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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 1.1884

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Mitteilungen und Berichte
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Zapf, Ludwig: Aus der Markgrafenzeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.52613#0803

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Mitteilungen und Beridkte,

Aus der Markgrafenzeit.

Man ſchreibt den 25. Juli 1712. Die Einwohnerſchaft der Stadt Münch—
berg iſt in lebhafter Bewegung. Es ſteht der Durchzug des Landesherrn, des
nach dem Abſcheiden ſeines Vaters, des Markgrafen Chriſtian Ernſt zu Branden—
burg, zur Regierung berufenen Markgrafen Georg Wilhelm, bevor, welcher von
Bayreuth nach Hof reiſt, um daſelbſt am folgenden Tage die Huldigung der
vogtländiſchen Städte und Märkte ꝛc. entgegenzunehmen. Der Rat zu Münch—
berg hat für die Durchreiſe des neuen Regenten alle in Betracht kommenden
Vorbereitungen treffen laſſen. Straßenpflaſter fund Thore ſind auf das beſte
in Stand geſetzt worden; für alle Fälle iſt für ein „ſchönes Eſſen“ Forellen
geſorgt, für guten Wein und Haber — das übliche Stadtgeſchenk — um dies
alles Sr. Hochfürſtlichen Durchlaucht, wenn Sie hier verweilen würden, unter—
thänigſt zu präſentieren, was jedoch, nebenbei bemerkt, unterbleiben mußte, da
der Markgraf „zwiſchen der Zeit des Eſſens“ die Stadt paſſierte und daſelbſt
nur „eine Bratwurſt in stando“ verzehrte. Bereits um 8 Uhr morgens iſt der
vereinigte Ausſchuß der Stadt Mttnchberg und der Aemter Stockenroth und
Sparneck ausmarſchiert und hat ſich auf der Höhe am Muſſener Weg poſtiert;
nur ein Teil dieſer Mannſchaft verblieb in der Stadt, um, vom Poſthaus bis
über die Brücke aufgeſtellt, bei Ankunft Sereniſſimi Parade zu machen. Die
markgräflichen Beamten ſind bis zur Grenze des Gerichtsſprengels, dem Dorfe
Mädlenreuth bei Gefrees, entgegengeritten, während die Geiftlichkeit mit den
„Schulbedienten“ des Kapitels mitten im Dorfe Muſſen Halt gemacht hat, um
hier den ankommenden Fürſten zu erwarten. Nach 11 Uhr ſetzt ſich denn auch
das Ratskollegium, begleitet von einer Anzahl ehrbarer Bürger, in Bewegung.
Alle ſind ſchwarz gekleidet, Bürgermeiſter und Rat tragen in Rückſicht auf die
beſtehende Landestrauer überdies noch lange Trauermäntel.

Der Zug begibt ſich etwa 100 Schritte über den Ausſchuß hinaus und
nimmt hier Stellung. Die Unterthanengeduld hat jedoch eine harte Probe zu
 
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