Meer
Der Sternbruder:
Schwester Bruder
Mutter Vater
Geliebte
Kind
Kindschwester Kindbruder
Kindmutter Kindvater
Kindgeliebte.
Der Sternbruder zerlächelt
Andreas öffnet die Augen.
Andreas:
Die entkleideten Knaben schwanken sanft
Die Splitter der Sonne sterben die Fläche
Ring!
Die heißen Gerüche der Frau trägt der Wind
Der gläserne Sarg kühlt.
Seine Wogen kräuseln und blühen
Blau blüht das Licht
Knospe.
Die zarten Säume der Welle falten das Kleid
Fällt das Kleid
Wehen
Glanz
Kristall.
Die Wellen öffnen die Höhlen
 
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