Die humaniſtiſche Zewegung unter Karl dem Großen und
ihre Folgen.
Von
A. Aanitins.
Es war ein günſtiges Verhängnis, welches im ausgehenden
S. Jahrhundert dem Weſten Europas einen Mann als Herrſcher
gegeben, der altgermaniſche Heldentugend mit weitem ſtaatsmän—
niſchen Blick und ernſtem Bildungsdrange in ſich vereinigte: König
Karl war für ſeine Zeit geſchaffen wie ſelten ein Regent. Schon
lange war das Volk der Franken den verſittlichenden Beſſerungen
der chriſtlichen Kirche ergeben, und es hatte dabei die alte Stammes—
kraft gewahrt, da es entgegen den meiſten andern germaniſchen
Stämmen, welche der entnervende Süden an ſich gelockt und zu
Grunde gerichtet hatte, ſeinen nördlichen Wohnſitzen treu blieb.
Unter der ſchwachen Herrſchaft der letzten Merowinger war ſchon
das Streben nach Individualität geltend geworden, neben den
faſt ſelbſtändigen großen Beratern der Krone gab es ein reiches
und mächtiges Epiſkopat. Die enge Verbindung des Franken—
ſtammes mit der römiſchen Kirche hatte dann Pipin durch ſeine
Königskrönung eingeleitet, bei welcher der Mangel an Legitimität
durch die allſeitig erfolgte Sanktion der Kirche erſetzt werden
ſollte. Karl fand bei des Vaters Tode ein gefeſtetes Königtum
vor, er konnte wegen der großen Verdienſte ſeines Geſchlechtes
die Zügel der Regierung viel ſtraffer anziehen, als es die Vor—
gänger je imſtande geweſen. Er hat dann mit der ſeinem Weſen
ihre Folgen.
Von
A. Aanitins.
Es war ein günſtiges Verhängnis, welches im ausgehenden
S. Jahrhundert dem Weſten Europas einen Mann als Herrſcher
gegeben, der altgermaniſche Heldentugend mit weitem ſtaatsmän—
niſchen Blick und ernſtem Bildungsdrange in ſich vereinigte: König
Karl war für ſeine Zeit geſchaffen wie ſelten ein Regent. Schon
lange war das Volk der Franken den verſittlichenden Beſſerungen
der chriſtlichen Kirche ergeben, und es hatte dabei die alte Stammes—
kraft gewahrt, da es entgegen den meiſten andern germaniſchen
Stämmen, welche der entnervende Süden an ſich gelockt und zu
Grunde gerichtet hatte, ſeinen nördlichen Wohnſitzen treu blieb.
Unter der ſchwachen Herrſchaft der letzten Merowinger war ſchon
das Streben nach Individualität geltend geworden, neben den
faſt ſelbſtändigen großen Beratern der Krone gab es ein reiches
und mächtiges Epiſkopat. Die enge Verbindung des Franken—
ſtammes mit der römiſchen Kirche hatte dann Pipin durch ſeine
Königskrönung eingeleitet, bei welcher der Mangel an Legitimität
durch die allſeitig erfolgte Sanktion der Kirche erſetzt werden
ſollte. Karl fand bei des Vaters Tode ein gefeſtetes Königtum
vor, er konnte wegen der großen Verdienſte ſeines Geſchlechtes
die Zügel der Regierung viel ſtraffer anziehen, als es die Vor—
gänger je imſtande geweſen. Er hat dann mit der ſeinem Weſen