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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Raspe, Theodor: Kirchlicher Kunstbesitz des Oldenburgischen Museums
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0155

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269

1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

270

Auch hier handelt es sich im Grunde um
Übernahme älterer Formen, wie wir am Rund-
zackenhügel eines Votivkreuzes der Sammlung
Schnütgen1') sehen. Bei Berücksichtigung der
Gesamtkomposition ist vielleicht anzunehmen,
daß nur eine Abschwächung der alten
zinnen förmigen Bekrönungen vor-
liegt, die schon auf den Hildesheimer
Bronzetüren recht unbeholfene Formen
angenommen haben. Auf einem Elfen-
beinrelief18) des Britischen Museums
(X. Jahrh.) sind die Xebenbögen zur
Betonung der beiden Heiligenköpfe,
Marias und Josephs, geschaffen, während
der Hauptbogen die Krippenszene
überragt. Da nun die Anordnung der
Geburtsdar-
stellung im
übrigen die-
selbe ist,
wäre als Er-
klärung eine

derartige Übertragung denkbar; mit
der Erklärung als Zinnenbogen würden
auch die — ebenfalls ausgezackten —
Ecktürme, die dann ein architektonisches
Glied bildeten, gut zusammengehen.
liier die Herkunft des Reliqniars,
dessen Reliquien fehlen, findet sich kein
Vermerk im alten Großherzoglichen
Inventar. Da jedoch fast sämtliche
kirchliche Altertümer des Museums
(»Idenburger Kirchen entstammen, war es
zweifellos von jeher alter Landesbesitz.

Aquamanile.

XIII Jahrh. (Abb. 3.)
Ein Aquamanile in Löwenform sei
nur zur Vervollständigung dieser inter-
essanten mittelalterlichen Gußarbeiten
einmal Veröffentlicht Das einzig Be-
merkenswerte daran ist der Kopf mit
den fletschenden Zähnen; er ist nicht
wie gewöhnlich geradeaus gerichtet,
sondern zur Seite und etwas nach ol
gewandt, s<> daß die Ausgußrohre unter dem
r« liten < ihre zu sitzen kommt Die Ziselierung
der Mähne ueht ohne jede Feinheiten nach



Abb. 10. Kruzifix

aus Westerstede.
Ende XIV. .Jahrh.

Berliner Museums und heim Kinde der Essener Ma-
donna: »gl. ( read „Die Anflöge d. monumentalen

Suis-, Abb. l; u. 36.

''■ \ .Zeitschr. f. ehr. Kunst., 1008, Sp. 130.

'-I I. ...

zwei Richtungen hin, der Drachengriff ist
schmal gebildet, der Körper gänzlich ohne
Gravierung glatt gelassen; verwandt ist ein
Aquamanile im Leeuwaardener Museum, das
den Maaswerkstätten angehört19).

Romanische Holzmadonna.

Jcverländisch, nach 1200. (Abbildung 4.)

Zwei romanische, aus Eichenholz
geschnitzte Madonnen mit ausgehöhlter
Rückseite standen ehemals in der
größten jeverländischen Marschkirche.
inSillenstede,wo sich noch manche
romanische Reste erhalten haben. Beide
Arbeiten haben glücklicherweise keiner-
lei Ergänzungen erfahren.

Das ältere der beiden Schnitzwerke
veranschau-
■• lg| A licht einen
sehr alter-
tü m 1 ichen
Typus, ob-
wohl man
seine Entstehung wegen der etwas
bäuerlichen Auffasung erst in das
XIII. Jahrh. verlegen muß. Die pla-
stische Behandlung ist völlig im inter-
nationalen Schema der Zeit befangen
und beispielsweise der Madonna von
Gassicourt20) ganz verwandt. Die
geraden Rillenfalten, die einst bei den
.Metallarbeiten der Hildesheimer Werk-
stätte als Erwachen einer Volksweise
nach der antikisierenden Weichheit
gelten konnten, passen sich oberfläch-
ich den schlecht verstandenen Körper-
formen an und laufen auf dem Rocke
der Maria und dem Schöße des Kindes
nach der Mitte hin zusammen; nur
in der Seitenansicht sieht man den
Versuch zu weicheren Falten und dem
beliebten Schwalbenschwanzabschluß.
Der Meister, offenbar ein einheimischer
Schnitzer aus Jever oder Ostfriesland,
vermochte nicht recht, sich vom Block-
stil loszumachen und beherrschte inner-
halb dieser Gebundenheit obendrein nur die
einfachsten Mittel.

Die schlichte Technik schafft indessen
einen Holzstil -- genauer „Eichenholzstil"
—, dessen monumentaler Zug uns als

>') ZeiUchr. „Onze Kunst", IV, Seite 67 (Abb.).
'■") Vitry et Briire „Documents de sculpture fran-
caise du mogen-age (l'aris), Tafel XXXVII.
 
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