Mitteilungen und Berichte. 155
ſpärlich zu Rate gezogen wurden, macht ſich darin fühlbar; beſonders über die
polniſchen Verhältniſſe iſt Toifel nicht genügend unterrichtet, auch das kurze Ex—
trakt ungariſcher Geſchichte, welches der Erzählung vorangeſchickt iſt, weiſt empfind—
liche Lücken auf. Es nimmt uns überhaupt wunder, daß keiner der Hiſtoriker,
welche ſich mit Spezialſtudien über den Türkenkrieg von 1683 beſchäftigt haben,
die Haltung der Ungarn wahrheitsgetreu beſprochen hat, welchen doch weitaus die
größte Verantwortlichkeit für die Schädigung Mitteleuropas durch die Türken
zugeſchrieben werden muß. Man wird die feindliche Haltung, welche Ungarn
gegen die Deutſchen und die von den Deutſchen begründeten Staaten gegen—
wärtig einnimmt, in ihrer vollen Bedeutung erſt dann würdigen, wenn man ſie
nicht nur als eine vorttbergehende politiſche Phaſe, ſondern als die Konſequenz
einer durch Jahrhunderte hindurch feſtgehaltenen Richtung erkennt. — Die Teil—
nahme der Polen an dem Feldzuge iſt — ſoweit die diplomatiſchen Vorbereitun—
gen dazu in Betracht kommen — am ausführlichſten und mit entſprechender Ob—
jeltivität von Onno Klopp behandelt, die Perſönlichkeit des Johann Sobieski
verliert durch ſeine Erzählung jeden Reſt von idealem Schimmer, den man ihr
vielleicht noch andichten möchte; die Bedeutung der polniſchen Hilfe in der Ent—
ſatzſchlacht wird von Newald mit aller Entſchiedenheit feſtgeſtellt. Die Lang—
ſamkeit des Anmarſches der Polen, die in keiner Weiſe gerechtfertigt war, brachte
Wien in die größte Gefahr; am 12. September wurden die Polen geſchlagen
und ihr Rückzug nur dadurch aufgehalten, daß die Kavallerie des Centrums
unter dem Kommando des Kurfürſten von Baiern und des Fürſten von Waldeck
noch rechtzeitig eingreifen konnte. „Niemand wird die Bedeutung der polniſchen
Hilfe für die Rettung von Wien auch nur im mindeſten verkürzen wollen. Allein
den Beſtrebungen, die da glauben machen wollen, es habe Wien ſeine Rettung
nur den Polen zu verdanken, muß denn doch die Wahrheit entgegengeſtellt
werden.“ — Der Held von Wien, Graf Rüdiger Starhemberg, fand ſeinen Bio—
graphen an dem Grafen A. v. Thürheim, welcher aus der ihm zugänglichen
Litteratur eine nicht unverdienſtliche Skizze des Lebens und Wirkens des hoch—
verdienten Mannes zuſammengeſtellt hat.
H. v. Zwiedineck-Südenhorſt.
Ein neues Handbuch der autiken Plaſtit. A History of ancient
sculpture, by Luey M. MitcheII. With numerous illustrations
including six plates in phototype gr. 8o. XXXI and 776 pp.
Zbd. 42 Sh. — Selections from ancient sculpture, representing
thirtyrsix masterpieces of antiquity, a supplement to a history
of ancient sculpture by Lucy M. Mitehell. Twenty plates
in phototype by Albert Frisch, Berlin. Fol. 18 Sh.
Faſt zur Beſchämung muß es uns Deutſchen gereichen, daß jetzt aus Amerika
eine Geſchichte der antiken Plaſtik zu uns kommt, welche nicht bloß völlig auf
der Höhe der Wiſſenſchaft ſteht in dem, was ſie bietet, ſondern auch durch das
Wie ganz außerordentlich befriedigt. Unſere Beſchämung mag noch erhöht werden
durch den Umſtand, daß die Verfaſſerin eine Frau iſt. Dem ſtattlichen Textband
ſpärlich zu Rate gezogen wurden, macht ſich darin fühlbar; beſonders über die
polniſchen Verhältniſſe iſt Toifel nicht genügend unterrichtet, auch das kurze Ex—
trakt ungariſcher Geſchichte, welches der Erzählung vorangeſchickt iſt, weiſt empfind—
liche Lücken auf. Es nimmt uns überhaupt wunder, daß keiner der Hiſtoriker,
welche ſich mit Spezialſtudien über den Türkenkrieg von 1683 beſchäftigt haben,
die Haltung der Ungarn wahrheitsgetreu beſprochen hat, welchen doch weitaus die
größte Verantwortlichkeit für die Schädigung Mitteleuropas durch die Türken
zugeſchrieben werden muß. Man wird die feindliche Haltung, welche Ungarn
gegen die Deutſchen und die von den Deutſchen begründeten Staaten gegen—
wärtig einnimmt, in ihrer vollen Bedeutung erſt dann würdigen, wenn man ſie
nicht nur als eine vorttbergehende politiſche Phaſe, ſondern als die Konſequenz
einer durch Jahrhunderte hindurch feſtgehaltenen Richtung erkennt. — Die Teil—
nahme der Polen an dem Feldzuge iſt — ſoweit die diplomatiſchen Vorbereitun—
gen dazu in Betracht kommen — am ausführlichſten und mit entſprechender Ob—
jeltivität von Onno Klopp behandelt, die Perſönlichkeit des Johann Sobieski
verliert durch ſeine Erzählung jeden Reſt von idealem Schimmer, den man ihr
vielleicht noch andichten möchte; die Bedeutung der polniſchen Hilfe in der Ent—
ſatzſchlacht wird von Newald mit aller Entſchiedenheit feſtgeſtellt. Die Lang—
ſamkeit des Anmarſches der Polen, die in keiner Weiſe gerechtfertigt war, brachte
Wien in die größte Gefahr; am 12. September wurden die Polen geſchlagen
und ihr Rückzug nur dadurch aufgehalten, daß die Kavallerie des Centrums
unter dem Kommando des Kurfürſten von Baiern und des Fürſten von Waldeck
noch rechtzeitig eingreifen konnte. „Niemand wird die Bedeutung der polniſchen
Hilfe für die Rettung von Wien auch nur im mindeſten verkürzen wollen. Allein
den Beſtrebungen, die da glauben machen wollen, es habe Wien ſeine Rettung
nur den Polen zu verdanken, muß denn doch die Wahrheit entgegengeſtellt
werden.“ — Der Held von Wien, Graf Rüdiger Starhemberg, fand ſeinen Bio—
graphen an dem Grafen A. v. Thürheim, welcher aus der ihm zugänglichen
Litteratur eine nicht unverdienſtliche Skizze des Lebens und Wirkens des hoch—
verdienten Mannes zuſammengeſtellt hat.
H. v. Zwiedineck-Südenhorſt.
Ein neues Handbuch der autiken Plaſtit. A History of ancient
sculpture, by Luey M. MitcheII. With numerous illustrations
including six plates in phototype gr. 8o. XXXI and 776 pp.
Zbd. 42 Sh. — Selections from ancient sculpture, representing
thirtyrsix masterpieces of antiquity, a supplement to a history
of ancient sculpture by Lucy M. Mitehell. Twenty plates
in phototype by Albert Frisch, Berlin. Fol. 18 Sh.
Faſt zur Beſchämung muß es uns Deutſchen gereichen, daß jetzt aus Amerika
eine Geſchichte der antiken Plaſtik zu uns kommt, welche nicht bloß völlig auf
der Höhe der Wiſſenſchaft ſteht in dem, was ſie bietet, ſondern auch durch das
Wie ganz außerordentlich befriedigt. Unſere Beſchämung mag noch erhöht werden
durch den Umſtand, daß die Verfaſſerin eine Frau iſt. Dem ſtattlichen Textband