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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 1.1884

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Mitteilungen und Berichte
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Kralik, Richard von: Doktor Faust und die erste Türkenbelagerung Wiens
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Werner, Richard Maria: Grillparzers Lebensgeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.52613#0418

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406 Mitteilungen und Berichte.

Stadt, wird aber von den Wachen bemerkt, und ſogleich eilt die ganze Bevölke—
rung zu den Waffen. Die Schwachen und Frauen nehmen Zuflucht zum Ge—
bete und halten Prozeſſionen um die Stadt.

Dritte Szene. Schlacht. Sieg der Chriſten. Der Großtürke flucht dem
Himmel und der Erde, insbeſondere aber den Bäumen, aus welchen die mörde—
riſchen Bogen verfertigt werden, die nun ſeine Krieger verderben. Er befiehlt
einen neuen Reiterangriff gegen die chriſtlichen Schützen. Aber Fauſt ſchlägt
durch magiſche Künſte Pferd und Reiter mit Blindheit, ſo daß ſie alle erliegen.
Der Großtürke wird von des Herzogs eigener Hand getötet, alle ſeine vornehm—
ſten Krieger bleiben mit ihm auf dem Kampfplatz. Nun wird zum Rückzug
geblaſen, die Soldaten beladen ſich mit reicher Beute, und die dem Herzoge ver—
bündeten Fürſten kehren, nachdem das Land gänzlich vom Feinde geräumt iſt,
in ihre Staaten zurück. Richard Kralik.

Grillparzers Lebensgeſchichte.

Der Trunk Waſſer, welchen wir aus der Quelle ſchöpfen, iſt klar und friſch,
wir freuen uns ſeiner, ohne zu fragen, durch welche Schichten und Geſteinsformen
er ſich durchgerungen. Die Werke des Dichters gleichen dieſem Waſſer, wer
weiß immer, was ſie veranlaßt und hervorgerufen; wir genießen ſie, nur ſelten
gelingt es uns, zu erforſchen, wie ſie geworden. Und doch iſt gerade die Be—
antwortung dieſer Frage die wichtigſte Aufgabe der Biographie; nicht bloß das
chronologiſche Aufeinander, der innere notwendige Zuſammenhang ineinander
und in der Seele des Schaffenden muß von ihr erkannt werden. Vielleicht bei
keinem Dichter iſt dies ſchwieriger als bei Grillparzer. Seine keuſche Scheu, das
Innere nackt zu zeigen, das Schamgefühl der Empfindung, von welchem er in
einem Briefe an Katharine Fröhlich ſpricht Caube S. 174f.), hat ihn verhindert,
uns intimere Geſtändniſſe zu machen. Seine „Selbſtbiographie“ zeigt ein gräm—
liches Geſicht, und wenn er einmal ſeinen Gefühlen Luft macht, dann hören wir
nur verhaltenen Groll, bittere Worte eines ſchmerzlich verwundeten Herzens.
Man hat Grillparzer gegenüber ſo leicht den Eindruck, er ſei nie jung geweſen.
Und noch eines ſtört ein richtiges Erfaſſen ſeines Weſens, daß wir nämlich keine
ſtarke Entwickelung bei ihm bemerken. Er tritt gleich ſo völlig abgeſchloſſen auf,
durch keinerlei Verſuche führt er uns in ſeinen Werdegang ein, ſo daß wir faſt
glauben möchten, er ſei vom Knaben unvermittelt zum Manne geworden, ohne
jemals Jüngling geweſen zu ſein.

Natürlich träfe ein ſolches Urteil die Wahrheit nicht, nur unſere geringe
Kenntnis aller Vorſtufen verurſacht eine ſolche Auffaſſung. Hoffentlich gelingt es
noch einmal, dieſe bisher völlig unbekannten Partien ſeines Lebens aufzuhellen.
Von zwei Seiten iſt vor kurzem ein Verſuch dazu gemacht worden. Adalbert Fäul—
hammer (Jranz Grillparzer, Graz 1884 hat alles zuſammengefaßt, was bisher
über Grillparzer erforſcht wurde; dadurch hat er der weiteren Unterſuchung eine
höchſt dankenswerte Grundlage geſchaffen und vieles zu einer richtigeren Einſicht.
in das Weſen unſeres Dichters beigetragen. Ganz anders iſt das Buch, welches
ſoeben die Preſſe verlaſſen hat und den Titel führt: Franz Grillparzers Lebens—
 
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